
Julia Košinár beschreibt, basierend auf phänomenologischen Überlegungen, die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen innerer Wahrnehmung, Körperhaltung und Außenwirkung auf andere und hebt dabei auch immer wieder den umgekehrten Einfluss der äußeren Haltung auf die innere Einstellung hervor. Damit geht sie über vorliegende Publikationen, die sich meist nur mit der Außenwirkung, die ein Mensch durch seine Körpersprache erzielt, befassen, hinaus. Die Autorin hat ihre Erkenntnisse für Lehrerinnen und Lehrer spezifiziert, indem sie auf berufstypische Situationen wie z. B. den Stundenanfang oder Beratungsgespräche eingeht. Sie verdeutlicht, inwiefern ein bewusster Umgang mit Körpersprache die Interaktion zwischen Lehrenden und Schülern verbessern und bereichern kann und zeigt auch für andere pädagogische Berufe, wie durch ein authentisches Körperverhalten, das Julia Košinár als Körperkompetenz bezeichnet, Missverständnisse und Widersprüchlichkeiten vermieden oder verringert werden können. Grundlegend dafür sind ein gutes individuelles Körperbewusstsein, eine realistische Selbstwahrnehmung und ein hohes Selbstwertgefühl. Diese Fähigkeiten sind erlern- und auch lehrbar: Basierend auf ihren Erfahrungen als Seminarleiterin hat die Autorin ein entsprechendes Trainingsprogramm entwickelt, in dem es (im Gegensatz zu manch anderen Trainingsprogrammen) nicht etwa darum geht, stereotype Verhaltensweisen einzustudieren. Die Entwicklung von Körperkompetenz – so Košinár – ist ein höchst individueller Prozess, der „stimmig“ sein muss zur jeweiligen Person und Situation. Die zahlreichen praktischen Aufgaben (Raumwahrnehmung und Raumverhalten, Mimik und Gesten, Selbst- und Fremdbilder oder Männer- und Frauenposen) sind einerseits spezifisch auf die Arbeit an ‚sich selber’ und andererseits auf berufstypische Situationen in der Schule (z.B. Betreten des Raumes oder Körperverhalten und Konflikte) zugeschnitten. Das Trainingskonzept umfasst umrahmende Theorieteile, Übungen zur Selbstwahrnehmung (z. B. auch durch Video[selbst]analyse) sowie Vorschläge für Reflexionen in der Gruppe und Rollenspiele, um gewonnene (Selbst-) Erkenntnisse zu erproben.
Julia Košinár hat mit ihrem Blick auf Körperkompetenzen auf einen interessanten und wichtigen Aspekt der überfachlichen Qualifikation für die Arbeit von Pädagogen aufmerksam gemacht, der meines Erachtens v. a. in der Ausbildung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer einen höheren Stellenwert haben sollte. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der praktischen Umsetzung. Schon im Theorieteil (den man sich an manchen Stellen fundierter wünschte) verweist die Autorin auf entsprechende Übungen und untermalt jeden Abschnitt mit passenden Fallbeispielen aus ihrer Praxis. Hier werden Engagement und Erfahrung der Autorin sowie ihr Gespür für eine theoriegeleitete Praxis deutlich. Das Buch ist insofern eine gelungene Hilfestellung für alle, die sich mit der Aus- und Fortbildung von Lehrenden (bzw. ähnlichen Berufen, die der sozialen Kommunikation bedürfen) beschäftigen und auch Lehrkräften oder Lehramtsstudierenden für das Selbststudium und die Entwicklung der eigenen Körperkompetenz sehr zu empfehlen.