Die Autoren der beiden vorliegenden Bände beschäftigen sich einerseits mit einem speziellen Aspekt der Schule, nämlich der gymnasialen Abschlussprüfung, und andererseits mit einer speziellen Schule, einem für musikalisch begabte Kinder und Jugendliche vorgesehenen Gymnasium.
Die erstgenannte Publikation macht schon durch die Gestaltung des Einbands mit einem Foto von Heinz Rühmann als Pennäler in der „Feuerzangenbowle“ deutlich, dass sie es auf ein breiteres Publikum abgesehen hat, das sich nicht nur durch Daten und Fakten quälen will. Entsprechend locker und flüssig ist der Schreibstil, was aber nicht auf Kosten der Wissenschaftlichkeit geht, denn auch wenn die Literaturliste überschaubar ist, sind die Aussagen der Studie fundiert. Dabei ist es nachvollziehbar, dass eine Untersuchung, die mit dem Abiturreglement von 1788 anfängt und mit der aktuellen Diskussion um die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur endet, dazu noch den Bedeutungsverlust des Fachs Latein und die vermeintliche Spiegelung des Zeitgeistes im deutschen Abituraufsatz in den Blick nimmt, Schwerpunkte setzen muss und Lücken aufweist (Preußen steht im Vordergrund, die Mädchengymnasien kommen recht kurz, die ebenfalls recht kurze Darstellung des Abiturs in den Jahren des Nationalsozialismus gerät etwas holzschnittartig). Dennoch ist ein Buch gelungen, das informativ ist und durchaus einen Einstieg in die Thematik ermöglicht.
In der Geschichte des Musikgymnasiums Schloss Belvedere, einer exklusiven Schule mit angeschlossenem Internat, die ihrem Klientel nicht nur in musikalischer, sondern auch schulischer Hinsicht eine exzellente Ausbildung vermitteln will, geht es weniger um eine wissenschaftliche Untersuchung, die Vergleiche zu ähnlichen Schulen oder eine Auseinandersetzung mit für diesen Schultyp relevanten pädagogischen bzw. didaktischen Fragestellungen sucht. Es handelt sich vielmehr um eine schwungvoll geschriebene Chronik der Schule, die unter Rückgriff auf Quellen, Zeitzeugenberichte und zahlreiche Bilder die Phasen der Schulentwicklung seit 1949 erzählt. Die Zielgruppe dieser Publikation, nämlich in erster Linie Menschen aus dem Umfeld der Schule, dürfte damit weitgehend zufrieden sein, zumal viele Aspekte bei dem Bemühen, die Schulgeschichte in den jeweiligen politischen Kontext zu stellen, berührt werden. Doch dies ist auch gleichzeitig der Knackpunkt, denn mehr als ein Berühren findet nicht statt, da die entsprechende wissenschaftliche Literatur, etwa zur DDR-Schulgeschichte, nur sehr rudimentär Verwendung findet und diverse Problemfelder, etwa die Besonderheiten des Lebens im Internat, allzu oberflächlich behandelt werden. Dennoch dürfte das gut ausgestattete Buch seine Leserschaft finden, die sich vielleicht zu weiterführenden vergleichenden Studien anregen lässt.
EWR 11 (2012), Nr. 2 (März/April)
Sammelannotation zur Geschichte der Schule
Kleine Geschichte des Abiturs
Paderborn: Ferdinand Schöningh 2010
(211 S.; ISBN 978-3-5067-6904-6; 19,90 EUR)
Das Musikgymnasium Schloss Belvedere in Weimar
Geschichte und Gegenwart
Köln/ Weimar/ Wien: Böhlau 2010
(323 S.; ISBN 978-3-4122-0556-0; 22,90 EUR)
RĂĽdiger Loeffelmeier (Berlin)
Zur Zitierweise der Annotation:
RĂĽdiger Loeffelmeier: Annotation zu: Bölling, Rainer: Kleine Geschichte des Abiturs. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2010. In: EWR 11 (2012), Nr. 2 (Veröffentlicht am 10.04.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/annotation/978350676904.html
RĂĽdiger Loeffelmeier: Annotation zu: Bölling, Rainer: Kleine Geschichte des Abiturs. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2010. In: EWR 11 (2012), Nr. 2 (Veröffentlicht am 10.04.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/annotation/978350676904.html