Die Novellierung des Krankenpflegegesetzes (2004) mit ihren vielfältigen Veränderungen für die Pflegeausbildung in Deutschland bildet den aktuellen Anlass für die Studie zur „Pflegeausbildung im Umbruch“, die von vier Autor/innen vorgelegt wurde und für die eine Reihe namhafter Institutionen verantwortlich zeichnet: Die deutsche Krankenhausgesellschaft als Herausgeber, die Robert-Bosch-Stiftung als Mittelgeber, die beiden Forschungsinstitute Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung und Deutsches Krankenhausinstitut für die Durchführung und schließlich das Bundesministerium für Gesundheit und der Bundesausschuss für Lehrerinnen und Lehrer in Pflegeberufen mit ihrer ausdrücklichen Unterstützung.
Die Studie verfolgt zwei Anliegen: Zum einen „erstmals bundesweit die Situation der theoretischen und praktischen Ausbildung in den Berufen der Gesundheits- und Krankenpflege umfassend“ (8) zu beleuchten und zum anderen „Einschätzungen bezüglich des Umsetzungsgrades der Neuregelungen, ihrer Akzeptanz sowie Informationen über die daraus resultierenden Veränderungen zu erhalten“ (ebd.). Beide Ansprüche werden im Band eingelöst. Auf der Grundlage einer repräsentativen Befragung von Pflegebildungseinrichtungen (n=462) und Krankenhäusern (n=501) wird ein aktueller Überblick über die Strukturen und Personen (Auszubildende und Lehrende) in der Krankenpflegeausbildung sowie die Umsetzung des reformierten Krankenpflegegesetzes gegeben.
Die aktuelle Situation in der Pflegeausbildung ist nach wie vor von einer großen Heterogenität in den Organisationsformen der Pflegebildungseinrichtungen gekennzeichnet: 47% der Einrichtungen befinden sich in frei-gemeinnütziger, 42,2% in öffentlicher und 8,2% in privat-gewerblicher Trägerschaft (9). Auch die Qualifikationsstruktur ist nicht einheitlich: In den neuen Bundesländern haben 3 von 4 hauptamtlich Lehrenden an den Pflegeschulen eine hochschulische Qualifikation, während das in den alten Bundesländern gerade mal auf knapp ein Viertel der Lehrenden zutrifft (11f.). Die Studie liefert ferner Informationen über die Grundlagen der curricularen Arbeit an Schulen sowie über die Methoden, die in Unterricht und Prüfungen zum Einsatz kommen (71ff.).
Darüber hinaus erhält man einen Einblick in die Alterstruktur der Auszubildenden in der (Kinder-)Krankenpflege. Sie sind überwiegend zwischen 19-21 Jahre alt, ca. ein Viertel ist aber auch älter als 22 Jahre. Der Anteil der männlichen Auszubildenden ist mit ca. 10% in der jüngsten Altersgruppe (16-18 Jahre) am niedrigsten und im Alter von 25-35 Jahren mit über 30% am höchsten (84f.).
Die Bewertung der neuen Krankenpflegeausbildung durch die Schulen und Krankenhäuser fällt laut Studie überwiegend positiv aus. Die Krankenhäuser schätzen allerdings die Reduktion der praktischen Anteile der Ausbildung meist negativ ein, ähnlich wie die Einbeziehung der ambulanten Versorgung sowie den jetzt erforderlichen Hochschulabschluss für die Lehrkräfte, die beide von über 30% der Krankenhäuser als sehr oder eher negativ bzw. „teils, teils“ eingeschätzt werden (111).
Die Publikation konzentriert sich weitgehend auf die Darstellung der Ergebnisse aus der Studie. Hintergründe zur Pflegeausbildung liefert sie lediglich im Rahmen der Einleitung und in einem abschließenden Ausblick. Sie ist damit hervorragend als Informationsquelle für alle geeignet, die im Bereich der Berufsbildung der Gesundheitsberufe arbeiten – in Praxis, Politik und Wissenschaft – und mit den Hintergründen, Strukturen und Bedingungen bereits vertraut sind. Diese Funktion wird durch die übersichtliche Gliederung, die Zusammenfassung der Ergebnisse, die sorgfältige Darlegung von Methoden sowie die insgesamt 26 Tabellen und 141 Abbildungen (bei 173 Seiten) unterstützt.
Die Studie schließt eine erhebliche Lücke: Während auf der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes der Berufsbildungsbericht jährlich über den aktuellen Stand und die Entwicklung der Berufsbildung Auskunft gibt, fehlt ein solches Berichtssystem für den Bereich der Krankenpflege – abgesehen von einzelnen Aktivitäten der Bundesländer – bislang völlig. Diese Lücke wiegt umso schwerer, als es angesichts der „Zersplitterung“ der Berufsbildung der Gesundheitsberufe in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Institutionen, die Abschlüsse und die Qualifikationen einen erheblichen Bedarf an verlässlichen Datenquellen gibt. Es wäre daher zu wünschen, dass diese Art der Berichterstattung für die Gesundheitsberufe künftig in regelmäßigen Abständen durchgeführt wird und damit nicht nur anlässlich einer Gesetzesnovellierung für einzelne Berufe verlässliche Informationen über den aktuellen Stand der Berufsbildung zur Verfügung stehen. Wie der Berufsbildungsbericht oder das Berichtssystem Weiterbildung könnte ein solcher Bericht dann nicht nur Momentaufnahmen bieten, sondern würde auch die Rekonstruktion von Entwicklungen erlauben.
EWR 6 (2007), Nr. 2 (März/April 2007)
Pflegeausbildung im Umbruch
Pflegeausbildungsstudie Deutschland (PABiS)
DĂĽsseldorf: Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft 2006
(173 S.; ISBN 978-3-935762-80-9; 23,00 EUR)
Katrin Kraus (OsnabrĂĽck / ZĂĽrich)
Zur Zitierweise der Rezension:
Katrin Kraus: Rezension von: Blum, Karl / Isfort, Michael / Schilz, Patricia / Weidner, Frank: Pflegeausbildung im Umbruch, Pflegeausbildungsstudie Deutschland (PABiS). DĂĽsseldorf: Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft . In: EWR 6 (2007), Nr. 2 (Veröffentlicht am 28.03.2007), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978393576280.html
Katrin Kraus: Rezension von: Blum, Karl / Isfort, Michael / Schilz, Patricia / Weidner, Frank: Pflegeausbildung im Umbruch, Pflegeausbildungsstudie Deutschland (PABiS). DĂĽsseldorf: Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft . In: EWR 6 (2007), Nr. 2 (Veröffentlicht am 28.03.2007), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978393576280.html