Julius-Klinkhardt-Preis 2007
Preisträgerin: Frau Franziska Timm
Den Julius-Klinkhardt-Preis 2007 erhielt Frau Franziska Timm für ihre Magisterarbeit ‚‘‘‘Gott – Daimon – Missetäter‘ – Überlegungen zum pädagogischen Eros in der klassischen Knabenliebe, in Platons ‚Symposion‘ und in Gustav Wynekens Apologie ‚Eros‘‘‘.
Frau Franziska Timm vergleicht in ihrer Arbeit real- und ideengeschichtlich die Rolle des Eros in der sozialen Praxis der griechischen Oberschicht im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., in der sokratisch-platonischen Erziehungstheorie (Platon: „Symposion“) und in Theorie und Praxis des Reformpädagogen Gustav Wyneken. Eine entsprechende vergleichende Studie zum pädagogischen Eros lag bisher nicht vor.
Frau Timm arbeitet in sozialhistorischer und hermeneutisch-vergleichender Perspektive die Unterschiede zwischen den drei Konzeptionen überzeugend heraus: In der klassischen Knabenliebe, die sich erzieherisch legitimieren muss und entsprechend sozial kontrolliert wird, wird in einer zunächst asymetrischen Beziehung der Jüngling durch seinen Liebhaber und dessen Vorbildlichkeit zu einem vortrefflichen Mitglied der Polis erzogen. Die – maßvolle – sexuelle Beziehung wird in diesem Prozess der Symmetrisierung zu einer rein freundschaftlichen. In der sokratisch-platonischen Erziehungstheorie wird von Anfang an von einer Konvergenz der beiden Partner ausgegangen, denn beide bedürfen einander, insofern sie im Gespräch miteinander nach Wahrheit suchen. In der vom „Daimon“ Eros durchwirkten Interaktion geht es nicht um gesellschaftliche Anerkennung, um soziale Integration, sondern um das Bemühen um philosophische Einsicht, um das Streben nach den Ideen des Wahren, Guten und Schönen. Die sinnliche Dimension ist allerdings die notwendige Bedingung, um überhaupt eine Leidenschaft zum Philosophischen zu entwickeln, jene ist jedoch bei diesem geistigen Wachstumspropzess quasi zurückzulassen, also zu überwinden. Trotz der Unterschiede gibt es Gemeinsamkeiten: In beiden Konzeptionen des pädagogischen Eros handelt es sich um einen domestizierten, dessen Domestizierung jedoch jeweils gefährdet ist. In der Konzeption Gustav Wynekens hingegen fehlt jede Form der Domestizierung, sein Versuch, sich auf die griechische Knabenliebe zu beziehen, wird von Frau Timm als Selbst- und Fremdtäuschungsversuch entlarvt, Wynekens Eros tritt als „Missetäter“ auf, der Asymmetrie ausnutzt und festschreibt. Die im Konzept des pädagogischen Eros angelegten Gefährdungen haben bei Wyneken, der sich als „Führer-Erzieher“ versteht, die Oberhand gewonnen.
Frau Timm ist es gelungen, eine – auch sprachlich- eindrucksvolle historisch-systematische Studie vorzulegen, in der sie nicht nur in multimethodischer Vorgehensweise eine Fülle historischen Materials aufarbeitet – und dabei der Antike in ihrer Bedeutung für die Erziehungsgeschichte ihren gebührenden Platz zuweist, sondern an dieses Material auch erziehungstheoretische Fragestellungen anlegt und somit einen wichtigen Beitrag leistet zur Reflexion von Ambivalenzen und Antinomien in der Pädagogik.
Frau Franziska Timm vergleicht in ihrer Arbeit real- und ideengeschichtlich die Rolle des Eros in der sozialen Praxis der griechischen Oberschicht im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., in der sokratisch-platonischen Erziehungstheorie (Platon: „Symposion“) und in Theorie und Praxis des Reformpädagogen Gustav Wyneken. Eine entsprechende vergleichende Studie zum pädagogischen Eros lag bisher nicht vor.
Frau Timm arbeitet in sozialhistorischer und hermeneutisch-vergleichender Perspektive die Unterschiede zwischen den drei Konzeptionen überzeugend heraus: In der klassischen Knabenliebe, die sich erzieherisch legitimieren muss und entsprechend sozial kontrolliert wird, wird in einer zunächst asymetrischen Beziehung der Jüngling durch seinen Liebhaber und dessen Vorbildlichkeit zu einem vortrefflichen Mitglied der Polis erzogen. Die – maßvolle – sexuelle Beziehung wird in diesem Prozess der Symmetrisierung zu einer rein freundschaftlichen. In der sokratisch-platonischen Erziehungstheorie wird von Anfang an von einer Konvergenz der beiden Partner ausgegangen, denn beide bedürfen einander, insofern sie im Gespräch miteinander nach Wahrheit suchen. In der vom „Daimon“ Eros durchwirkten Interaktion geht es nicht um gesellschaftliche Anerkennung, um soziale Integration, sondern um das Bemühen um philosophische Einsicht, um das Streben nach den Ideen des Wahren, Guten und Schönen. Die sinnliche Dimension ist allerdings die notwendige Bedingung, um überhaupt eine Leidenschaft zum Philosophischen zu entwickeln, jene ist jedoch bei diesem geistigen Wachstumspropzess quasi zurückzulassen, also zu überwinden. Trotz der Unterschiede gibt es Gemeinsamkeiten: In beiden Konzeptionen des pädagogischen Eros handelt es sich um einen domestizierten, dessen Domestizierung jedoch jeweils gefährdet ist. In der Konzeption Gustav Wynekens hingegen fehlt jede Form der Domestizierung, sein Versuch, sich auf die griechische Knabenliebe zu beziehen, wird von Frau Timm als Selbst- und Fremdtäuschungsversuch entlarvt, Wynekens Eros tritt als „Missetäter“ auf, der Asymmetrie ausnutzt und festschreibt. Die im Konzept des pädagogischen Eros angelegten Gefährdungen haben bei Wyneken, der sich als „Führer-Erzieher“ versteht, die Oberhand gewonnen.
Frau Timm ist es gelungen, eine – auch sprachlich- eindrucksvolle historisch-systematische Studie vorzulegen, in der sie nicht nur in multimethodischer Vorgehensweise eine Fülle historischen Materials aufarbeitet – und dabei der Antike in ihrer Bedeutung für die Erziehungsgeschichte ihren gebührenden Platz zuweist, sondern an dieses Material auch erziehungstheoretische Fragestellungen anlegt und somit einen wichtigen Beitrag leistet zur Reflexion von Ambivalenzen und Antinomien in der Pädagogik.