Band 1:
Der "Basisband" der Reihe enthĂ€lt eine einfĂŒhrende Darstellung der Vielfalt kreativer Unterrichtsmethoden. Dabei werden die Konzepte und Techniken, die in den weiteren fĂŒnf BĂ€nden ausfĂŒhrlich behandelt werden, bereits angerissen.Im ersten Kapitel entfaltet Manfred Bönsch sein Konzept einer demokratischen Didaktik. Ausgangspunkt ist dabei die Schulkritik der 70er Jahre, die Didaktik als "autoritĂ€r" gebrandmarkt habe, weil sie die Dominanz der Lehrenden gegenĂŒber den Lernenden unterstreiche. Daran anknĂŒpfend lautet fĂŒr Bönsch die entscheidende Frage fĂŒr die gegenwĂ€rtige Didaktik, "ob es Lernprozesse geben kann, die nicht nur vom Lehrenden [âŠ] vorbestimmt sind, sondern vom lernenden Individuum mitkonstituiert werden können" (6). Dass es solche Lernprozesse gibt, steht allerdings fĂŒr die Autoren nahezu aller neueren Didaktikwerke, die Bönsch jedoch fast ausnahmslos nicht anfĂŒhrt, inzwischen völlig auĂer Frage. Die zentrale Aufgabe der Didaktik sieht Bönsch darin, eine "Puffer- und Anwaltsfunktion" zu ĂŒbernehmen, denn sie stehe "zwischen den SchĂŒler/innen und ihren Aufwachsensbedingungen und den ĂŒbermĂ€chtigen âWĂ€ndenâ zur Welt hin in Gestalt der Schule und ihren Rahmenrichtlinien und Curricula, mit ihrem FĂ€cherkanon oder/und ĂŒberfachlich angelegten SchlĂŒsselproblemen" (9). So sympathisch eine solch emphatische Einstellung auch sein mag, bleibt sie doch hinter dem Erkenntnisstand, den es zur Didaktik als Handlungswissenschaft inzwischen gibt, zurĂŒck, indem sie die spannungsvolle Einbindung der Didaktik (wie auch der SchĂŒler und Lehrer) in die "Welt" verkennt.
Eine Didaktik, die die genannte Vermittlungsfunktion wahrnimmt, sollte laut Bönsch folgende vier Aspekte in das Zentrum ihrer Reflexion und ihrer GestaltungsbemĂŒhungen in schulischer Praxis stellen:
- die Lernprozesse im Unterricht und die Kommunikation ĂŒber den Unterricht zwischen Lehrenden und Lernenden,
- die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Beteiligten,
- deren SinnfindungsbemĂŒhungen und
- die vorhandenen Lernchancen/Lernsituationen.
NĂŒtzlich sind die zahlreichen Auflistungen und Schaubilder, die Manfred Bönsch vor allem in Kapitel 4 zu diversen unterrichtsmethodischen Themen anbietet. Hier findet der Leser/die Leserin praktische Ăbersichten zu einzelnen Methoden selbstbestimmten und nachhaltigen Lernens, zur Lernerfolgssicherung sowie zu Möglichkeiten des Medieneinsatzes und des Einbeziehens auĂerschulischer Lernorte.
Von gröĂtem unterrichtspraktischem Interesse dĂŒrfte jedoch Kapitel 2 des Bandes sein. Mit Blick auf die Mediengewohnheiten vieler europĂ€ischer Kinder und in Anlehnung an Praktiken der MuseumspĂ€dagogik plĂ€diert Astrid Kaiser fĂŒr Methoden, die die KreativitĂ€t der Heranwachsenden herausfordern und sie Ă€sthetisch ansprechen. AnschlieĂend bietet die Autorin auf zwanzig Seiten eine umfassende MethodenĂŒbersicht, die deutlich auf den Unterricht der Grundschule ausgerichtet, aber auch auf andere Schulstufen ĂŒbertragbar ist. Sieben der ĂŒber 150 aufgelisteten Methoden, beispielsweise die "SachunterrichtserzĂ€hlung" und die "Erkundung", werden dabei in Tabellenform exemplarisch erlĂ€utert. Die MethodenĂŒbersicht folgt einer Einteilung in fĂŒnf grundlegende Funktionen von Unterrichtsmethoden:
- PrÀsentation und Informationsvermittlung,
- Erfahrungsgewinn,
- subjektiver Ausdruck,
- ĂŒbergreifendes Handeln,
- Weiterverarbeitung von Informationen.
Als einfĂŒhrender Band in einer Reihe, die "Basiswissen" der PĂ€dagogik vermittelt, weist das Buch zudem folgende MĂ€ngel auf:
FĂŒr die Leserin/den Leser wird nicht schlĂŒssig erklĂ€rt, wie die Thematiken der BĂ€nde 2 bis 6 ausgewĂ€hlt wurden und warum anderen aktuellen Unterrichtskonzepten und âtechniken kein eigener Band gewidmet wurde.
Es fehlen Anregungen zum selbststĂ€ndigen Umgang mit dem Band wie auch mit didaktisch-methodischer Ratgeberliteratur insgesamt. Diese Metaebene, die beispielsweise in den BĂ€nden I und II der "UnterrichtsMethoden" von Hilbert Meyer ausfĂŒhrlich dargestellt wird, bleibt fast komplett ausgespart.
Die Ăbersicht wird dadurch erschwert, dass sich in den Band einzelne Fehler bei der ZĂ€hlung, Betitelung und Formatierung der Kapitel und Unterkapitel eingeschlichen haben.
SchlieĂlich ist zu bezweifeln, ob Studierende in den ersten Semestern die zum Teil recht knappen Anspielungen Bönschs auf einzelne didaktische und methodische Konzepte verstehen und sich zu den dazu passenden Angaben im Literaturverzeichnis "durchhangeln" können. So spricht Bönsch an einer Stelle von "TZI" und spĂ€ter von den "Berlinern", ohne auf Ruth Cohn bzw. Heimann/Otto/Schulz zu verweisen.
Fazit: Der Band ist nutzbar fĂŒr Referendare oder LehrkrĂ€fte, die nicht gezielt nach einzelnen didaktisch-methodischen Konzepten und Techniken, sondern AnstöĂe fĂŒr die kritisch-konstruktive Reflexion ihres Unterrichts und die Unterrichtsentwicklung an der eigenen Schule suchen. Er bietet zudem Anregungen fĂŒr Studierende, die bereits in didaktisch-methodischen Grundfragen versiert sind und sich nicht scheuen, die einzelnen Kapitel als methodische "Fundgrube" zu nutzen, in die man sich tiefer "eingraben" muss. Studierende, die sich einen aller ersten Ăberblick ĂŒber aktuelle unterrichtsmethodische Fragen und Praktiken sowie den gegenwĂ€rtigen Forschungsstand zur Unterrichtsmethodik verschaffen wollen, dĂŒrften sich vornehmlich an Kapitel 2 orientieren, darĂŒber hinaus aber ein StĂŒck weit enttĂ€uscht werden.
Band 2:
Ausgehend von Daten zur AusprĂ€gung von Gewalt unter Kindern und Jugendlichen plĂ€diert Manfred Bönsch fĂŒr eine "PĂ€dagogik gegen AggressivitĂ€t und Gewalt", deren "Kernprogramm" er so skizziert: Wiedergewinnung eines tragfĂ€higen Erziehungsbegriffs, Gleichrangigkeit von Beziehungs- und Inhaltsdimension, Bedeutung von Regeln, Ritualen, Revieren und "verdichteten Situationen" wie Feiern, Reisen etc., Thematisierung von Zeitrhythmen, Schaffung von Lebens- und ErfahrungsrĂ€umen und Wiederbelebung der Elternarbeit (7f.). Damit ist ein Programm skizziert, das den Rahmen einer Reihe "Unterrichtskonzepte und -techniken" zu ĂŒberschreiten scheint und von daher anspruchsvoll ist.Es folgt ein Kapitel, das theoretische Grundlagen sozialen Lernens erlĂ€utern soll. Worin sich soziales Lernen und Beziehungslernen unterscheiden, bleibt hier offen, wie ĂŒberhaupt die verwendete Begrifflichkeit wenig abgestimmt wirkt. Die AusfĂŒhrungen zum Beispiel zu Kommunikations- und Rollentheorien, Gruppendynamik und KonfliktfĂ€higkeit bieten eine knappe EinfĂŒhrung in diese Gebiete und Hinweise auf die "klassische" Literatur zum Weiterlesen. Es handelt sich allerdings wirklich nur â wie der Autor selbst bemerkt â um "TheoriestĂŒcke", deren Verbindung der Leser selbst leisten muss, was bei einer Reihe "Basiswissen" vermutlich fĂŒr viele eine zu hohe Anforderung darstellt.
Sodann geht Bönsch zur Didaktik ĂŒber. "Beziehungsdidaktik" (ein Begriff, der wohl von dem in diesem Zusammenhang nicht erwĂ€hnten Reinhold Miller ĂŒbernommen ist) meint "BemĂŒhungen", "die die Kultur der sozialen Beziehungen in Lehr-/Lernprozessen eigens thematisieren" (60) und wird einer Vermittlungsdidaktik, die soziale Beziehungen ausblende, gegenĂŒbergestellt. Als Kriterien, an denen sich ablesen lasse, wie weit das Beziehungslernen an einer Schule gediehen ist, schlĂ€gt Bönsch vor: Lern- und ArbeitsatmosphĂ€re, Arbeitsmodi und -tempi, Feedbackverfahren und deren Konsequenzen, Gestaltung des Schullebens und Beitrag der Schule zur gesellschaftlichen Teilhabe. So gesehen wird auch in der Reichweite der Rahmen dessen, was Didaktik im Allgemeinen als ihr Arbeitsfeld betrachtet, ausgedehnt.
Die genannten Aspekte vermag der aufmerksame Leser in den folgenden AusfĂŒhrungen durchaus wiederzufinden. Manfred Bönsch bemĂŒht sich hier, vielfĂ€ltige Aspekte sozialen Lernens in Schule und Unterricht anzufĂŒhren. Auf zwei "Basiskonzepte", das "Kooperationsmuster" (Gruppenarbeit) und das "Vertragslernen", folgen "ErgĂ€nzungskonzepte" (StilleĂŒbungen, Spielen, GesprĂ€chserziehung und Streitschlichtung). Wenig stimmig ist der folgende Abschnitt zur "Arbeit an sozialen Situationen". Im letzten Drittel des Bandes spricht Bönsch einzelne Felder sozialen Lernens genauer an: Grundschule und Hauptschule, Ganztagsschule, Aufenthalt im Schullandheim, Beratung in der Schule und Mobbing. Liest man diese Abschnitte als EinfĂŒhrungen in die Themen, lĂ€sst sich manche Anregung und mancher Hinweis auf weiterfĂŒhrende Fragen entnehmen.
In den Text sind zwölf Arbeitstexte eingestreut, die zum Teil fĂŒr angehende LehrkrĂ€fte hilfreiche Materialien enthalten. Allerdings sind sie in den Text wenig eingebunden. Gleiches gilt fĂŒr einen Teil der zahlreichen, zum Teil wenig kommentierten Ăbersichten. Das daran noch einmal augenfĂ€llig werdende fragmentarische Gestaltungsprinzip des Bandes erschwert die Orientierung, zumal fĂŒr wenig kundige Leser.
Leider kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Autor fĂŒr manche Kapitel auf alte Manuskripte zurĂŒckgegriffen und diese nur geringfĂŒgig ĂŒberarbeitet hat. Es fehlt teilweise die aktuelle Literatur zum Thema und einige der Beispiele sind wirklich nicht mehr zeitgemĂ€Ă.
Band 2, der sich einer ungemein wichtigen und brisanten Thematik zuwendet, wird insgesamt den Erwartungen, die ein nach Basiswissen suchender Leser mitbringt, nur in einzelnen Passagen gerecht.
Band 3:
Ziel des erfreulich knappen und gleichzeitig sehr informativen dritten Bandes ist es, "Varianten der darbietenden Lehrform als eine wichtige Methode des Unterrichtens darzustellen" (1). Mit dieser Schwerpunktsetzung wendet sich der Autor gegen die aus seiner Sicht gegenwĂ€rtig festzustellende VernachlĂ€ssigung lehrerzentrierter, geschlossener Unterrichtsmethoden in der didaktischen Fachliteratur. Ăhnlich wie Herbert Gudjons in seinem Buch "Frontalunterricht â neu entdeckt: Integration in offene Unterrichtsformen" (2003) plĂ€diert Apel fĂŒr eine BerĂŒcksichtigung des Prinzips der Konstruktion wie auch der Instruktion im Lehr-Lernprozess. Im Zentrum von Apels ErlĂ€uterungen steht daher die Frage nach der besonderen Funktion des Vortragens, Vormachens, VorfĂŒhrens und Visualisierens in einem Unterricht, der schĂŒlerorientiert und sachbezogen zugleich ist. Dass gute PrĂ€sentationen "nicht beibringen, sondern anstoĂen und aktivieren" sollen, wie es in einer KapitelĂŒberschrift heiĂt, ist ein Leitgedanke der AusfĂŒhrungen Apels.Der Band gliedert sich in einen theoriebezogenen Teil und einen etwa gleich langen Teil mit Praxisempfehlungen. Im wissenschaftlichen Teil ordnet Apel die Methode des Darbietens in die didaktische Tradition ein und gibt einen prĂ€gnanten Ăberblick ĂŒber einschlĂ€gige Ergebnisse der Unterrichtsforschung, benennt aber auch vorhandene ForschungslĂŒcken. So stellt er beispielsweise die Wichtigkeit lösungsoffener PrĂ€sentationen u.a. mit Verweis auf die TIMS-Studie heraus. Unter Heranziehung eigener Forschungen erlĂ€utert er, dass SchĂŒlerinnen und SchĂŒler verstĂ€ndliche, informative und medial interessant gestaltete PrĂ€sentationen durchaus schĂ€tzen und einfordern. Mit Blick auf die Erforschung der verstĂ€ndnisfördernden Wirkung von Abbildungen hebt Apel hervor, dass diese Wirkung vor allem von den subjektiven Voraussetzungen und Vorkenntnissen des Lerners abhĂ€ngt und erst in zweiter Linie von der jeweiligen Aufbereitung.
Im Praxisteil bietet der Band einen Ăberblick ĂŒber konkrete Ziele, Bedingungen und Techniken des Vortragens als darstellendem Sprechen, des Vormachens als professionellem Zeigen, des VorfĂŒhrens als didaktischem Tun sowie des Visualisierens als abstrahierendem Veranschaulichen. Dabei hat er nicht nur Lehrer-, sondern auch SchĂŒlerprĂ€sentationen im Blick, wenngleich spezifische Hinweise zu SchĂŒlerdarbietungen fehlen. Unterrichtsbeispiele gibt es nur in Form Ă€uĂerst knapper Szenarien, die jedem Kapitel vorangestellt sind. Als "KernstĂŒck des Unterrichtens" widmet sich Apel ausfĂŒhrlich dem VorfĂŒhren als einer komplexen Form des kombinierten Vortragens und Vormachens mit MedienunterstĂŒtzung.
Apel praktiziert selbst die Kunst der guten PrĂ€sentation, die den Rezipienten zu EigenaktivitĂ€t auffordert, ohne stĂ€ndig darauf hinzuweisen. So wird dem Leser/der Leserin das Aktivieren von Vorwissen und Erwartungen zu Beginn jedes Kapitel mittels einer grafisch herausgehobenen Einleitung erleichtert. Am Ende jedes Kapitels findet er/sie Aufgaben zur Vertiefung und Festigung des Textinhalts. Zentrale Erkenntnisse werden in Form von Schaubildern veranschaulicht. Dass der Band kein einziges Foto enthĂ€lt, ĂŒberrascht in diesem Zusammenhang allerdings. Hier hĂ€lt sich Apel eher an die Visualisierung als abstrahierende Veranschaulichung.
Band 4:
Der vierte Band enthĂ€lt neben den BeitrĂ€gen von Aepkers und Liebig, beide Fachdidaktiker an der UniversitĂ€t Hannover, Texte von sieben weiteren Autorinnen und Autoren, deren TĂ€tigkeitsgebiete leider nicht genannt werden. In dem recht knappen Vorwort wird in Aussicht gestellt, die altbekannten Konzepte des entdeckenden, forschenden und genetischen Lernens in ihren StĂ€rken und SchwĂ€chen beleuchten und Lehrenden mit Praxisbeispielen Anregungen geben zu wollen. Den zweiten Anspruch lösen die durchweg gut verstĂ€ndlichen BeitrĂ€ge weitgehend ein, den ersten mit gewissen Abstrichen. Die Frage, worin sich die drei Konzepte unterscheiden, muss sich der Leser oder die Leserin letztlich selbst beantworten.Sabine Liebig stellt die Grundlagen des entdeckenden Lernens auf konzentrierte Weise dar. Obgleich sie dabei die verschiedenen Wurzeln und AnsĂ€tze anfĂŒhrt, entsteht der Eindruck, als gĂ€be es das Konzept entdeckenden Lernens. Wie wenig das zutrifft, wird an den FolgebeitrĂ€gen deutlich. So skizziert Dagmar-Beatrice Gaedtke-Eckardt eine Unterrichtsreihe, in der das Nachgestalten von RunenstĂ€ben fĂŒr die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler zum Anlass fĂŒr Fragen nach der Kommunikation zur Wikingerzeit wird. Diese werden in einer Gruppenarbeit beantwortet, die entdeckendes Lernen vor allem bei der Informationsbeschaffung verlangt. Birgit Wenzel beschĂ€ftigt sich mit dem Einsatz selbst gebauter Modelle im Geschichtsunterricht. Mit Bezug auf ein Modell, das die NilĂŒberschwemmungen simuliert, arbeitet sie heraus, welche Merkmale von Modellen entdeckendes Lernen unterstĂŒtzen. Ein wesentlich umfassenderes VerstĂ€ndnis von entdeckendem Lernen liegt dem Bericht von Frido Brunhold ĂŒber das preisgekrönte Konzept der Grundschule Christazhofen zugrunde. Das Schulleben ist in allen Elementen so gestaltet, dass die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler "Demokratie entdecken und erleben" können. Der Bericht von Jens Winkel und Sabine Liebig ĂŒber ein virtuelles Seminar zum Thema "Entdeckendes Lernen" wirkt in dieser Folge wie ein Fremdkörper, da er ĂŒber die neue Organisationsform und deren Probleme informiert, jedoch nicht ĂŒber entdeckende Lernprozesse der Teilnehmer oder den inhaltlichen Ertrag der Lehrveranstaltung.
Gelungen ist der Versuch, dem Begriff des "forschenden Lernens" auf die Spur zu kommen. Michael Aepkers trĂ€gt dazu vielfĂ€ltige "Puzzleteile" zusammen, u.a. zum Forschungsbegriff, zu den Wurzeln des Konzepts, zur Abgrenzung vom entdeckenden Lernen, zu Phasen des Unterrichtsprozesses und zu Anforderungen an die LehrkrĂ€fte. Die "Leitlinien fĂŒr forschendes Lernen in der Schule" weisen einen realistischen, nicht durch ĂŒbertriebene Erwartungen ĂŒberfrachteten Zugang. Der Beitrag fĂŒhrt problemorientiert in die Thematik ein und bereitet so die folgenden PraxisbeitrĂ€ge vor. Wolfgang Fraedrich berichtet ĂŒber eine "Hochform" forschenden Lernens, ein sehr erfolgreiches Projekt beim Bundeswettbewerb "Jugend forscht", und Juliane Seger stellt mehrere Beispiele aus dem Sachunterricht unter Nutzung des auĂerschulischen Lernortes Zoo vor. Die beim Beobachten von Tieren aufkommenden Fragen werden aufgegriffen und die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler in die Entwicklung geeigneter Forschungsmethoden, z.B. zum Protokollieren von Raumbewegungen von Vögeln, einbezogen. Die Autorin belegt, dass sich bei den Grundschulkindern ein erstes VerstĂ€ndnis von Forschung entwickelt und verweist auf die hohen Anforderungen an die Kompetenzen der LehrkrĂ€fte.
Der Band wird abgeschlossen mit zwei AufsĂ€tzen von Susanne BrĂŒlls. Sie stellt das genetische Prinzip in der Didaktik Martin Wagenscheins verstĂ€ndlich vor und erlĂ€utert es an Beispielen aus dem Physikunterricht. Leider fehlt eine Auseinandersetzung mit der (fachdidaktischen) Kritik an Wagenschein. Der zweite Aufsatz zeigt, wie sich LehrkrĂ€fte auf eine Unterrichtseinheit zum Thema Schall im Sachunterricht vorbereiten können, wobei deutlich wird, dass genetisches Lernen â Wagenschein spricht allerdings vorzugsweise von Lehren â keine Unterrichtsvorbereitung im herkömmlichen Sinne, sondern die PrĂ€paration auf einen offenen, am jeweils einmaligen Erkenntnisweg einer Lerngruppe orientierten Unterricht verlangt.
Band 5:
Besonders empfohlen sei der fĂŒnfte Band der Reihe â eine EinfĂŒhrung in das "Lernen mit Multimedia und Internet", verfasst von dem MedienpĂ€dagogen Helmut Meschenmoser. LehrkrĂ€fte, fĂŒr die dieses Thema noch weitgehend Neuland ist, aber auch solche, die die didaktische Nutzung neuer Medien bisher individuell und "en passant" betrieben haben, bekommen hier einen gut lesbaren, theoretisch fundierten Ăberblick ĂŒber Möglichkeiten des methodischen Einsatzes von Internet und Multimedia im Dienste der SchulqualitĂ€tsentwicklung an ihrer Schule. Diesem Anliegen entsprechend gibt der Autor einleitend Hinweise zur Nutzung des Buches in der Lehrerausbildung und der kollegiumsinternen Fortbildung, insbesondere im Rahmen der Entwicklung eines schulischen Medienkonzeptes als Teil von Schulprogrammarbeit.In der Tat erscheint das Buch fĂŒr eine solche Nutzung sehr gut geeignet. Mit Hilfe der Aufgabenstellungen zu Beginn jedes Kapitels können Arbeitsgruppen zunĂ€chst ihre eigenen Erfahrungen und Positionen zum Thema bestimmen und diese dann im Laufe der weiteren LektĂŒre ĂŒberprĂŒfen und weiterentwickeln. So konfrontiert das erste Kapitel den Leser/die Leserin zunĂ€chst mit drei authentisch wirkenden Szenarien, die die Vielfalt gegenwĂ€rtig praktizierter und zukĂŒnftig denkbarer Nutzung "neuer" Medien in der Einzelschule widerspiegeln sollen. Dass es entscheidende "Wechselbeziehungen zwischen Unterrichtskonzepten und Ausstattung" (199) gibt, wird hier exemplarisch verdeutlicht. Helmut Meschenmoser fordert den Leser/die Leserin auf, anhand dieser Szenarien den Stand der Medienkonzeptentwicklung an der eigenen Schule bzw. an der Praktikumsschule zu reflektieren und sich der eigenen mediendidaktischen Haltung zu vergewissern. Diese Reflexion ist als Ausgangspunkt und stĂ€ndiger RĂŒckbezug fĂŒr die LektĂŒre der weiteren Kapitel gedacht.
Die nun folgenden Kapitel können â je nach Interesse â in beliebiger Reihenfolge ausgewĂ€hlt, gelesen und bearbeitet werden. In ihnen werden zum einen grundlegende Fragen der MedienpĂ€dagogik, der Lern- und Erkenntnistheorie sowie bildungspolitische Forderungen nach einer Förderung des Lernens mit "neuen" Medien erörtert. Zum anderen werden verschiedene didaktisch-methodische Handlungsfelder des Medieneinsatzes dargestellt, u.a. die Bewertung von Unterrichtssoftware, die Differenzierung und Individualisierung durch Medieneinsatz, Wissensmanagement, Lernen im Netz und die konzeptionell reflektierte Ausstattung von Lernumgebungen.
Als Anregung zur praktischen Umsetzung bzw. zur Vertiefung der LektĂŒre findet der Leser/die Leserin â jeweils an passender Stelle â ausfĂŒhrlich kommentierte Verweise auf einschlĂ€gige Internetseiten, BroschĂŒren, BĂŒcher, PC-Programme und Schulentwicklungsprojekte. Als wichtiges Auswahlkriterium bezeichnet der Autor dabei "die EinschĂ€tzung der NĂŒtzlichkeit und Handhabbarkeit fĂŒr Studierende und LehramtsanwĂ€rter aller Schulformen und Fachrichtungen" (3). Weitere Aufgaben an anderer Stelle laden zur Vertiefung ein. So wird beispielsweise in einem Unterkapitel, in dem es um "Hypertexte â Vernetzung von Sinnstrukturen" geht, dazu aufgefordert, den Online-Kurs "Treffer-Internetrecherche mit Erfolg" fĂŒr Lernende ab der 9. Klasse im Internet zu testen.
Diese aus unserer Sicht wirklich anregenden Aufgaben und Literaturhinweise dĂŒrften sich fĂŒr die Arbeit in Seminaren mit Lehramtsstudierenden und Referendaren hervorragend nutzen lassen. Inhaltlich vermisst haben wir lediglich eine ausfĂŒhrlichere BerĂŒcksichtigung der Chancen und Probleme bei der Nutzung von Internet und Multimedia im Rahmen internationaler Schul- und Unterrichtsprojekte.
In seiner abschlieĂenden Zusammenfassung der aufgezeigten Perspektiven fĂŒr die weitere Entwicklung der Nutzung von Multimedia und Internet plĂ€diert Meschenmoser fĂŒr die Einrichtung und kontinuierliche konzeptionelle Arbeit von "Medienkonferenzen" an jeder Einzelschule. Doch nicht nur ihnen, sondern jeder Lehrkraft sollte die Aufgabe zukommen, die Auswahl von Unterrichtsmedien zukĂŒnftig verstĂ€rkt nach folgenden Kriterien auszuwĂ€hlen:
- Eröffnung von Möglichkeiten zur Unterrichtsentwicklung im Hinblick auf kommunikative Sozialformen und individuelle Förderung,
- Förderung von SchĂŒlerpartizipation durch Mediennutzung,
- Möglichkeiten zur VerÀnderung, Anpassung und Kombination des Mediums
Hier wird abschlieĂend noch einmal deutlich, dass der Band Anregungen zur Reflexion des Einsatzes "neuer" und "alter" Medien im Rahmen eines umfassenden Medienkonzeptes gibt, wenngleich sich der Autor ĂŒberwiegend auf computergestĂŒtzte Medien bezieht.
Band 6:
NachdrĂŒcklich zu empfehlen ist auch der sechste Band der Reihe mit dem Titel "Projektunterricht gestalten â Schule verĂ€ndern". Er kreist um die Frage: Welchen Beitrag kann und soll Projektunterricht gegenwĂ€rtig und zukĂŒnftig im Rahmen von Schulentwicklung an der Einzelschule leisten? Die Autoren Wolfgang Emer und Klaus-Dieter Lenzen beziehen sich auf ihre langjĂ€hrigen Erfahrungen mit der praktischen Erprobung von Projektunterricht und deren wissenschaftlicher Reflexion an zwei staatlichen Versuchsschulen: der Bielefelder Laborschule und dem Oberstufen-Kolleg Bielefeld. Mit dem Band beanspruchen sie, trotz der FĂŒlle theoretischer EinfĂŒhrungen und Beispielsammlungen zum Thema Projektunterricht etwas Neues zu bieten, und diesen Anspruch lösen sie auch ĂŒberzeugend ein. So nĂ€hern sich die Autoren dem Thema "vorzugsweise von einer mittleren Ebene, der der Didaktik und Vermittlung" (2) von Projektunterricht im Rahmen von Lehrerbildung und Schulentwicklung.Die ideen- und praxisgeschichtliche Einordnung des Projektunterrichts im ersten Kapitel schlieĂt mit der Feststellung, dass er gegenwĂ€rtig eine widersprĂŒchliche Stellung zwischen Integration in den regulĂ€ren Schulbetrieb und Irritation des bestehenden Schulbetriebs inne habe. Aus dieser Position heraus könne er innovatives Potential entfalten, wenn er â in Anlehnung an eine Forderung Manfred Bönschs â didaktisch-methodisch weiter fundiert und damit auch zunehmend lehr- und lernbar gemacht werde.
In den folgenden Kapiteln liefern die Autoren Bausteine eines solchen didaktisch-methodischen Fundaments. Dabei folgen sie dem Prinzip, Projektbeschreibungen "als Lehr- und LernstĂŒcke" (190) zu verwenden, mit deren Hilfe die Kompetenzerweiterung des Lesers/der Leserin in der Projektgestaltung angeregt werden soll. So werden die Themen der ersten drei Kapitel â "Projektunterricht einordnen", "Schulentwicklung durch Projektunterricht gestalten", "Projektunterricht methodisch entfalten" â immer mit RĂŒckbezug auf einzelne Beispiele erörtert. Mit Blick auf den Titel des Bandes interessiert vor allem das zweite Kapitel. Es veranschaulicht das innovative Potential von Projektunterricht in spezifischen Bereichen aktueller Schulentwicklung, etwa in punkto Lernen in heterogenen Gruppen, Leistungsbewertung und kommunaler Vernetzung. Die methodischen Ăberlegungen machen vor allem deutlich, dass die Autoren dem Modell frei wĂ€hlbarer Projektgruppen den Vorzug geben, das in einen gesamtschulischen PrĂ€sentationstag mĂŒndet.
In Kapitel 4 schlieĂlich besteht die Aufgabe des Lesers/der Leserin explizit darin, "Projektunterricht aus Beispielen zu erschlieĂen". Diese Beispiele werden fast alle durch Fotos bzw. Projektmaterialien veranschaulicht. ZunĂ€chst skizzieren die Autoren Projekte, die exemplarisch fĂŒr sieben zentrale Themen- und Handlungsbereiche des Projektunterrichts (z.B. "Regionales", "Internationales" und "Ăsthetisches") stehen. Es folgen ausfĂŒhrliche Projektbeschreibungen als Beispiele fĂŒr Projektarbeit auf den drei Schulstufen sowie fĂŒr die BĂŒndelung von Projektunterricht in einer Projektwoche. Am Ende des Kapitels wird der Leser/die Leserin aufgefordert, nach bestimmten Kriterien jeweils zwei der im Laufe des Kapitels dargestellten Projekte auszuwĂ€hlen und diese anhand eines fĂŒnfseitigen Fragen-/Aufgabenkatalogs 1) zu analysieren und zu bewerten, 2) auf eigene Projektplanungen zu beziehen und 3) diese Analyse als Anregung zur Erprobung bzw. Reflexion eigener Projekte zu nutzen. Der Katalog schlieĂt mit einer Liste von Handlungsempfehlungen "zum praktischen Umgang mit Grundproblemen des Projektunterrichts" (190) an der eigenen (Praktikums-)Schule. Zu Recht fordern die Autoren einen "produktiven Umgang mit gescheiterten Projekten" (192) ein. Wie ein solcher Umgang exemplarisch aussehen kann, wird aber leider nicht dargelegt.
Kapitel 5 systematisiert und konkretisiert Ăberlegungen zum Lehren und Lernen von Projektunterricht. Es enthĂ€lt knappe, aber hilfreiche VorschlĂ€ge zu Verfahren der "Projekt-Bildung", die sich primĂ€r auf die dritte Phase der Lehrerbildung â speziell im Kontext schulinterner Fortbildung â konzentrieren. Die Empfehlung zur Einrichtung einer "Projekt-Gruppe" im Kollegium erinnert an die in Band 5 der Reihe aufgestellte Forderung Meschenmosers nach der Einrichtung einer "Medienkonferenz" in jedem Kollegium. Angesichts dieser Parallele stellt sich die grundsĂ€tzlichere Frage, fĂŒr welche und wie viele didaktisch-methodischen Aspekte ein Kollegium Expertengruppen benennen kann, ohne sich selbst im Prozess der Schulentwicklung zu ĂŒberfordern.
In Bezug auf Studium und Referendariat reduzieren sich die abschlieĂenden Empfehlungen auf einen Fragenkatalog zur Anregung von Diskussionen ĂŒber die bildungspolitische StĂ€rkung des Projektunterrichts. Die im Anhang prĂ€sentierten "Materialien zur Projekt-Bildung" können aber wieder in allen Phasen der Lehrerbildung genutzt werden.
Unsere Einzelrezensionen haben gezeigt, dass sich die BĂ€nde in ihrer Gestaltung, aber auch in ihrer inhaltlichen QualitĂ€t deutlich unterscheiden. Das betrifft u.a. die Benutzerfreundlichkeit durch klare LeserfĂŒhrung, die Anregungen zur eigenen didaktischen Reflexion mittels AufgabenvorschlĂ€gen fĂŒr Seminare und Fortbildungen sowie die konkreten Impulse fĂŒr die aktuelle Schul- und Unterrichtsentwicklung. Nicht immer ist ein expliziter und vielfĂ€ltiger Bezug auf Schulstufen sowie FĂ€cher und Themenfelder erkennbar. SchlieĂlich wĂ€ren Angaben zu den Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkten der Autoren in allen BĂ€nden wĂŒnschenswert, um ihre Standpunkte und Perspektiven in die didaktisch-methodische Diskussion besser einordnen zu können.