Das Lebenslange Lernen hat nach wie vor Hochkonjunktur. Die Bildungspolitik hat sich die Entwicklung der Lerngesellschaft auf die Fahnen geschrieben, in der sich Menschen durch lebenslange Bildung und Weiterbildung immer wieder den veränderten Gegebenheiten anpassen. In Zeiten schneller Veränderungen bedeutet dies, dass in der Weiterbildung die Individualisierungsprozesse, die in der Gesellschaft zu beobachten sind, aufgegriffen und auch dem wachsenden Einfluss von Medien und Informationssystemen Rechnung getragen werden muss. Dies geht einher mit der Diskussion um stärkere Selbststeuerung und mehr Selbstorganisation beim Lernen, was wiederum als Voraussetzung für Lebenslanges Lernen proklamiert wird. Diese Entwicklung geht auch an der betrieblichen Weiterbildung nicht spurlos vorüber, da sich hier noch stärker als in anderen Bereichen eine Schnittstelle zwischen lebenslangem Lernen und wirtschaftlichen Interessen herausbildet. Die Verkürzung der Lernzeiten, eine Reduktion der Ausgaben für Personal beispielsweise durch Online-Lernen sowie möglichst genau an die Lernbedürfnisse angepasste Weiterbildungen sind gerade für kleine und mittlere Unternehmen, in denen die für Personalentwicklung zur Verfügung stehenden Mittel oft sehr begrenzt sind, äußerst relevant.
Der Sammelband "Betriebliche Weiterbildung" befasst sich nun mit diesem Themenkreis, und ist dabei bestrebt, ein möglichst vielschichtiges Bild der Weiterbildung in Betrieben zu präsentieren. Dabei geht es nicht nur darum, den aktuellen Bestand aufzunehmen und dabei wie bereits in zahlreichen älteren Publikationen Defizite aufzudecken. Vielmehr erheben die Autoren den Anspruch, einen Beitrag zum Schließen der vorhandenen empirischen und theoretischen Lücken zu leisten. Der Fokus liegt demnach auf anderenorts weniger ausführlich behandelten Themen, wie Weiterbildung und Lernen im Prozess der Arbeit in kleinsten, kleineren und mittleren Unternehmen (Goltz, 52 ff.). Ziel ist es, Aspekte zu thematisieren und systematisch zu beleuchten. Zudem werden Betrachtungsansätze gewählt, die bislang noch nicht ins Blickfeld des breiten Fachpublikums gerückt wurden, wie z.B. eine theoretische Reflexion von Managementweiterbildungen (Büser, 263 ff.).
Ein weiteres Thema sind Kooperationen zwischen Unternehmen und Weiterbildungsträgern. Kooperationen könnten Chancen zur institutionellen Weiterentwicklung bieten und gleichzeitig die Attraktivität der beteiligten Unternehmen für potentielle Mitarbeiter erhöhen. Vernetzungsforderungen an Weiterbildungsträger werden verschiedentlich auch von politischer Seite gestellt und in Modellprojekten erprobt. Weil (97ff.) geht auf konkrete Kooperationsmöglichkeiten zwischen Betrieben und Weiterbildungseinrichtungen ein.
An anderer Stelle werden Trends aufgegriffen, die auch in angrenzenden Fachgebieten zu beobachten sind. Dazu gehört die Biografieforschung, die hier unter der Fragestellung der Erwerbsbiografie und deren Wechselbeziehung zur Betrieblichen Weiterbildung betrachtet wird (Iller, 113 ff.), ebenso wie Employability als neues, aber vermutlich in Zukunft an Bedeutung gewinnendes Thema (Kraus, 169 ff.). Hinzu kommen Themen, die durchaus schon als Klassiker bezeichnet werden können, wie Organisationsentwicklung (Bank, 213ff.) und Qualitätsmanagement (Jütte, 229ff.), wobei die Autoren bestrebt sind, jeweils neue Blickrichtungen zu eröffnen oder bislang vernachlässigte Aspekte mit einzubeziehen.
Zur Gestaltung des Buches: Die Beiträge wurden dem Untertitel des Buches folgend drei Thementeilen zugeordnet. Eine ausführliche Einleitung der Herausgeber erleichtert die Orientierung. Die bibliografischen Hinweise schließen sich direkt an die einzelnen Kapitel an. Anmerkungen sind in Form von Fußnoten auf der betreffenden Seite zu finden. Die meisten Beiträge enthalten Abbildungen, die in angemessener Form zur Illustration des Textes beitragen. Leider wurde kein Sachregister erstellt, was die schnelle Suche nach einzelnen Schlagworten deutlich erschwert.
"Betriebliche Weiterbildung" leuchtet bislang wenig beachtete Aspekte aus, wirft aber auch eine Reihe von Fragen auf, die (noch) unbeantwortet bleiben, aber eine weitere Beschäftigung mit den jeweiligen Themen anregen. Nicht zuletzt durch die gute Lesbarkeit auch der empirisch angelegten Beiträge wird das Werk sowohl für Forscher als auch für Praktiker und Vertreter angrenzender Fachgebiete zur anregenden und empfehlenswerten Lektüre.
EWR 3 (2004), Nr. 4 (Juli/August 2004)
Betriebliche Weiterbildung
Empirische Befunde, theoretische Perspektiven und aktuelle Herausforderungen
Bern: h.e.p. 2004
(218 Seiten; ISBN 3-03905-041-9; 29,00 EUR)
Claudia Nounla (Leipzig)
Zur Zitierweise der Rezension:
Claudia Nounla: Rezension von: Gonon, Philipp / Stolz, Stefanie (Hg.): Betriebliche Weiterbildung, Empirische Befunde, theoretische Perspektiven und aktuelle Herausforderungen, Bern: h.e.p. 2004. In: EWR 3 (2004), Nr. 4 (Veröffentlicht am 05.08.2004), URL: http://klinkhardt.de/ewr/03905041.html
Claudia Nounla: Rezension von: Gonon, Philipp / Stolz, Stefanie (Hg.): Betriebliche Weiterbildung, Empirische Befunde, theoretische Perspektiven und aktuelle Herausforderungen, Bern: h.e.p. 2004. In: EWR 3 (2004), Nr. 4 (Veröffentlicht am 05.08.2004), URL: http://klinkhardt.de/ewr/03905041.html