
Komplex wird der theoretische Teil durch die Bezogenheit auf das zusätzliche Faktum der Beeinträchtigungen der körperlich-motorischen Entwicklung. Zugleich erzwingt dieser spezialpädagogische Aspekt, der Selbsterleben und Selbstwert so zentral trifft, eine Fokussierung auf den Zusammenhang von Selbstentwicklung und Psychodynamik, die über die Körperbehindertenpädagogik hinausgreift und auf allgemeine Aspekte von Bildungsprozessen verweist. Die theoretische Herleitung der vorliegenden Arbeit gründet sich zentral auf dem systemisch-konstruktivistischen Ansatz, womit die Berücksichtigung der kontextuellen Rahmenbedingungen, die in der Systematik der Pädagogik und Didaktik der TZI als Globe-Bezug einen besonderen Stellenwert einnehmen, noch einmal um eine theoretische Perspektive erweitert wird. Gleichwohl – das soll kritisch angemerkt werden – droht der rote Faden im Theorieteil in der Fülle an Zitaten und Verweisen mitunter ein wenig verloren zu gehen.
Auch die Darstellung des Forschungsprojektes und die Explikation der Methodik erfolgt sehr gründlich und referiert grundlegend die verschiedenen Möglichkeiten, wie quantitative und qualitative Verfahren in der Handlungsforschung zusammengeführt werden können.
Die Untersuchung folgt in ihrer Gesamtanlage dem Forschungsansatz von Grounded Theory und wird über ein Mixed-Method-Design operationalisiert. Die Kombination von Daten unterschiedlichen Herkommens und unterschiedlicher Aussagekraft ist nach diesem Forschungsansatz einerseits üblich, andererseits zeigen sich in der vorliegenden Schrift auch die Grenzen eines solchen Vorgehens, denn die Quantifizierungen lassen sich nicht immer sinnvoll auf die qualitativen Daten beziehen (vgl. Kapitel 6) und so ist es fraglich, inwieweit es nicht gerade die Fülle der präsentierten Daten ist, die einer zielgerichteten Interpretation mitunter hinderlich im Wege stehen. Die differenziert reflektierten Untersuchungsprobleme einer Erfassung möglicher Veränderungen des Selbstwertgefühls der Schülerinnen und Schüler (192 ff) zeigen beispielhaft, dass letztlich nicht alle Ansätze zur Auswertung der angehäuften Datenmenge weiterführend sind. Eine stärkere Selektion der relevanten Daten hätte dazu beitragen können, die Darstellung der vorliegenden Forschungsergebnisse zu pointieren.
Die Grenzen der vorliegenden Studie sind dem Autor durchaus bewusst und sie werden in der Interpretation der Ergebnisse entsprechend reflektiert. Die Synopse der empirischen und theoretischen Ergebnisse der Untersuchung, die das Buch abschließt, gibt einen gelungenen Ausblick auf die erzieherischen und didaktischen Möglichkeiten eines Unterrichts auf dem Boden der TZI.
Trotz der Kritik, die sich vor allem auf die forschungsmethodischen Probleme einschließlich der offensichtlichen Schwierigkeiten einer stärkeren Selektion der erhobenen Forschungsdaten bezieht, bleibt festzuhalten, dass die vorliegende Studie einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der didaktische Diskussion liefert, denn es liegen bis dato nur sehr wenige empirische Arbeiten zu den Möglichkeiten und Effekten von TZI als pädagogisch-didaktischem Ansatz vor. Allerdings muss der/die an der Praxis interessierte Lehrer/in und Didaktiker/in manchmal Geduld aufbringen oder die Kunst des selektiven Lesens ausüben, um sich auf die relevanten Passagen zu konzentrieren. Wenn ihm und ihr dieses gelingt, kann aus der Lektüre reichlich Gewinn gezogen werden, denn letztlich verdeutlicht die vorliegende Forschungsarbeit zugleich die Komplexität und Mehrdimensionalität, mit der Unterrichtsprozesse zu betrachten sind und die sich einer technologischen Engführung von Didaktik als Theorie des Unterrichthaltens weitestgehend entzieht.