
Wesentlicher Inhalt dieses Buches sind eigene Untersuchungen zu dieser Problematik. Die eingesetzten Instrumente sind validiert und werden im Buch gut beschrieben. Neben der selbst validierten Skala zur inneren Kündigung werden Skalen zum Job- und Work-Involvement, Commitment, zu Erwartungen und Zufriedenheit eingesetzt. Schulische Belastungsfaktoren (SBF), die Faktoren emotionale Erschöpfung und Dehumanisierung des Maslach-Burnout-Inventory, die Allgemeine Depressions-Skala, psychosomatische Beschwerden (SCL-K9) und eine Reihe weiterer Fragen zur Identifikation und Selbsteinschätzung ergänzen die umfangreiche Methodenpalette. Es werden Untersuchungen bei 1.643 Lehrkräften vorgenommen, wobei etwa ein Drittel Lehrer/innen allgemeinbildender Schulen sind und annähernd zwei Drittel aus Berufsschulen stammen. Eine Gesamtaussage zu Lehrern ist aufgrund dieser Nichtvergleichbarkeit zur Lehrerpopulation insgesamt nur eingeschränkt möglich. Besonders hervorzuheben ist, dass Disengagement sowohl bei Lehrern, Schulleitern als auch bei Schülern untersucht wurde. Dies erfolgte bisher in dieser Breite noch nicht, wird aber dem komplexen Gegenstand dieses Themas gerecht. Es wird dazu eine Vielzahl von Anregungen und nachdenkenswerten Ergebnissen vermittelt, die nicht im Einzelnen aufgeführt werden können.
Ein besonderer Schwerpunkt sind die verschiedenen Facetten des Engagements von Lehrkräften. Hierzu ist hervorzuheben, dass die Wertung engagierter Lehrer aus der unterschiedlichen Sichtweise von Schuladministration, Schulleitern und Schülern diskutiert wird. Merkmale von engagierten Lehrerpersönlichkeiten werden aus den empirischen Untersuchungen abgeleitet. Das personenbezogene Engagement wird eingeordnet in das System Schule, Schulleitung, Kollegium sowie auch in die Lehrer-Schüler-Beziehungen. Die Besonderheiten des tätigkeitsbezogenen Engagements und der Professionalität des Handelns engagierter Lehrer werden zusammenfassend aufgeführt.
Aus diesen empirischen Befunden ergeben sich Konsequenzen für die Gestaltung sowohl der Aus- und Weiterbildung als auch für Führungsprozesse im System Schule. Die Ergebnisse belegen die Ausgangsthese des Buches, dass Engagement, Professionalität und Qualität des Unterrichts eine Trias von untrennbaren Faktoren bilden, die den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule ermöglichen.
Die Schlussfolgerungen in Bezug auf die Ursachen von Disengagement von Lehrern sind aus unserer Sicht nicht allzu ausgereift, obwohl dieser Aspekt in den empirischen Studien im Vordergrund stand. Gleichwohl wird der besondere Stellenwert, den das Thema Engagement und innerer Rückzug verdient hat, mit diesem Band unterstrichen. Im Vordergrund der gegenwärtigen Mediendiskussion stehen stärker gesundheitsrelevante Aspekte (darunter Burnout als überwiegend fremdverschuldet), die im Buch auch mit angerissen werden. Eine stärkere Auseinandersetzung mit dieser Problematik wäre wünschenswert gewesen, da ja Burnout sowohl als Folge von Engagement als auch als Erscheinungsbild von Disengagement häufig oberflächlich diskutiert wird.
Sowohl mit Blick auf die theoretische Herangehensweise und die Diskussion der unterschiedlichen Konstrukte wie auch in Bezug auf die empirischen Befunde bietet dieses Buch eine Vielzahl von Anregungen, Wissen und Handlungsgrundlagen auf allen Ebenen des Schulsystems und darüber hinaus. Es wird deutlich, dass eine interdisziplinäre Arbeit geleistet worden ist. Auch die enge Beziehung zwischen Praxis und Wissenschaft wird durch die Autoren vermittelt.
Das Buch ist empfehlenswert vor allem für Akteure im Schulsystem, für die Weiter- und Fortbildung thematisch insbesondere in Bezug auf gesundheitsrelevante Aktivitäten. Auch der einzelne Lehrer wird sich und seine Kollegen in diesem Buch wiederfinden.