EWR 3 (2004), Nr. 3 (Mai/Juni 2004)

Historische Erziehungswissenschaft – Ein (RĂŒck-)Blick auf die Literatur 2003

Inhalt:

I. Einleitung
II. Zur Systematisierung und Analyse der Publikationen
III. Folgerungen
IV. Kurzbesprechungen
V. Bibliografie



I. Einleitung
Dass die Geschichte der Erziehung ein wichtiger Forschungsbereich ist, ist fĂŒr diejenigen, die in diesem Bereich tĂ€tig sind, eine SelbstverstĂ€ndlichkeit. Doch hat die Historische Bildungsforschung immer wieder Legitimationsprobleme. So gibt es zwar an fast allen deutschen UniversitĂ€ten erziehungswissenschaftliche HauptfachstudiengĂ€nge bzw. ein erziehungswissenschaftliches Begleitstudium fĂŒr LehramtsanwĂ€rterinnen und LehramtsanwĂ€rter, und bei fast allen diesen StudiengĂ€ngen sind historische Anteile in den Studienordnungen vorgesehen. Deren Verbindlichkeit variiert jedoch erheblich. Dazu kommt, dass es nur an 20 von ĂŒber 60 UniversitĂ€ten in der Bundesrepublik Professuren gibt, die explizit fĂŒr Historische Erziehungswissenschaft ausgewiesen sind, von denen einige zudem mit anderen Teilgebieten der Erziehungswissenschaft (v.a. Allgemeine Erziehungswissenschaft, aber auch GrundschulpĂ€dagogik, Geschlechterforschung, Forschungsmethoden) verbunden sind. Allerdings weiß man auch, dass die Zahl der historisch arbeitenden Kolleginnen und Kollegen um einiges grĂ¶ĂŸer ist als die Zahl der Professuren im Bereich der Historischen Erziehungswissenschaft – was sich auch an der Mitgliederzahl der Sektion Historische Bildungsforschung der Deutschen Gesellschaft fĂŒr Erziehungswissenschaft ablesen lĂ€sst.

Die mangelnde Legitimation ist u.a. eine Folge der nicht vollstĂ€ndig erfolgten Ausdifferenzierung der Historischen Erziehungswissenschaft. Die Notwendigkeit der Spezialisierung, um im Bereich der historischen Forschung auf dem Laufenden zu bleiben, wird allzuoft kaum wahrgenommen. Im Gegenteil wird nicht selten unterstellt, dass fĂŒr die historisch-erziehungswissenschaftliche Arbeit keine besondere Schwerpunktsetzung und Methodenkenntnis nötig sei. Die Tradition der historisch-systematischen Arbeiten, vornehmlich in der Allgemeinen PĂ€dagogik, aber auch in der SchulpĂ€dagogik, in denen die Historie meist lediglich als Reservoir fĂŒr systematische Debatten dient(e), hat dazu nicht unwesentlich beigetragen. Sieht man sich die einschlĂ€gigen BĂŒcher zur "Geschichte der PĂ€dagogik" oder "Geschichte der Erziehung" an, dann findet man durchweg in den Ă€lteren und zuweilen auch in neueren BĂ€nden hagiographische Klassikerdarstellungen, NacherzĂ€hlungen von pĂ€dagogischen Hauptwerken sowie die Darstellung der PĂ€dagogik der Administration, der Normsetzung, der Planungsperspektive und der Propaganda. Die inzwischen zahlreich vorhandenen Studien zur Entwicklung des Bildungssystems, zur Erziehung in der Familie, zu Kindheit und Jugend etc. werden oft außer Acht gelassen, noch viel mehr gilt dies fĂŒr andere Teilbereiche der Erziehungswissenschaft, d.h. fĂŒr sozialpĂ€dagogische, sonderpĂ€dagogische, erwachsenenbildnerische, berufspĂ€dagogische Probleme, Institutionen und Praxen.

Dabei ist es heute nicht mehr so, dass die Historische Erziehungswissenschaft die Entwicklungen der allgemeinen Geschichtsschreibung nur oberflĂ€chlich zur Kenntnis nimmt, oder dass historische Darstellungen mit dem Ziel der Bildung eines pĂ€dagogischen Ethos bei den Studierenden publiziert werden. Im Gegenteil: es lĂ€sst sich eine Tendenz zur Theoretisierung der historischen Erziehungs- und Bildungsforschung feststellen, der allerdings bisweilen die genuin erziehungs- und bildungstheoretische Perspektive zugunsten von sozialwissenschaftlichen Theorien verlorengegangen zu sein scheint. Damit soll freilich nicht einer RĂŒckkehr zu einer traditionellen und oft wenig befriedigenden historischen PĂ€dagogik das Wort geredet werden. Es erscheint mir aber nötig, die Eigenart einer die eigenen Grundbegriffe theoretisch und methodisch reflektierenden historischen Erforschung von Erziehung und Bildung zu betonen.

GegenĂŒber der aktuellen erziehungswissenschaftlichen Forschung hat die Historische Erziehungswissenschaft einen unbestreitbaren Vorteil: Sie kann als Wirkungsforschung angelegt werden, sind doch in aller Regel die Programme und Handlungen, die Entwicklungen und Prozesse, die hier untersucht werden, abgeschlossen. Die Auswirkungen von Entscheidungen, z.B. von Bildungsgangentscheidungen beim Übergang zu weiterfĂŒhrenden Schulen, können sowohl in subjektiver als auch in (sozial-)struktureller Perspektive untersucht werden. Daraus lassen sich dann zwar keine HandlungsvorschlĂ€ge ableiten, aber immerhin doch Probleme benennen und Risiken abschĂ€tzen – und das ist wesentlich mehr als die meisten Forschungsprojekte von sich behaupten können, die z.Zt. aus dem Boden gestampft werden, um auf aktuelle Probleme zu reagieren – PISA und die Folgen lautet das Stichwort dazu.

Geschichte der Erziehung ist also kein Selbstzweck, aber ihr Zweck und Nutzen lassen sich nur mittelbar erschließen. Die Ergebnisse der historischen Forschung bieten dann einen Fundus an Erkenntnissen ĂŒber Probleme und ProzessverlĂ€ufe, ĂŒber ZusammenhĂ€nge zwischen Intentionen, Handlungen und Ergebnissen ex post facto. In diesem Sinne hat sich die Historische Erziehungswissenschaft in den letzten Jahrzehnten zu einer forschungsorientierten erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin entwickelt, mit bedeutsamen Erkenntnissen ĂŒber historische Prozesse und Entwicklungen im Hinblick auf Erziehung, Bildung und Sozialisation.

Wie sich die Historische Forschung in der Erziehungswissenschaft in theoretischer Hinsicht versteht – als Kulturgeschichte oder Sozialgeschichte oder Alltagsgeschichte usw. – und welche Forschungsmethoden sie verwendet – quantitative oder qualitative –, ist abhĂ€ngig von der je speziellen Frage, dem Gegenstand und dem zur VerfĂŒgung stehenden Material und muss sich in den jeweiligen Reichweiten und Grenzen behaupten, die damit verbunden sind. Eine dogmatische Entscheidung fĂŒr eine Richtung ist nicht angebracht, sondern eher eine BĂŒndelung verschiedener theoretischer und methodischer ZugĂ€nge.

Die erziehungs- und bildungshistorische Forschung befasst sich mit den ErziehungsverhÀltnissen sowie mit Bildungs- und Sozialisationsprozessen und ihren gesellschaftlichen und individuellen Voraussetzungen und Institutionen. Dazu zÀhlt auch die Geschichte der Erziehungswissenschaft selbst.

II. Zur Systematisierung und Analyse der Publikationen
Im RĂŒckblick auf die Buchproduktion sowie auf AufsĂ€tze des Jahres 2003 im Bereich der historischen Erziehungs-, Bildungs- und Sozialisationsforschung kann man eine recht umfangreiche ForschungstĂ€tigkeit feststellen. In einer Übersicht, die anhand der BestĂ€nde der Bibliothek fĂŒr Bildungsgeschichtliche Forschung erstellt wurde, finden sich rund 250 einschlĂ€gige Buchpublikationen vornehmlich aus Deutschland, aber auch aus Österreich und der Schweiz sowie einige Publikationen aus dem angelsĂ€chsischen und dem französischen Bereich, die aber selbstverstĂ€ndlich nicht vollstĂ€ndig sind.

Diese Publikationen wurden anhand einer Einteilung von Josef Dolch systematisiert. Dolch hat 1930 in seinem Aufsatz "GegenstĂ€nde und Formen der PĂ€dagogischen Geschichtsschreibung" (Zeitschrift fĂŒr Geschichte der Erziehung und des Unterrichts 20 (1930), S. 275ff.) folgende vier Gegenstandsbereiche unterschieden:

  1. eine Geschichte der pĂ€dagogischen "VerhĂ€ltnisse und Einrichtungen", die er als "Zustandsgeschichte" bezeichnete (Beispiele aus meinem Sample: Uwe Uhlendorff zur Geschichte des Jugendamtes oder Friedhelm SchĂŒtte ĂŒber das Technische Bildungswesen in Preußen-Deutschland 1890 - 1938);
  2. eine Geschichte der "darĂŒber bestehenden Meinungen", kurz gefasst als Lehrgeschichte (Beispiel: Thomas Gatzemanns Studie ĂŒber "Das Projekt der ideologisch-verwissenschaftlichten Menschenbildung. Bildungstheoretisch-problemgeschichtliche Analysen zu Indoktrination und politischer Bildung in Deutschland zwischen 1945 und 1970");
  3. eine "Geschichte derjenigen Personen ..., welche sich auf diesem Gebiet besonders wirksam und erfolgreich betĂ€tigt haben", die Dolch "mangels eines anderen passenden Ausdrucks" mit dem Terminus "Heldengeschichte" belegt hat (Beispiel: Alexander Askenasy: Otto Schumann 1888 - 1950. Ein Schulmeister in den Zerreißproben seiner Zeit. Erinnerungen seiner SchĂŒler); sowie
  4. eine "Geschichte der Denker und Forscher hierĂŒber", die nahe liegender weise als "Denkergeschichte" bezeichnet wird (Beispiel: Ute Promies ĂŒber "Karl Gutzkow – Romanautor und kritischer PĂ€dagoge" des 19. Jahrhunderts oder Heinz-Elmar Tenorths Neuausgabe der "Klassiker der PĂ€dagogik" von Erasmus bis Paulo Freire).

ZusĂ€tzlich zu der Dolchschen Einteilung werden die BĂ€nde herausgehoben, deren Thema die Historiographie der Erziehung selbst ist (Beispiel dazu: Friedhelm Nyssen/Peter JĂŒngst (Hrsg.): Kritik der Psychohistorie).

Diese analytisch klar abgrenzbaren Bereiche sind in vielen Darstellungen nicht eindeutig zu trennen. So werden Zustands- und Heldengeschichte oft gemeinsam behandelt, ebenso wie die Lehr- und Denkergeschichte. Hinzu kommt, dass die Unterscheidung zwischen Helden- und Denkergeschichte oft nicht durchgefĂŒhrt werden kann, da die praktische PĂ€dagogik und die Reflexion darĂŒber in der Darstellung von PĂ€dagogen hĂ€ufig verschrĂ€nkt werden – das berĂŒhmteste Beispiel hierfĂŒr ist Pestalozzi. Der Überblick ĂŒber die ca. 250 einschlĂ€gigen BĂŒcher des Jahres 2003 ist auch von solchen Überschneidungen gekennzeichnet. Zum einen wurden die Kategorien Helden- und Denkergeschichte zusammengefasst und zweitens wurden Mehrfachzuordnungen zugelassen, also BĂŒcher, die sich sowohl mit einer Person als auch mit deren Praxis oder Theorie befasst haben, mehrfach gezĂ€hlt (wenn sich die folgenden Prozentangaben also auf einen Wert grĂ¶ĂŸer als 100 summieren, so ist dies kein Fehler, sondern eine Folge der Mehrfachzuordnungen).

Die Einteilung der einschlĂ€gigen Buchveröffentlichungen des Jahres 2003 zeigt mit mehr als 85 % eine deutliche PrĂ€ferenz fĂŒr "Zustandsgeschichten", d.h. fĂŒr Studien ĂŒber Institutionen und die ErziehungsverhĂ€ltnisse insgesamt. Die Studien zur Geschichte der Erziehungswissenschaft resp. des pĂ€dagogischen Denkens machen etwa 15 % der Monographien und SammelbĂ€nde, die Arbeiten zu den Helden und Denkern etwa 10 %, die Publikationen, die sich mit der erziehungswissenschaftlichen Historiographie selbst, ihren Theorien und/oder Methoden befassen, lediglich ca. 1,5 % aus.

Differenziert man die Veröffentlichungen genauer im Hinblick auf die Themen, kommt man zu dem nicht ĂŒberraschenden Ergebnis, dass die historischen Arbeiten zur Schule deutlich die Mehrheit bilden. Ebenfalls noch recht hĂ€ufig sind Studien zur UniversitĂ€tsgeschichte, zur Geschichte von Kindheit und Jugend, zu einzelnen Helden und Denkern und ihrem Wirken, zu sozialpĂ€dagogischen Institutionen, zur MĂ€dchen- und Frauenbildung sowie schließlich zur Erziehungswissenschaft selbst. (Auch hier gibt es Mehrfachzuordnungen!)

Die BeitrĂ€ge zur Schulgeschichte sind u.a. deswegen so zahlreich, weil viele Schulen runde JubilĂ€en zum Anlass fĂŒr mehr oder weniger wissenschaftlich erarbeitete Festschriften nutzen: von 39 Festschriften insgesamt sind 27 aus Anlass von SchuljubilĂ€en entstanden. WĂŒrde man diese von der Gesamtzahl der schulbezogenen Arbeiten abrechnen, wĂ€ren in dieser Rubrik zwar immer noch die meisten Veröffentlichungen zu vermerken, aber die Relation zu den anderen Themen wĂŒrde sich deutlich Ă€ndern.

Die Schul- und UniversitĂ€tsgeschichte sowie die Geschichte der Lehrer, der "Helden und Denker und der Erziehungswissenschaft sind "klassische" Bereiche der erziehungs- und bildungshistorischen Forschung, die ihr lange Zeit die Kritik der Einseitigkeit eingetragen haben. Nimmt man die Publikationen des Jahres 2003 fĂŒr diese Bereiche zusammen, zeigt sich, dass etwa die HĂ€lfte aller einschlĂ€gigen Publikationen in diesen Themenbereichen angesiedelt war. Angesichts der Tradition des Faches, das noch vor wenigen Jahrzehnten fast ausschließlich als Schulgeschichte oder Klassikerexegese firmierte, ist dies ein Wert, der die Umorientierung der Forschung anzeigt, zumal dann, wenn man die "Festschriften" abzieht.

Neben der inhaltlichen Schwerpunktsetzung ist von Interesse, welche historischen ZeitrĂ€ume behandelt werden. Der Vorwurf an die Historische Erziehungswissenschaft, sie beschĂ€ftige sich vorrangig mit der Zeit seit der AufklĂ€rung, lĂ€sst sich anhand des Überblicks erhĂ€rten, auch wenn doch eine durchaus nennenswerte Zahl von Studien zur Vormoderne und hier v.a. zur FrĂŒhen Neuzeit vorliegt, wobei hier insbesondere das "pĂ€dagogische" 18. Jahrhundert bearbeitet wird.

Die meisten Studien sind allerdings der Moderne gewidmet, fĂŒr die hier das Grenzjahr 1800 gewĂ€hlt wurde. Innerhalb dieses Zeitraumes von etwas mehr als 200 Jahren ist in mehr als der HĂ€lfte der Veröffentlichungen ausschließlich die Zeit seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert Gegenstand, wovon wiederum 39 Veröffentlichungen zur deutschen Erziehungs- und Bildungsgeschichte sich den Jahren der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus zuwenden und 52 die Nachkriegszeit thematisieren. Ausschließlich der Erziehungs- und Bildungsgeschichte wĂ€hrend der Herrschaft des Nationalsozialismus sind 24 Arbeiten gewidmet und von den Nachkriegsarbeiten befassen sich 25 ausschließlich mit der DDR und 26 mit der BRD.

Zuletzt soll noch kurz die methodische Ausrichtung der Arbeiten angesprochen werden. Als Fallstudien – zu einzelnen Institutionen wie Schulen oder UniversitĂ€ten, zu einzelnen Personen oder zu einzelnen Regionen - lassen sich insgesamt fast die HĂ€lfte der Buchpublikationen einordnen.

Beispiele dafĂŒr sind:

Konrad Krause: Alma mater Lipsiensis. Geschichte der UniversitÀt Leipzig von 1409 bis zur Gegenwart
Adrian Klenner: ReformpÀdagogik konkret: Leben und Werk des Lehrers Carl Friedrich Wagner. Ein ReformpÀdagoge an der Hamburger Versuchsschule Telemannstr. 10
Musterschule 1803 - 2003. Festschrift zum 200jÀhrigen Bestehen des Gymnasiums in Frankfurt am Main
Matthias Biester: Armut, Bettel und Gesang. Die Geschichte des Armenwesens und die Entwicklung der Kurrende der Stadt Hameln
Übergreifende Darstellungen sind demgegenĂŒber seltener.

Beispiele:

Andreas Gestrich/Jens-Uwe Krause/Michael Mitterauer: Geschichte der Familie
Markus Höffer-Mehlmer: Elternratgeber. Zur Geschichte eines Genres
Martin Kintzinger: Wissen wird Macht. Bildung im Mittelalter
Zur theoretischen und methodischen Orientierung kann man schließlich feststellen, dass im Großen und Ganz recht traditionell gearbeitet wird. Im Mittelpunkt der Arbeiten stehen schriftliche Quellen, sehr selten sind dagegen Studien, die einen anderen Quellenschwerpunkt, z.B. Bilder, haben. Genutzt werden Überlieferungen aller Art, von Quellen behördlicher Provenienz bis hin zu autobiografischen Texten und Interviews, von ungedruckten Materialien aus Archiven und NachlĂ€ssen bis hin zu relativ gut zugĂ€nglichen gedruckten BĂŒchern und Zeitschriften.

Doch kann man insgesamt festhalten, dass die ausschließliche Nutzung programmatischer Texte und die weitgehend nur ideengeschichtliche Rekonstruktion doch einer methodisch reflektierten Forschung Platz gemacht haben, in der die Differenz von Programmatik und Wirkung berĂŒcksichtigt wird und eine sozialgeschichtliche Einbettung in strukturelle Entwicklungen vorgenommen wird – Ausnahmen bestĂ€tigen auch hier die Regel.

Nur wenige BĂ€nde lassen eine besondere methodische Perspektive erkennen, etwa in Richtung auf historische Statistik (so zum Beispiel Ulrich G. Herrmann in seiner Fortsetzung des "Datenhandbuchs zur deutschen Bildungsgeschichte", in der er der gesamtstaatlichen Systembildung regionale Spezifika gegenĂŒberstellt, oder Claude Diebolt in seiner Studie zum Zusammenhang von "Education, Knowledge, and Economic Growth" im Vergleich zwischen Frankreich und Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert) oder unter Bezugnahme auf Konzepte der Psychohistorie, d.h. der Verbindung von Geschichtsschreibung und Psychoanalyse (Ralph Frenkens "Psychohistorie der Eltern-Kind-Beziehung in den frĂŒhesten deutschen Autobiographien zwischen dem 13. und dem 18. Jahrhundert"). Ebenso ist der theoretische Bezug schwach ausgeprĂ€gt, aber vorhanden (vgl. beispielsweise den Band von Heinz Schilling und Stefan Ehrenpreis zu "Erziehung und Schulwesen zwischen Konfessionalisierung und SĂ€kularisierung"), wobei Michel Foucault Einzug in die deutsche historische Forschung zu Erziehung und Bildung hĂ€lt (am deutlichsten bei Marcelo Caruso: Biopolitik im Klassenzimmer. Zur Ordnung der FĂŒhrungspraktiken in den Bayerischen Volksschulen (1869-1918)). Explizite Vergleichsstudien (Beispiele: Diebolt (s.o.); John Connelly/Michael GrĂŒttner (Hrsg.): Zwischen Autonomie und Anpassung: UniversitĂ€ten in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Paderborn [u.a.] 2003.) sind gleichfalls rar.

III. Folgerungen
Was kann man aus diesen Ergebnissen folgern?

ZunĂ€chst einmal scheint auf der Basis dieser Übersicht die Feststellung zulĂ€ssig, dass die historische Erziehungs- und Bildungsforschung ein recht vielfĂ€ltiges bis heterogenes Gebilde ist. Aus vielen Bereichen der Erziehungswissenschaft (Allgemeine Erziehungswissenschaft, SchulpĂ€dagogik, SozialpĂ€dagogik, Erwachsenenbildung, Berufsbildung, SonderpĂ€dagogik) sind historische Studien zu finden, aber ein großer Teil der Arbeiten stammt von Autorinnen aus anderen FĂ€chern, allen voran der Geschichtswissenschaft, aber auch aus der Germanistik oder der Kulturwissenschaft.

Neben der fachlichen HeterogenitĂ€t der AutorInnen ist thematische Vielfalt festzustellen. Auch wenn einige traditionelle Bereiche wie die Schule (noch) stĂ€rker vertreten sind, zeichnet sich doch innerhalb der Historischen Erziehungswissenschaft eine thematisch breitere Forschungslandschaft ab. Dies gilt auch im Hinblick auf die untersuchten ZeitrĂ€ume, wenngleich hier die Zeit der Moderne weiterhin im Zentrum steht. Bemerkenswert ist, dass der Nationalsozialismus und die DDR inzwischen gleichermaßen viel Interesse auf sich ziehen. Fast ein Drittel aller einschlĂ€gigen BĂŒcher des letzten Jahres sind der Zeit seit 1933 gewidmet, d.h. man kann innerhalb der Moderne eine Konzentration auf die Zeitgeschichte feststellen.

Auch im Hinblick auf die genutzten Forschungsmethoden weist sich die Historische Erziehungswissenschaft heute als moderne Forschungsdisziplin aus, wenngleich die Textanalyse immer noch im Vordergrund steht und wahrscheinlich auch in Zukunft im Vordergrund stehen wird. Eine methodische Hauptrichtung, wie z.B. die in den 1970er und frĂŒhen 1980er Jahren zeitweise alles ĂŒberragende Analyse der Systementwicklung des Bildungswesens anhand großer Datenmengen, ist heute nicht mehr zu erkennen.

In theoretischer Hinsicht bleibt die historische Forschung in der Erziehungswissenschaft allerdings in zweierlei Hinsicht unbestimmt. Zum einen gibt es nur wenige Arbeiten, die sich explizit an einer theoretischen Vorgabe orientieren und diese in ihr Forschungsdesign einbetten – vgl. die Beispiele oben. Zum anderen ist die Debatte um Methoden und Theorie innerhalb der Historischen Erziehungswissenschaft nach einer intensiven Phase in den 1970er und 1980er Jahren deutlich abgeflaut und heute kaum mehr vorhanden. Dies kann man einerseits als Indiz fĂŒr eine Konsolidierung lesen. Man kann es aber andererseits auch als ein Defizit bezeichnen, wenn eine eigenstĂ€ndige Debatte um die leitenden Theorien der erziehungswissenschaftlichen historischen Forschung und um die angemessenen Methoden nicht stattfindet.

Fragt man von hier aus nach möglichen Perspektiven der Historischen Erziehungswissenschaft, kann man – ohne den Anspruch auf eine umfassende Problembearbeitung – folgende Desiderata festhalten.

  1. scheint es hinsichtlich der erforschten ZeitrĂ€ume nötig, die Forschung zur vormodernen Erziehungs- und Bildungsgeschichte weiter zu intensivieren, denn die jĂŒngeren Studien zeigen, dass hier noch einiges zu entdecken ist, was unser Bild vom Aufwachsen und von der Erziehung in den Jahrhunderten vor der Moderne relativieren kann.
  2. ist eine neuerliche Selbstvergewisserung ĂŒber die Theorien und Methoden der historischen Forschung in der Erziehungswissenschaft angesagt, die die Vielfalt nicht abschafft, aber die einzelnen Theorien und Methoden hinsichtlich ihrer Reichweite und Grenzen im spezifischen Bereich der Erziehungs- und Bildungsgeschichte erneut diskutiert.
  3. zeigt sich, dass viele Einzelstudien relativ isoliert nebeneinander stehen. Hier sind VerknĂŒpfungen nötig, die z.B. die biografische Rekonstruktion von Familienstrukturen und deren Auswirkungen auf Bildungsgangentscheidungen mit den sozialstrukturellen Entwicklungen, den bildungspolitischen Debatten und Entscheidungen sowie der Entwicklung des disziplinĂ€ren Wissens in einen Zusammenhang bringen, oder auch die Studien zu einzelnen Institutionen in einer bestimmten Zeit und die einzelnen Lokal- und Regionalstudien miteinander und mit den ĂŒbergreifenden Arbeiten verbinden.
  4. wird es Zeit, eines der grĂ¶ĂŸten Defizite der historischen Erziehungswissenschaft zu bearbeiten, die Konzentration auf die Nationalgeschichte. Vergleichende Studien kann man fĂŒr 2003 an zwei HĂ€nden abzĂ€hlen. Diese nationale Orientierung ist keine Eigenheit der deutschen Forschung allein, aber das macht es nicht besser. Gefordert sind auch nicht Studien ĂŒber andere LĂ€nder aus der deutschen Perspektive, sondern tatsĂ€chlich vergleichende Analysen, die die nationalen Besonderheiten und die Gemeinsamkeiten deutlich machen können.
  5. und letztens ist eine weitere differenzierte Erforschung des pĂ€dagogischen und erziehungswissenschaftlichen Wissens in seiner Entwicklung ein Anliegen, die nicht nur die Helden und Denker in den Blick nimmt, sondern die Akteure im pĂ€dagogischen Geschehen. Auch hier ist eine VerknĂŒpfung mit den anderen Arbeiten sowie eine Internationalisierung der Perspektive dringend nötig.

Zu einer Aufwertung der Historischen Erziehungswissenschaft wird es jedenfalls nicht durch Klagen ĂŒber ihren Zustand oder ĂŒber die bedauernswerte Ignoranz ihr gegenĂŒber kommen, aber auch nicht durch die Dogmatisierung von Theorien und Methoden, sondern nur durch die PrĂ€sentation von erziehungs- und bildungstheoretisch fruchtbaren Forschungsergebnissen.

IV. Kurzbesprechungen
Zuletzt sollen noch - ohne jeden Anspruch auf VollstĂ€ndigkeit - einige mehr oder weniger willkĂŒrlich herausgegriffene Studien kurz vorgestellt werden. Auf Rezensionen in der EWR wird bei den Titeln in der Liste gesondert verwiesen.

Die Studie des Theologen Hubertus Lutterbach ĂŒber "Gotteskindschaft. Kultur- und Sozialgeschichte eines christlichen Ideals" ist insbesondere im Hinblick auf die Geschichte der Kindheit von besonderem Interesse, versucht er doch, die christlichen Vorstellungen vom Kind mit einer Sozialgeschichte der Kindheit in Verbindung zu bringen, wobei er Quellen heranzieht, die nicht unmittelbar im Blickfeld des Bildungshistorikers sind. ErgĂ€nzend hierzu kann man die Arbeit von Peter Balla, ebenfalls Theologe, lesen, der die Darstellung des Eltern-Kind-VerhĂ€ltnisses im Neuen Testament untersucht und sie mit zeitgenössischen Texten aus der griechischen, römischen und jĂŒdischen Kultur vergleicht. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass sich die Vorstellungen Ă€hneln (Gehorsamspflicht der Kinder, FĂŒrsorgepflicht fĂŒr die alten Eltern, u.a.).

In einer anderen Perspektive nĂ€hert sich Ralph Frenken der Kindheitsgeschichte, nĂ€mlich ĂŒber eine psychohistorische Interpretation von "Autobiographien". Man mag gegenĂŒber der Methodik skeptisch sein und fragen, ob eine Anwendung von Kategorien und Interpretamenten der Psychoanalyse in dieser Weise sinnvoll ist, aber es ergeben sich doch durchaus interessante Einblicke und Einzelaspekte, v.a. hinsichtlich der genutzten Quellen, die recht detailliert analysiert werden.

Im Blick auf die Schulgeschichten gibt es eine Reihe von Fallstudien. Eine sehr interessante hat Nathalie Damesme vorgelegt. Ihre juristische Dissertation hat die "Öffentliche Schulverwaltung der Stadt Köln" unter der Herrschaft der Franzosen zwischen 1794 und 1814 zum Gegenstand. In differenzierter Weise stellt Damesme die Umgestaltung der Schulverwaltung in Köln im Kontext der Organisationsgeschichte des französischen Schulwesens jener Jahre dar und verweist darauf, dass die von den Franzosen eingefĂŒhrte Schulverwaltung auch unter der preußischen Herrschaft nach 1814 noch Bestand hatte. Damit zeigt sie erneut, wie wichtig es ist, die regionalen und/oder lokalen Besonderheiten der Bildungsgeschichte in den Blick zu nehmen.

Auch Beispiele fĂŒr gelungene Schul-Festschriften gibt es mehrere. Hier sollen die Arbeit ĂŒber die Schule Selhof in Bad Honnef sowie die Arbeit von Marianne BĂŒning ĂŒber die Fichtenberg-Oberschule in Berlin hervorgehoben werden. Letztere ist - verfasst von der ehemaligen Schulleiterin - explizit nicht als Traditionsschrift gedacht und bietet eine kontextualisierte Darstellung der Entwicklung dieser Schule von einer MĂ€dchenschule zu einem koeduaktiven Gymnasium, wobei auch statistische Daten prĂ€sentiert werden, die eine weitere vertiefende Arbeit möglich erscheinen lassen. Der Band ĂŒber "125 Jahre Schule Selhof" ist insbesondere deshalb von Belang, weil es eine der wenigen Schriften ĂŒber die Entwicklung einer Volksschule ist (Schiffers 2003).

Eine Entdeckung im Hinblick auf die Helden- und Denkergeschichte bietet die Studie von Ute Promies ĂŒber den Romanautor Karl Gutzkow als PĂ€dagogen. Gutzkow hat sich offenbar sehr intensiv mit den pĂ€dagogischen Strömungen seiner Zeit, insbesondere mit Basedow und mit Pestalozzi befasst und seine Erkenntnisse in kritischer Absicht in Form von Romanen verarbeitet, die zwar wohl bisweilen langatmig geraten sind, aber doch interessante Einblicke in den Erziehungsdiskurs des 19. Jahrhunderts geben können.

Beeindruckend ist die Sammlung von Erinnerungen frĂŒherer SchĂŒler des Altphilologen und Oberlehrers Otto Schumann, der seit dem Kaiserreich bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg an einem Frankfurter Gymnasium gewirkt hat und sich offenbar in den Jahren des "Dritten Reiches" auch fĂŒr die SchĂŒler erkennbar dem System gegenĂŒber distanziert bis kritisch verhalten hat (Askenasy 2003). Seine Haltung gegenĂŒber dem Nationalsozialismus ist auch dokumentiert in dem publizierten Briefwechsel mit Martin Havenstein (Hammerstein, Notker (Hrsg.): Deutsche Bildung? Briefwechsel zweier SchulmĂ€nner 1930 - 1944. Frankfurt a.M. 1988).

Werner Treß stellt in seiner kleinen Arbeit ĂŒber die BĂŒchverbrennungen von 1933 die Ereignisse im Kontext vor, verweist auf die VorlĂ€ufer der BĂŒcherverbrennung in Berlin im Jahr 1933 und erlĂ€utert eingehend die HintergrĂŒnde. Anhand der abgedruckten "Schwarzen Listen" lĂ€sst sich zudem feststellen, dass auch PĂ€dagogInnen von Verboten ihrer BĂŒcher betroffen waren (u.a. Anna Siemsen, Paul Oestreich, Siegfried Kawerau).

In die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg fĂŒhrt die Dissertation von Denise Tscharntke, die sich mit der Rolle der "Women’s Affairs Section" innerhalb der britischen MilitĂ€rregierung im Hinblick auf die Umerziehung deutscher Frauen befasst. Der Erfolg dieser Organisation ist offenbar schwer einzuschĂ€tzen. Ihre nicht-religiöse, nicht-parteipolitische und nicht-feministische Arbeit zielte nicht auf Emanzipation, sondern "nur" auf Demokratisierung, wobei die Frauen als Opfer des Nationalsozialismus angesehen wurden, die man fĂŒr die Demokratie werben könne.

Ausgehend von einem Projektseminar an der UniversitĂ€t Oldenburg im Fach Textilwissenschaft hat sich eine Gruppe Studierender mit der Konfirmation und insbesondere mit der dabei getragenen Kleidung beschĂ€ftigt und dabei viel Material zusammengetragen, das unter bildungshistorischen Gesichtspunkten interessant ist. NĂ€mliches gilt fĂŒr das ‚Fotoalbum’ "Vom Petticoat zum Minirock" (Sarrazin 2003), das aufgrund eines Aufrufs in einer Zeitung zustande kam. Konzentriert auf Dortmund und die 1960er Jahre werden mit zahlreichen Fotos die Lebensstationen (Kleinkinder bis Konfirmation, Alltag und Beruf, etc.) thematisiert - nicht nur fĂŒr jemanden, der in diesem Jahrzehnt aufgewachsen ist, eine Fundgrube.

Einen Beitrag zur Diskursgeschichte leistet die Arbeit von Markus Höffer-Mehlmer zur Geschichte der Elternratgeber. Ausgehend von 800 gesichteten Titeln stellt der Autor das Genre Elternratgeber von der HausvĂ€terliteratur der FrĂŒhen Neuzeit bis ins schwerpunktmĂ€ĂŸig behandelte 20. Jahrhundert vor, wobei es ihm insbesondere um eine Untersuchung der Motive der Ratgeber, der konkreten RatschlĂ€ge sowie deren BegrĂŒndungen geht. Dabei arbeitet er die im VerhĂ€ltnis zur Erziehungswissenschaft andere Argumentationsweise heraus und betont zum Schluss, dass die Erziehungswissenschaft eine kritische Distanz zum Ratgeben und zu den Elternratgebern bewahren solle. Freilich muss in dieser Frage das VerhĂ€ltnis von Erziehungswissenschaft und Erziehungsratgebern weiter geklĂ€rt werden.

FĂŒr die historische Berufsbildungsforschung ist eine starke Orientierung an der schulischen Seite der AusbildungsgĂ€nge nicht zu ĂŒbersehen. Neben Quelleneditionen und der Fortsetzung der Studien von Karlwilhelm Stratmann, des bekanntesten und schulebildenden Berufsbildungshistorikers der letzten Jahrzehnte, sind hier insbesondere die Studien von Friedhelm SchĂŒtte zu nennen. In seiner Habilitationsschrift wendet er sich dem technischen Bildungswesen in Preußen-Deutschland zwischen 1890 und 1938 zu. Die in den Blick genommene Zeit wird als prĂ€gende Phase der Berufsbildungsgeschichte bezeichnet und SchĂŒtte kann ĂŒberzeugend herausarbeiten, wie sich in diesen Jahrzehnten das Berufsbildungssystem etablierte. Dabei nimmt er Bezug auf Forschungen Bochumer Provenienz (Detlef K. MĂŒller, Bernd Zymek und Ulrich G. Herrmann, dessen jĂŒngst erschienener Band 2.2 des Datenhandbuchs eine wichtige, regionale und gesamtstaatliche Entwicklungen kontrastierende ErgĂ€nzung darstellt) zum allgemeinbildenden Schulsystem und erweitert das dort herausgearbeitete Schema des Systembildungsprozesses (Systemfindung, -konstitution und –komplementierung) um die Momente Systemstandardisierung, -innovation, -expansion, -verzahnung und -disparitĂ€t. Dabei ist der Systembildungsprozess von KontinuitĂ€ten und BrĂŒchen gekennzeichnet.

Auch innerhalb der SozialpĂ€dagogik gibt es inzwischen eine breitere historische Forschung. So hat Uwe Uhlendorff eine Geschichte der FrĂŒhzeit des Jugendamtes vorgelegt, die Aufschluss ĂŒber die institutionellen Entwicklungslinien gibt und auch im Rahmen einer allgemeinen Erziehungsgeschichte von großer Bedeutung ist. Eher auf die Herausbildung der SozialpĂ€dagogik als eigenem Reflexionsbereich ist die Arbeit von Volker Gedrath gerichtet. Er versucht nachzuweisen, dass die SozialpĂ€dagogik im Umfeld der freimaurerischen sozialreformerischen Gedankenwelt um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert entstanden ist und in dieser Zeit bereits ein eigenes GeprĂ€ge entwickelt hat.

Dem Bereich der SozialpĂ€dagogik und der Jugendforschung gehören auch die Studien zur katholischen Jugendarbeit im heutigen Bistum Görlitz zwischen 1945 und 1989 (AndrĂ© Schneider) und zur evangelischen Jugendarbeit und zur Jungen Gemeinde in der DDR zwischen 1945 und 1961 (Ellen UeberschĂ€r) an, wenngleich die Autoren nicht aus dem Bereich der SozialpĂ€dagogik, sondern aus der Theologie und der Geschichtswissenschaft kommen. Zwischen Werbung und BekĂ€mpfung und unter dauernder Beobachtung hat sich die kirchliche Jugendarbeit in der DDR behaupten mĂŒssen und behauptet. Beide Arbeiten zeichnen die Entwicklungen differenziert nach und beziehen auch weitere Fragen mit ein, z.B. die Entwicklung aus der katholischen Jugendbewegung heraus oder einen Vergleich zwischen der evangelischen Jugendarbeit in der DDR mit der in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik.

Soweit der knappe Überblick ĂŒber einige Publikationen zur historischen Erziehungs-, Bildungs- und Sozialisationsforschung 2003. Es gibt selbstverstĂ€ndlich auch Ă€rgerliche BĂ€nde (z.B. die Publikation ĂŒber die Hitlerjugend von Brenda Ralph Lewis), doch ĂŒberwiegt der Eindruck eines breiten Forschungsfeldes mit vielen guten, interessanten und weiterfĂŒhrenden Studien. Den GesamtĂŒberblick zu behalten, wird immer schwieriger.

V. Bibliografie
Die folgende Liste bildungshistorischer Literatur des Jahres 2003 bildete die Grundlage des vorliegenden Beitrags. Sie beinhaltet eine große Menge weiterer einschlĂ€giger Studien, kann und will aber keine vollstĂ€ndige Bibliographie darstellen. Der VollstĂ€ndigkeit halber wurden Hinweise auf Rezensionen in der "Erziehungswissenschaftlichen Revue" (http://www.klinkhardt.de/ewr) hinzugefĂŒgt.

100 Jahre Humboldt-Oberschule Berlin Tegel 1903 - 2003. Berlin 2003.

140 Jahre Arminia: zur Geschichte eines katholischen Studentenvereins in Bonn. Eine Ausstellung im Stadtmuseum Bonn. Bonn 2003. (ArminenblÀtter; 136)

Abitz, Manuela (Red.): Festschrift zum SchuljubilÀum 2003. Nikolaus-von-Weis-Gymnasium Speyer: "50 Jahre - bis hierher und weiter". Schule unterwegs, Wege der Schule. Speyer 2003.

Aichinger, Ilse/Benz, Wolfgang (Hrsg.): Die Kindertransporte 1938/39. Rettung und Integration. Frankfurt am Main 2003.

Albrecht, Christiane: Zeitschulbuch, Schulzeitbuch, Schulbuchzeit. Die schönsten LehrbĂŒcher aus dem Bestand der Historischen Bibliothek des Gymnasium Carolinum Ansbach. Ansbach 2003.

Amodeo, Immacolata (Hrsg.): Frau Macht Wissenschaft: Wissenschaftlerinnen gestern und heute. Königstein/Taunus 2003.

Arndt, Ernst Albert: 50 Jahre Biologie an der UniversitĂ€t Rostock (1945 - 1995). Anpassen und Überleben wĂ€hrend und nach der 3. Hochschulreform der DDR. Dannenberg/Elbe 2003.

Askenasy, Alexander (Hrsg.): Otto Schumann 1888 - 1950. Ein Schulmeister in den Zerreißproben seiner Zeit. Erinnerungen seiner SchĂŒler. New York 2003.

Aufstand vs. Putsch. Der 17. Juni 1953 in Jugendpresse und SchulbĂŒchern. Katalog zur Ausstellung. Berlin 2003.

Aus der Not eine Tugend gemacht. Hannover setzte 1829 ein altes General-Landschul-Reglement wieder in Kraft. 2003. (Heimatkunde und Heimatgeschichte, Heft 11)

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Klaus-Peter Horn (Berlin)
Zur Zitierweise der Rezension:
Klaus-Peter Horn: Historische Erziehungswissenschaft – Ein (RĂŒck-)Blick auf die Literatur 2003. In: EWR 3 (2004), Nr. 3 (Veröffentlicht am 02.06.2004), URL: http://klinkhardt.de/ewr/ueberblick2003.html