EWR 14 (2015), Nr. 3 (Mai/Juni)

Thorsten Bohl / Martin Harant / Albrecht Wacker
Schulpädagogik und Schultheorie
Bad Heilbrunn/Stuttgart: Klinkhardt/UTB 2015
(229 S.; ISBN 978-3-8252-4180-3; 19,99 EUR)
Schulpädagogik und Schultheorie Der Band von Thorsten Bohl, Martin Harant und Albrecht Wacker ist in der Reihe „Studientexte Bildungswissenschaften“ im Verlag UTB erschienen. Als Lehrbuch für das Studium konzipiert, ergänzt er bereits vorliegende Einführungswerke und gibt einen Überblick über zentrale Themen der Schulpädagogik und Schultheorie, wobei das Buch in ein kürzeres schulpädagogisches und ein deutlich umfangreicheres schultheoretisches Kapitel gegliedert ist.

Die einführende Darstellung der Schulpädagogik umfasst neben der historischen Entwicklung ausgewählte Inhalts- und Diskursbereiche sowie aktuelle Herausforderungen der Disziplin. Nachgezeichnet werden die wichtigsten Verläufe: die philosophisch geprägte Pädagogik Herbarts und Diltheys, die Bildungsreform und Bildungsexpansion des vergangenen Jahrhunderts, schließlich die aktuelle Situation im Kontext der empirischen Bildungsforschung – ein durchaus schneller, holzschnittartiger Gang durch die Geschichte der Disziplin, dennoch als Überblicksdarstellung gelungen.

Die schulpädagogischen Inhaltsfelder werden in der üblichen Struktur einer Makroebene (Bildungssystem und Schulstruktur), einer Mesoebene (Bedeutung der Einzelschule) und einer Mikroebene (Unterricht) dargestellt. Hierbei greifen die Autoren aus der Vielzahl schulpädagogischer Gegenstände wenige ausgewählte heraus. Auf der Makroebene beschreiben sie die Struktur des Schulwesens in der Bundesrepublik Deutschland und die Steuerung des Bildungswesens über Lehrpläne. Die Bedeutung der Einzelschule auf der Mesoebene wird unter dem Fokus der Schulentwicklung thematisiert und anhand des weithin bekannten Modells der Schulentwicklung nach Rolff (1998) vertieft. Unterricht auf der Mikroebene umfasst unter anderem eine knappe Darstellung der bildungstheoretischen und lehrtheoretischen Didaktik. Darüber hinaus wird ein Einblick in die Unterrichtsforschung zur Unterrichtsqualität und zu Merkmalen guten Unterrichts gegeben. Das Kapitel schließt mit einem Abschnitt zur Professionalisierung, in dem Aufgabenfelder von Lehrkräften sowie unterschiedliche Ansätze der Lehrerprofessionalität zusammengefasst werden.

Das Kapitel zu den Diskussionsfeldern der Schulpädagogik greift drei zentrale und bis heute den Fachdiskurs bestimmende Frage- und Problemstellungen auf: Das „Theorie-Praxis-Problem“, das unter anderem als Herausforderung beschrieben wird, berufsbezogene Aufgaben in der Lehrerbildung zu übernehmen, die Frage nach der Normativität als ein konstitutives Element der Schulpädagogik sowie die Frage nach der Eigenständigkeit der Disziplin.

Während sich das erste Kapitel zur Schulpädagogik auf etwa 60 Seiten beschränkt, werden die Themen im zweiten Abschnitt zur Schultheorie umfangreicher auf rund 130 Seiten entfaltet. Nach einer Einführung zum Theoriebegriff werden unterschiedliche schultheoretische Ansätze historisch-chronologisch und systematisch gegliedert dargestellt: Auf ein erstes Kapitel zu klassischen-neuzeitlichen Theoriebeiträgen (Comenius, Rousseau, Humboldt, Herbart und Hegel) folgt ein Abschnitt zu neueren schultheoretischen Perspektiven: ausgehend von Spranger, Bernfeld und Adorno über Parsons, Mead, Bourdieu und Jackson bis hin zu Illich, von Hentig, Foucault und Fend. Die getroffene Auswahl lässt einen Fokus auf kritische Zugänge zur Schultheorie erkennen, wird gleichwohl nachvollziehbar begründet. Die Darstellungen sind als Überblick gelungen und sie werden insbesondere durch eine am Ende vorgenommene kritische Würdigung der Theorie hinreichend diskutiert und reflektiert.

Zu erwähnen ist, dass die Schulpädagogik und die Theorie der Schule in dem Band vor dem Hintergrund des Bildungsbegriffs und damit bildungsphilosophisch gerahmt werden, womit die Bedeutung von Bildung als ein Zentralbegriff der Disziplin und seiner Teildisziplinen betont wird. Hiermit wird implizit eine Abgrenzung zur Bildungsforschung vorgenommen, die inzwischen zunehmend schulpädagogische Aufgaben übernimmt. Das Fach wird dabei sowohl als eine theoretisch als auch empirisch differenzierte sozialwissenschaftliche Disziplin dargestellt. Dass hierfür eine Auswahl aus sehr heterogenen Gegenstandsbereichen notwendig wird, ist unvermeidlich – insbesondere, wenn sich der zweite Teil des Buches mit der Teildisziplin der Schultheorie vertiefend auseinandersetzt. Der Systematik des Bandes hätte es dennoch gut getan, wenn dem ersten Teil – der Einführung in die Schulpädagogik – zumindest etwas mehr Umfang zugestanden worden wäre. Einige Bereiche, wie etwa die Darstellung der Allgemeinen Didaktik, erscheinen für die studentische Leserschaft als Zielleserschaft recht verknappt und stark verdichtet. Insofern haben die Autoren recht, wenn sie das Kapitel zur Schulpädagogik als „eine erste Annäherung“ übertiteln. Als Lehrbuch hätten dem Band darüber hinaus (zusammenfassende) Abbildungen, die die Inhalte für Studierende in knapper Form visualisieren, sicherlich an der einen oder anderen Stelle geholfen. Insgesamt gesehen aber ist den Autoren eine gute Einführung in zentrale Gegenstandsbereiche der Schulpädagogik und schultheoretische Positionen gelungen, die im Sinne eines überblicksartigen Lehrbuchs die relevanten Themen abdeckt – dies gut gegliedert, sprachlich verständlich und mit einer nachvollziehbaren bildungstheoretischen Positionierung. Insofern ergänzt der Band sinnvoll bisherige Einführungen in die Schulpädagogik.
Andreas Bach (Flensburg)
Zur Zitierweise der Rezension:
Andreas Bach: Rezension von: Bohl, Thorsten / Harant, Martin / Wacker, Albrecht: Schulpädagogik und Schultheorie. Bad Heilbrunn/Stuttgart: Klinkhardt/UTB 2015. In: EWR 14 (2015), Nr. 3 (Veröffentlicht am 11.06.2015), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978382524180.html