Mit diesen beiden Publikationen reagiert die Reihe ‚Geschichte und Erwachsenenbildung’ auf den von den Herausgebern des letztgenannten Bandes beklagten Zustand, dass die „Historiografie der Erwachsenenbildung […] sich bisher fast ausschließlich auf solche Institutionen, Personen und pädagogischen Programme“ konzentriere, „die als politisch und pädagogisch vorbildlich“ gelten (Einführung Band 23, 7). Um dem Abhilfe zu schaffen, beschäftigt sich die umfangreiche und anspruchsvolle Tübinger Dissertation von Carsten Krinn mit der Schulungsarbeit der KPD, die „in der BRD in Bausch und Bogen als stalinistisch verdammt“ (13) worden sei. Ihm geht es darum, ein realistisches Porträt der Bildungsarbeit der KPD zu zeichnen, wobei ihm der Blick auf die beteiligten Subjekte besonders wichtig ist. Dazu setzt er sich mit einer Fülle an Quellenmaterialien und biografischen Zeugnissen auseinander und kommt u.a. zu dem provokanten Ergebnis, dass die Schulungsarbeit der KPD scheiterte, da sie es nicht verstand die Kluft zwischen den zumeist aus bürgerlichen Verhältnissen stammenden Propagandisten und den hart arbeitenden Schülerinnen und Schülern zu überwinden, und sie es ganz offensichtlich nicht geschafft hat, die politische Wahrnehmung im Hinblick auf „die faschistische Bedrohung“ (580) zu schärfen.
Deren Unterstützer und Sympathisanten hatten die Erwachsenenbildung selbstverständlich auch entdeckt und in vielfältigen Formen in der Weimarer Republik praktiziert. Damit beschäftigt sich der von Paul Ciupke u.a. herausgegebene Band, der einen Beitrag zur Analyse und Beschreibung der diesbezüglichen „Ideen und Politikentwürfe“ liefert und „Bildungskonzeptionen und ihre Umsetzung, Vergemeinschaftungsformen, Protagonisten, Teilnehmer, deren Herkünfte und Lebenswege, Zusammenschlüsse und deren Diskussionsforen“ untersucht (8). Zu diesem Zweck wird im ersten Teil des Buches ein Überblick über die in den zeitgenössischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung geführten Diskurse gegeben, wobei Begriffe wie ‚Volkwerdung’, ‚völkisch’ oder ‚neuer Mensch’ in ihren Verwendungszusammenhängen und ihrem Verständnis diskutiert werden. In den folgenden drei Teilen werden dann jeweils Akteure und Institutionen thematisiert, die der nationalkonservativen, der völkischen und der ländlich-christlich-konservativen Richtung angehörten. Der mit vielen Illustrationen ansprechend gestaltete Band deckt somit ein weites Feld ab und macht erneut die überragende Bedeutung des Volksgemeinschaftsgedankens klar, der die unterschiedlichsten (erwachsenen-)pädagogischen Ansätze prägte und an den die Nationalsozialisten nicht von ungefähr problemlos anknüpfen konnten.
EWR 8 (2009), Nr. 3 (Mai/Juni)
Sammelannotation
Geschichte der Erwachsenenbildung
Zwischen Emanzipation und Edukationismus
Anspruch und Wirklichkeit der Schulungsarbeit der Weimarer KPD
(Geschichte der Erwachsenenbildung 22)
(Geschichte der Erwachsenenbildung 22)
Essen: Klartext 2007
(660 S.; ISBN 978-3-89861-757-4; 44,90 EUR)
“Die Erziehung zum deutschen Menschen”
Völkische und nationalkonservative Erwachsenenbildung in der Weimarer Republik
(Geschichte der Erwachsenenbildung 23)
(Geschichte der Erwachsenenbildung 23)
Essen: Klartext 2007
(298 S.; ISBN 978-3-89861-758-1; 29,90 EUR)
RĂĽdiger Loeffelmeier (Berlin)
Zur Zitierweise der Annotation:
RĂĽdiger Loeffelmeier: Annotation zu: Krinn, Carsten: Zwischen Emanzipation und Edukationismus, Anspruch und Wirklichkeit der Schulungsarbeit der Weimarer KPD (Geschichte der Erwachsenenbildung 22) . Essen: Klartext 2007. In: EWR 8 (2009), Nr. 3 (Veröffentlicht am 05.06.2009), URL: http://klinkhardt.de/ewr/annotation/978389861757.html
RĂĽdiger Loeffelmeier: Annotation zu: Krinn, Carsten: Zwischen Emanzipation und Edukationismus, Anspruch und Wirklichkeit der Schulungsarbeit der Weimarer KPD (Geschichte der Erwachsenenbildung 22) . Essen: Klartext 2007. In: EWR 8 (2009), Nr. 3 (Veröffentlicht am 05.06.2009), URL: http://klinkhardt.de/ewr/annotation/978389861757.html