
Martin Heinrich, Maike Lambrecht, Oliver Böhm-Kasper, Thomas Brüsemeister und Jochen Wissinger schlagen ein governancetheoretisch gerahmtes Modell vor, das neben der Erkenntnisgenerierungsfunktion von Schulinspektionen eine wissensbasierte Entwicklungsfunktion und eine Legimitationsfunktion unterscheidet. Der Beitrag von Sebastian Wurster, Dirk Richter, Anna Schliesing und Hans Anand Pant, erstmals 2013 in der Zeitschrift „Die Deutsche Schule“ erschienen, stellt Ergebnisse einer in Berlin und Brandenburg durchgeführten Onlinebefragung zur Eignung verschiedener Evaluationsverfahren aus Sicht von Schulleiterinnen und Schulleitern vor. Die Ergebnisse zeigen – wenngleich bei einem Rücklauf von lediglich 27 Prozent, dass interne Evaluationen als am nützlichsten eingeschätzt werden und dass die Befunde aus den Evaluationsverfahren von den Schulen insbesondere für Unterrichtsentwicklungsprozesse genutzt werden. Dietrich Benner skizziert Abgrenzungen, Gemeinsamkeiten und Kooperationsmöglichkeiten zwischen einer pädagogisch und didaktisch argumentierenden erziehungswissenschaftlichen und einer stärker psychologisch ausgewiesenen Bildungsforschung, um zu verdeutlichen: Eine erziehungswissenschaftliche Bildungs- und Unterrichtsforschung muss „dem bereits weit fortgeschrittenen Vergessen pädagogischer Problemstellungen, Kategorien und Theorien entgegenwirken“ (112). Martin Bonsen und Kristina A. Frey stellen überblicksartig dar, welchen Beitrag unterrichtsbezogene Lehrerkooperationen zur Qualitätsentwicklung leisten können. Zuletzt gibt Wulf Homeier, Präsident des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung, einen Einblick in Ergebnisse der niedersächsischen Schulinspektion. Der systematische Teil des Bandes umfasst somit sowohl theoretische als auch empirische Aufsätze, die das Thema sinnvollerweise in einem breiteren wissenschaftlichen Kontext darstellen, wobei die Reihenfolge der einzelnen Beiträge beliebig gewählt zu sein scheint.
Das anschließende Kapitel zu Konzepten und Erfahrungen aus der Praxis ist in drei Teilthemen gegliedert. In einem ersten Abschnitt werden Konzepte zur Bewertung von Qualität insbesondere in Nordrhein-Westfalen dargestellt. Berthold Hufnagel, Joachim Joosten und Walter Ruhwinkel fassen für den Standort der Bezirksregierung Münster Auswertungen von Daten der Qualitätsanalysen zusammen und zeigen auf, wie diese Einzeldaten als Steuerungsimpulse von Einzelschulen genutzt werden können. Brunhilde Jacobi und Peter Wertenbroch verdeutlichen am Beispiel einer fiktiven Schule, wie Qualitätsberichte der Qualitätsanalyse in Nordrhein-Westfalen interpretiert werden können und welche Handlungsschritte sich aus den Ergebnissen ableiten lassen. Barbara Manschmidt und Wolfram von Moritz zeigen mit Bezug auf Erfahrungen der Qualitätsanalyse an evangelischen Schulen, dass die Akzeptanz des Verfahrens und die Bereitschaft zur Weiterentwicklung der Schulen hoch ausgeprägt sind. Jürgen Franzen und Dieter Miedza stellen das Evaluationsverständnis von „EchriS“ vor, einem Zusammenschluss von Verantwortlichen des christlichen Schulwesens. Rita Freund-Schindler beschreibt sowohl theoretische und organisatorische Hintergründe des Konzepts der Wahrnehmungs- und wertorientierten Schulentwicklung (WWSE) als auch den Ablauf des Evaluationsprozesses am Beispiel der Evangelischen Schulstiftung in Bayern. Die auf christliche Schulen fokussierten Beiträge dieses Kapitels stellen eine lesenswerte Ergänzung zu den allgemein ausgerichteten Beiträgen dar, indem neben generellen Qualitätsaspekten von Schule der Blick auf die Besonderheiten christlicher Schulen und Fragen nach der empirischen Erfassung jener Spezifika gelenkt wird.
Drei Beiträge des Bandes widmen sich dem Themenfeld „Qualitätsentwicklung mit Hilfe von Netzwerken“: Maike Reese zeigt in einem Aufsatz über den Deutschen Schulpreis auf, wie die Teilnahme von Schulen mit Evaluationsprozessen verbunden ist und inwiefern die Schulentwicklung einer Schule angestoßen werden kann. Gabriele Herzberg, Schulleiterin einer hannoverschen Realschule, berichtet von den positiven Erfahrungen, die die Schule mit der Mitgliedschaft im „Schulverbund Blick über den Zaun (BüZ)“ gemacht hat. Gabriele Bußmann-Strelow von der Marienschule Münster informiert abschließend von positiven Erfahrungen mit Netzwerkarbeit u. a. in einem Projekt zur Unterrichtsentwicklung des Bischöflichen Generalvikariats Münster, an dem mehrere Schulen über einen Zeitraum von vier Jahren zusammengearbeitet haben. Die insgesamt lesenswerten Beiträge geben Einblicke in die konkrete Arbeit in und den Nutzen von Netzwerken im Hinblick auf Prozesse der Qualitätsentwicklung und sind thematisch passend in diesem Kapitel gebündelt. Der letzte Beitrag fällt im Vergleich zu den übrigen recht kurz aus und beschränkt sich vor allem auf ein thesenartiges Fazit aus den Erfahrungen mit Netzwerkarbeit.
Der Tagungsband wird abgeschlossen mit drei Beiträgen zum Thema „Unterrichtsentwicklung durch Kooperation an Einzelschulen“. Neben den Erfahrungen einer Realschule mit dem an der Universität Koblenz-Landau entwickelten Diagnostik-Programm „EMU“ (Manuel Ade-Thurow) wird die Qualitätsanalyse an einem Gymnasium in Hagen resümierend dargestellt (Jutta Meyer und Wolfgang Riechmann). Dietrich Benner und Sabine Reh berichten abschließend über ein Projekt der Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, das zunächst an vier Schulen umgesetzt wurde und insbesondere den Bereich der Unterrichtsentwicklung durch kollegiale Zusammenarbeit der Lehrkräfte fokussiert. Unabhängig von der Schulform wird in den Beiträgen die zentrale Bedeutung eines gemeinsamen Austauschs über Unterricht (etwa durch kollegiale Unterrichtsbesuche oder Teamarbeit) und des konstruktiven Feedbacks für Unterrichtsentwicklungsprozesse deutlich.
Insgesamt gesehen bietet der gut strukturierte Band interessante Einblicke in das Themenfeld der externen Schulevaluation, wobei die Konzeption überzeugt, Vertreter unterschiedlicher Perspektiven zu Wort kommen zu lassen. Gelesen werden kann das Buch als eine Bilanz der bisherigen Erfahrungen, an die sich unmittelbar Fragen nach notwendigen Weiterentwicklungen der Evaluationsverfahren anschließen – und zwar in wissenschaftlicher wie auch in schulpraktischer Hinsicht. Fragen nach der grundsätzlichen Legitimation, aber auch nach der konzeptionellen Ausgestaltung werden im Band diskutiert. Perspektiven künftiger Qualitätsanalysen werden aufgezeigt. Dabei zeichnet sich ab, dass es bei Schulevaluationen stärker um Partizipation und Dialog gehen muss, damit sie Akzeptanz auf Seiten der Schulen erfahren, und dass Ansätze zur Qualitätsanalyse eng mit anschließenden Phasen der schulischen Qualitätsentwicklung verbunden sein müssen.