Julius-Klinkhardt-Preis 2009
Preisträgerin: Frau Dr. Barbara Schulte
Den Julius-Klinkhardt-Preis 2009 erhielt Frau Dr. Barbara Schulte für ihre 2007 an der Humboldt-Universität zu Berlin angenommene Dissertation mit dem Titel ",Zur Rettung des Landes'. Bildung und Beruf im China der Republikzeit".
Die Laudatio hat folgenden Wortlaut:
Ausgehend von der fehlenden Akzeptanz der Berufsbildung im heutigen China, fragt Barbara Schulte nach der Geschichte jener und konzentriert sich hierbei auf die Republikzeit zwischen 1912 und 1927, in der erstmals geballt Berufsbildungskonzepte - mit dem Tenor "Zur Rettung des Landes" - diskutiert und Berufsbildungseinrichtungen geschaffen wurden. Im Zentrum ihrer Untersuchung steht die 1917 gegründete Chinesische Gesellschaft für Berufsbildung, die durch die Gewinnung einflussreicher Mitglieder aus Politik, Bildung und Wirtschaft sowie durch ihre Vernetzung mit anderen Institutionen und Vereinigungen die wichtigste und einflussreichste Organisation im Bereich der Berufsbildung in jener Zeit darstellte. Frau Schulte geht es in ihrer Arbeit nun nicht darum, die von der Gesellschaft angestoßene und vorangetriebene konkrete Entwicklung der Berufsbildung nachzuzeichnen, ihr Vorhaben ist innovativer und methodisch ambitionierter: Sie möchte mit Hilfe einer historischen Diskursanalyse herausfinden, welche Repräsentationen von Bildung, Beruf und Berufsbildung als semantisch-symbolische Konzepte sich unter den Mitgliedern der Gesellschaft in Auseinandersetzung sowohl mit den eigenen Traditionen als auch mit den rezipierten ausländischen Ideen auf dem Weg in die "Moderne" herausbildeten. Die Basis für die Diskursanalyse bildet eine prosopographische Herangehensweise, d. h. für die Akteure der Gesellschaft wurden biographische Profile einschließlich ihrer Netzwerkbeziehungen erstellt und in einer Datenbank verarbeitet. Die Quellengrundlage für die Diskursanalyse stellen schwerpunktmäßig die Veröffentlichungen der Mitglieder in den einschlägigen chinesischen Zeitschriften, der Zeitschrift für Bildung und Erziehung und der Zeitschrift Bildung und Beruf, dar. Zentrale Repräsentationen von Berufsbildung in den - häufig durchaus kontroversen - Diskursen sind das Verständnis des Berufes als Lebensganzes oder als Polytechnikum, die Lösung nationaler Probleme, die soziale Befriedung und die Vergemeinschaftung sowie die körperliche Tüchtigkeit. In den Diskursen zeigen sich eine Mixtur unterschiedlicher Rezeptionen und deren Neukonstruktionen. Nicht nur auf eigene Traditionen wurde selektiv zurückgegriffen, sondern auch ausländische Konzepte, die die Mitglieder der Gesellschaft durch Studienreisen, Erfahrungsberichte und wissenschaftliche Werke kennenlernten, wurden von jenen rezipiert und in ihre Gedankenwelt transformiert. Bei allen Unterschieden kann Frau Schulte als eine Hauptrichtung des Diskurses herausarbeiten, dass der Berufsbildung vor allem ein disziplinierender und sozialisierender Charakter zugesprochen wurde.
Frau Schulte hat eine inhaltlich und methodisch überzeugende, detail- und anschauungsreiche, spannend zu lesende Arbeit vorgelegt, die wichtige Anstöße für eine historische internationale Rezeptions- und Transformationsforschung gibt und der man - in der Vergleichenden Erziehungswissenschaft wie in unserer Disziplin insgesamt - nur Nachahmer wünschen kann. .
Die Laudatio hat folgenden Wortlaut:
Ausgehend von der fehlenden Akzeptanz der Berufsbildung im heutigen China, fragt Barbara Schulte nach der Geschichte jener und konzentriert sich hierbei auf die Republikzeit zwischen 1912 und 1927, in der erstmals geballt Berufsbildungskonzepte - mit dem Tenor "Zur Rettung des Landes" - diskutiert und Berufsbildungseinrichtungen geschaffen wurden. Im Zentrum ihrer Untersuchung steht die 1917 gegründete Chinesische Gesellschaft für Berufsbildung, die durch die Gewinnung einflussreicher Mitglieder aus Politik, Bildung und Wirtschaft sowie durch ihre Vernetzung mit anderen Institutionen und Vereinigungen die wichtigste und einflussreichste Organisation im Bereich der Berufsbildung in jener Zeit darstellte. Frau Schulte geht es in ihrer Arbeit nun nicht darum, die von der Gesellschaft angestoßene und vorangetriebene konkrete Entwicklung der Berufsbildung nachzuzeichnen, ihr Vorhaben ist innovativer und methodisch ambitionierter: Sie möchte mit Hilfe einer historischen Diskursanalyse herausfinden, welche Repräsentationen von Bildung, Beruf und Berufsbildung als semantisch-symbolische Konzepte sich unter den Mitgliedern der Gesellschaft in Auseinandersetzung sowohl mit den eigenen Traditionen als auch mit den rezipierten ausländischen Ideen auf dem Weg in die "Moderne" herausbildeten. Die Basis für die Diskursanalyse bildet eine prosopographische Herangehensweise, d. h. für die Akteure der Gesellschaft wurden biographische Profile einschließlich ihrer Netzwerkbeziehungen erstellt und in einer Datenbank verarbeitet. Die Quellengrundlage für die Diskursanalyse stellen schwerpunktmäßig die Veröffentlichungen der Mitglieder in den einschlägigen chinesischen Zeitschriften, der Zeitschrift für Bildung und Erziehung und der Zeitschrift Bildung und Beruf, dar. Zentrale Repräsentationen von Berufsbildung in den - häufig durchaus kontroversen - Diskursen sind das Verständnis des Berufes als Lebensganzes oder als Polytechnikum, die Lösung nationaler Probleme, die soziale Befriedung und die Vergemeinschaftung sowie die körperliche Tüchtigkeit. In den Diskursen zeigen sich eine Mixtur unterschiedlicher Rezeptionen und deren Neukonstruktionen. Nicht nur auf eigene Traditionen wurde selektiv zurückgegriffen, sondern auch ausländische Konzepte, die die Mitglieder der Gesellschaft durch Studienreisen, Erfahrungsberichte und wissenschaftliche Werke kennenlernten, wurden von jenen rezipiert und in ihre Gedankenwelt transformiert. Bei allen Unterschieden kann Frau Schulte als eine Hauptrichtung des Diskurses herausarbeiten, dass der Berufsbildung vor allem ein disziplinierender und sozialisierender Charakter zugesprochen wurde.
Frau Schulte hat eine inhaltlich und methodisch überzeugende, detail- und anschauungsreiche, spannend zu lesende Arbeit vorgelegt, die wichtige Anstöße für eine historische internationale Rezeptions- und Transformationsforschung gibt und der man - in der Vergleichenden Erziehungswissenschaft wie in unserer Disziplin insgesamt - nur Nachahmer wünschen kann. .