Zu Rahmendaten in der Weiterbildung aus den europäischen Ländern fehlt oft ein systematischer Überblick. Die Reihe „Porträt Weiterbildung“ des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) schließt diese Lücke. Die zweite völlig überarbeitete Auflage des „Porträts Weitbildung Schweiz“ [1] reiht sich neben Übersichten zu Finnland, Spanien, Deutschland, Rumänien und Österreich ein. Das Buch muss sich an seinem selbst gesteckten Anspruch messen lassen. Das Ziel ist „ein Erkennen und Verstehen der Weiterbildung in einem anderen Land“ (7) weniger in einem streng wissenschaftlichen Sinn als vielmehr im Sinne eines Überblicks zu vermitteln.
Wie alle Porträts der Reihe und im Gegensatz zur ersten Auflage halten sich die Autorin und der Autor an ein vorgegebenes inhaltliches Raster aus historischer Entwicklung, rechtlichen Grundlagen, Institutionen, Finanzierung, Angeboten, Teilnehmenden bis hin zu Wissenschaft und Lehre, internationalen Kontakten und Zukunftstrends. In der Einleitung werden die Schweiz und deren Bildungssystem in komprimierter Form dargestellt. Bereits hier deutet sich eine definitorische Zwickmühle an, die auch das Länderporträt nicht lösen kann. Weiterbildung wird in einer Übersicht zum Bildungssystem (vgl. 12) quasi als Deckel auf Tertiär- und Quartärstufe angesiedelt. Dies entspricht allerdings nicht der später von Schläfli/Sgier favorisierten Sichtweise des lebenslangen Lernens, welches das gesamte Bildungssystem sowie das informelle Lernen umfassen müsste. Hinweise zur Definition der Weiterbildung als vierter Säule des Bildungssystems (Quartärbereich) und die sich daraus ergebenden Abweichungen wären an dieser Stelle wichtig bzw. informativ gewesen. Dennoch spiegelt diese definitorische Schieflage durchaus den Diskussionsstand in der Schweiz wider.
In der grafischen Darstellung wird im Vergleich zu anderen Länderporträts zudem deutlich, dass es sich um Momentaufnahmen eines stark in Veränderung begriffenen Bereichs handelt. Die International Standard Classification (ISCED) hat sich zwar in der Schweiz, aber (noch) nicht als einheitlicher Referenzpunkt in der Reihe durchgesetzt (vgl. für Österreich [2]). Ein weiteres Dauerthema in der Weiterbildung wird an dieser Stelle ebenfalls sichtbar: die Trennung eines allgemeinen von einem beruflichen Zweig. Das Autorenteam plädiert zwar für einen integralen Weiterbildungsbegriff; die gesetzliche Zuordnung der formalen beruflichen Weiterbildung zur höheren Berufsbildung spiegelt dies aber in der Realität nicht zwingend wider (vgl. 13f.).
Neben diesen definitorischen Unebenheiten, die charakteristisch für den Bereich der Weiterbildung sind, werden ansonsten wenige Brüche deutlich. In den weiteren Kapiteln geht es abrissartig um die geschichtliche Entwicklung der Weiterbildung in der Schweiz. Die rechtlichen Grundlagen werden detailliert und in ihrer institutionellen Verzweigung dargestellt. Auch die Typologie der Träger im Kapitel „Institutionen“ vermag einen Überblick in groben Linien zu vermitteln. Bei der Finanzierung von Weiterbildung kann nur ein vager Eindruck gegeben werden, da keine verlässlichen Daten und Statistiken vorliegen, insbesondere wenn man die Diversität der Träger im Blick hat.
Für die Beurteilung der Angebotslage liefern vor allem die Daten aus den Weiterbildungsmodulen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) einen wichtigen Anhaltspunkt. Auf die Schwierigkeiten der Angebotsstatistik wird im Text hingewiesen – die SAKE stelle den einzigen gesamthaften Überblick für die Schweiz dar. Die Entwicklung der SAKE wird allerdings insofern nicht richtig interpretiert, als dass das Bundesamt für Statistik (BFS) seit Beginn der Erhebung im Jahr 1996 immer nur non-formelles und informelles Lernen – allerdings unter den Titeln „Kurse“ und „individuelle Weiterbildung“ – erfasst. Im Text wird dies als Neuerung aufgeführt (vgl. 47).
Im Unterkapitel Personal sowie bei Wissenschaft und Lehre kommen einige Schweizerische Besonderheiten zum Vorschein. Zum einen weist das Autorenteam auf das Angebot einer Ausbildung der Ausbildenden (AdA) auf vier Niveaus hin. Zum anderen thematisieren sie die fehlende Verankerung der Weiterbildung beispielsweise durch explizit auf dieses Thema ausgerichtete Lehrstühle und Studienmöglichkeiten. Dies stellt einen deutlichen Unterschied zu Deutschland, aber auch zu anderen europäischen Ländern dar. Das Länderporträt zur Schweiz schließt mit den Kapiteln zu internationalen Kontakten sowie Tendenzen und Perspektiven.
Insgesamt gelingt das Vorhaben eines allgemeinen Überblicks für die Weiterbildungslandschaft in der Schweiz auf der Ebene von Strukturen, Institutionen und den dazu verfügbaren Daten. An einigen Stellen wird die personelle Verantwortung auf Autorenseite deutlich: André Schläfli ist Direktor des Schweizerischen Verbands für Weiterbildung (SVEB). Insgesamt ist ihm und Irena Sgier eine Zusammenstellung der vorhandenen Daten und Entwicklungen zur Weiterbildung als Länderübersicht für die Schweiz gelungen, wenn auch einige definitorische Stolpersteine nicht durch eine Übersicht, sondern nur durch eine vertiefende Diskussion zu umgehen wären.
[1] Vgl. Schläfli, A. / Gonon, Ph.: Weiterbildung in der Schweiz. EB-Länderberichte. Frankfurt/M.: DIE 1999.
[2] Lenz, W.: Porträt Weiterbildung Österreich. Bielefeld: Bertelsmann 2005.
EWR 7 (2008), Nr. 1 (Januar/Februar)
Porträt Weiterbildung Schweiz
Bielefeld: Bertelsmann 2008
(88 S.; ISBN 978-3-7639-1948-2; 12,90 EUR)
Markus Weil (ZĂĽrich)
Zur Zitierweise der Rezension:
Markus Weil: Rezension von: Schläfli, AndrĂ© / Sgier, Irena: Porträt Weiterbildung Schweiz. Bielefeld: Bertelsmann 2008. In: EWR 7 (2008), Nr. 1 (Veröffentlicht am 06.02.2008), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978376391948.html
Markus Weil: Rezension von: Schläfli, AndrĂ© / Sgier, Irena: Porträt Weiterbildung Schweiz. Bielefeld: Bertelsmann 2008. In: EWR 7 (2008), Nr. 1 (Veröffentlicht am 06.02.2008), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978376391948.html