Die vorliegende Publikation von Tanja Täubner wurde 2012 unter dem Titel „Zum andern soltu meditirn, das ist: Eine Hermeneutik der Meditation im Luthertum des 16. und 17. Jahrhunderts – angewandt auf die Pädagogik August Hermann Franckes“ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Dissertation angenommen. Dieser Titel beschreibt den Inhalt des Buches wesentlich treffender als der für die Publikation gewählte, der aus zweierlei Gründen irreführend ist: Es entsteht zum einen der Eindruck, dass das für den Titel verwendete Zitat Francke zuzuordnen ist (es stammt aber von Luther), zum anderen macht die Untersuchung der Meditationspraktiken in der Pädagogik August Hermann Franckes lediglich ein Drittel des Buches aus, der Schwerpunkt der Untersuchung liegt eindeutig auf der Beschreibung einer von Luther und anderen Theologen geprägten Vorstellung von einer intensiven Auseinandersetzung mit Bibel und Gebet, wobei in den zeitgenössischen Texten häufig die Rede von „Meditation“ ist.

Erst im letzten Drittel des Buches versucht Täubner dann zu zeigen, dass Francke sowohl in seinen Vorstellungen von einer biblischen Unterweisung seiner Gemeinde in Glaucha als auch in seinen Erziehungsvorstellungen in Bezug auf die ihm in seinen Einrichtungen anvertrauten Kinder sowie die darin beschäftigten Erzieher auf diese Praxis zurückgreift und sie in seinem Sinne modifiziert. Die These, dass Francke auf diese Weise „das moderne pädagogische Denken“ (177) begründet habe, wird dabei jedoch keineswegs überzeugend untermauert. Stattdessen wird der erzieherischen Praxis Franckes ein neuer Stempel aufgedrückt. Entsprechend lassen sich der Untersuchung vielleicht interessante Erkenntnisse für die Religionsforschung entnehmen, für die erziehungswissenschaftliche Forschung ist sie dagegen nur begrenzt relevant.