Ausgehend von einem Überblick über die gedenkstättenpädagogische Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte versucht die Autorin nicht nur eine Systematik für die Pädagogik an NS-Gedenkorten vorzulegen, sondern legt auch eine Auswertung einer Befragung von Gedenkstättenbesuchern vor und stellt – im ausführlichsten Abschnitt – die Praxis der Gedenkstättenpädagogik in Bayern vor. Der ambitionierte Versuch einer grundlegenden Konzeptionierung von Gedenkstättenpädagogik basiert auf der Sichtung von Literatur und indirekt, wenn auch nicht explizit thematisiert, auf den Erfahrungen der Autorin in der Gedenkstättenpädagogik in Dachau. Als Theorieansatz freilich ist das Ergebnis nicht sehr überzeugend: die Darstellung erinnert sehr an didaktische Dreiecksverhältnisse und sowohl der Begriff von Bildung, als auch der von Erziehung werden kaum angemessen reflektiert. Die Befragung von Besuchern der Gedenkstätte Dachau, die angesichts des Fehlens solcher Untersuchungen sehr interessant sein könnte, leidet unter methodischen Problemen. Dennoch ist das zentrale Ergebnis, dass die häufig selbstbezogene Emotionalisierung der Besucher, vornehmlich der Schülerinnen und Schüler, diese weitgehend daran hindert, eine reflektierende Perspektive einzunehmen, weiterführend. Leider wird dies nicht auf die Systematik zurückgespiegelt, sondern bleibt als singuläres Ergebnis stehen. Den größten Teil der Arbeit nehmen Beschreibungen der Praxen vor Ort (darunter auch diejenige der Autorin selbst) ein, die aneinandergereiht werden und im Fazit – wenig überraschend für Orte, die im gleichen Feld liegen – als Praxen mit Überschneidungszonen und Eigenheiten herausgestellt werden. Man mag bemängeln, dass die Arbeit eher pädagogisch-normierend und falldarstellend als analytisch angelegt ist – aber das teilt sie mit großen Teilen der Literatur zur Gedenkstättenpädagogik. Die Befragungsergebnisse aber würden eine Ergänzung und vertiefende Analyse verdienen.
EWR 8 (2009), Nr. 1 (Januar/Februar)
Pädagogik und Gedenkkultur
Bildungsarbeit an NS-Gedenkorten zwischen Wissensvermittlung, Opfergedenken und Menschenrechtserziehung. Praxis, Konzepte und Methoden in Bayern
WĂĽrzburg: Ergon 2008
(261 S.; ISBN 978-3-89913-601-2; 34,00 EUR)
Klaus-Peter Horn (TĂĽbingen)
Zur Zitierweise der Annotation:
Klaus-Peter Horn: Annotation zu: Eberle, Annette: Pädagogik und Gedenkkultur, Bildungsarbeit an NS-Gedenkorten zwischen Wissensvermittlung, Opfergedenken und Menschenrechtserziehung. Praxis, Konzepte und Methoden in Bayern. WĂĽrzburg: Ergon 2008. In: EWR 8 (2009), Nr. 1 (Veröffentlicht am 04.02.2009), URL: http://klinkhardt.de/ewr/annotation/978389913601.html
Klaus-Peter Horn: Annotation zu: Eberle, Annette: Pädagogik und Gedenkkultur, Bildungsarbeit an NS-Gedenkorten zwischen Wissensvermittlung, Opfergedenken und Menschenrechtserziehung. Praxis, Konzepte und Methoden in Bayern. WĂĽrzburg: Ergon 2008. In: EWR 8 (2009), Nr. 1 (Veröffentlicht am 04.02.2009), URL: http://klinkhardt.de/ewr/annotation/978389913601.html