Die Autorin identifiziert drei Phasen des "Bildungsuntergrunds":
- Eine "Phase dezentraler Aktivitäten (September 1939 bis Frühjahr 1940)", in der spontane und lokale Untergrundaktivitäten ohne zentrale Steuerung und gezielte Vorgaben der Exilregierung in London zu verzeichnen sind.
- Eine "konstituierende Phase (Frühjahr 1940 bis 1943)" mit der Ausbreitung eines Schulnetzes und der Etablierung einer zentralen Organisation aller Aktivitäten im Bildungsuntergrund.
- Eine "konzeptionelle Phase (1943 bis 1945)" in der Pläne und Strukturen für den Wiederaufbau des polnischen Schulwesens nach Kriegsende konzipiert werden.
Der Erfolg des Bildungsuntergrunds kann nicht vor allem an der Zahl der Abschlüsse, der beteiligten Schüler oder der Lehrer gemessen werden, sondern am Beitrag des Bildungsuntergrunds an der "Selbstbehauptung" (Kleßmann) der polnischen Nation unter den Bedingungen der – sieht man von der Sowjetunion ab – in Polen brutalsten und mörderischsten Besatzungspolitik während des Zweiten Weltkriegs. Trotzdem: nicht zuletzt dank des Bildungsuntergrunds konnten in der unmittelbaren Nachkriegszeit viele Abschlüsse schnell erreicht werden und so haben die geheimen Schulen einen unbestreitbaren Beitrag zum Wiederaufbau des Landes geliefert.
Die Darstellung der "Auswirkungen" des Bildungsuntergrunds auf die Schulpolitik der ersten Nachkriegsphase bleibt schwierig. Weite Teile der verschiedenen bildungspolitischen Positionen und Programme erinnern an diejenigen der Vorkriegszeit. Neue Akzente werden vor allem durch die anderen Machtverhältnisse der Akteure gesetzt. Über weite Strecken erinnern die Auseinandersetzungen an die zeitgleichen in Frankreich – insofern greift es zu kurz, sie auf den sowjetischen Einfluss zurückzuführen. Die Autorin stellt hier einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Religionsunterricht als schulischem Pflichtfach und dem sowjetischen Einfluss her – auch hier hätte ein Blick nach Frankreich andere Interpretationen erlaubt. Die Autorin stellt auch einen Zusammenhang zwischen einer "Priorisierung der mathematisch-naturwissenschaftlichen und technischen Bildungsstoffe in den neuen Lehrplänen" und einem "kommunistischen Bildungs- und Erziehungsauftrag" (280 f.) her, die genauso gut als Modernisierung begriffen werden könnte.
Der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Bildungsuntergrund und der Nachkriegsschulpolitik wird dann auch von der Autorin in einer "gesellschaftlichen Resistenz" gesehen, die sie als "langfristige Wirkung" (305) des Bildungsuntergrunds ortet. Vieles bleibt hier spekulativ, solange nicht in vergleichenden Analysen spezifische "Auswirkungen" polnischer widerständiger Traditionen identifiziert werden können.
Ärgerlich sind eine Vielzahl unvollständiger oder unverständlicher Sätze, ein unvollständiges Abkürzungsverzeichnis (es fehlen z. B. RSHA, GKOiK oder RKF) sowie eine Tabelle auf S. 81, die laut Verzeichnis auf S. 75 stehen sollte. Ein bisschen mehr Sorgfalt bei der Manuskripterstellung oder des Lektorats hätte nicht geschadet.