EWR 2 (2003), Nr. 1 (Januar 2003)

Wilma Aden-Grossmann
Kindergarten
Eine Einführung in seine Entwicklung und Pädagogik
Weinheim und Basel: Beltz Verlag 2002
(340 Seiten; ISBN 3-407-22111-8; 14,90 EUR)
Kindergarten Das Buch von Aden-Grossmann ist keine Neuerscheinung, sondern eine mit Aktualisierungen versehene Neuauflage von "KinderGarten – Eine historisch-systematische Einführung in seine Entwicklung und Pädagogik" (Beltz 1987). Der Anspruch, "historisch-systematisch" zu sein, ist zu Recht fallen gelassen worden.

Studierende oder anderweitig Interessierte finden hier einen raschen und gut lesbaren Zugang zur Pädagogik der institutionellen Erziehung kleiner Kinder. Der Band ist gegliedert in 17 Kapitel (I: Die Entstehung der institutionellen Kleinkindererziehung; II: Der Fröbelsche Kindergarten; III: Die Stellung des Kindergartens in der Republik von Weimar; IV: Der Einfluss der Psychoanalyse auf die Kindergartenpädagogik; V: Montessoris Konzeption einer Elementarerziehung; VI: Der Kindergarten im Dritten Reich; VII: Die Entwicklung des Kindergartens von 1945 bis 1970; VIII: Neue Elterninitiativen; IX Der Waldorfkindergarten; X: Die Reform des Kindergartens; XI: Curriculare Entwicklungen; XII: Der pädagogische Alltag im Kindergarten; XIII: Interkulturelle Erziehung; XIV: Der Kindergarten in der DDR; XV: Der Kindergarten – eine Einrichtung der öffentlichen und privaten Wohlfahrtspflege; XVI: Die Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte; XVII: Fazit und Perspektiven) und enthält ein umfangreiches Literaturverzeichnis, ein Personenverzeichnis und einige Abbildungen. Es handelt sich um einen Einstiegstext zur Geschichte und zum gegenwärtigen Stand der nebenfamilialen Kleinkind-Erziehung in Deutschland.

Für die akademische Ausbildung ist er allerdinsg nur bedingt geeignet. Es fehlt ein Sachregister und das Literaturverzeichnis ist veraltet. Hinweise auf Quelleneditionen fehlen (etwa: E. Dammann u. H. Prüser, Hg.: Quellen zur Kleinkindererziehung. Die Entwicklung der Kleinkinderschule und des Kindergartens, 1981). Eine kurze Einführung in den Forschungsstand und die weitere Literaturlage wäre angebracht gewesen. Der Band sollte nur von DozentInnen eingesetzt werden, die sich in der Geschichte der öffentlichen (privat oder kommunal getragenen) Kleinkinderziehung wie auch in der gegenwärtigen konzeptionellen Landschaft gut auskennen, um einige willkürliche Schwerpunktsetzungen oder wenig nachvollziehbare Auslassungen korrigieren zu können. Beispiele:

Von den zwei Funktionen, die Aden-Grossmann den Einrichtungen der öffentlichen Kleinkindererziehung in ihrer Entstehungsphase zuordnet, ist eine völlig aus der Luft gegriffen, wonach sie "einen allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag erfüllen (sollten), der den neuen Bedürfnissen des sich von der Vorherrschaft des Adels emanzipierenden Bürgertums entsprach" (S. 21). Welche "neuen Bedürfnisse" brachte der Emanzipationsprozess hervor, und was haben sie mit einem angeblich "allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag" zu tun; wer soll diesen "Auftrag" eigentlich ausgesprochen haben?

Fröbels Spielpädagogik wird viel zu kognitivistisch und sein "Kinder-Garten" zu separatistisch gedeutet.

Der Volkskindergarten des Pestalozzi-Fröbel-Hauses (PFH) in Berlin wird nur flüchtig gestreift. In Anbetracht der zahlreichen Reformimpulse, die für die Kleinkindpädagogik und für die Kindergärtnerinnen-Ausbildung von ihm ausgingen, wäre ein eigenes Kapitel unverzichtbar gewesen. Die bedeutende Fröbel-Schülerin Henriette Schrader-Breymann, die wesentlich an der Ausgestaltung der Pädagogik des PFH beteiligt war, wird nur an einer Stelle erwähnt (S. 302). Dafür erhalten die Psychoanalyse, Vera Schmidt und Nelly Wolffheim in einem eigenen Kapitel (S. 63-82) einen Einfluss auf die Kindergartenpädagogik zugesprochen, den sie nicht hatten.

Die Anstöße, die von der Reggio-Pädagogik für die Kleinkindpädagogik in Deutschland ausgingen, werden den LeserInnen ebenso vorenthalten, wie die neuere Diskussion um die "Early Excellence Centres".

Der gegenwärtige evaluative Zugang der Forschung zur Kindergartenrealität (Qualitätsdiskussion) bleibt im Hinblick auf die pädagogisch-konzeptionelle Qualität unreflektiert.

Qualitätsurteil: Bedingt einsetzbar.
JĂĽrgen Reyer (Erfurt)
Zur Zitierweise der Rezension:
JĂĽrgen Reyer: Rezension von: Aden-Grossmann, Wilma: Kindergarten, Eine EinfĂĽhrung in seine Entwicklung und Pädagogik, Weinheim und Basel: Beltz Verlag 2002. In: EWR 2 (2003), Nr. 1 (Veröffentlicht am 01.01.2003), URL: http://klinkhardt.de/ewr/40722111.html