Die Gestaltung betrieblicher Weiterbildung findet in der Unternehmenspraxis vielfach ohne berufs- und wirtschaftspädagogische Expertise statt und wird von betriebswirtschaftlichen oder arbeitspsychologischen Sichtweisen dominiert. Zugleich wird vermehrt konstatiert, dass innerhalb der Berufs- und Wirtschaftspädagogik dem Themenfeld der beruflich-betrieblichen Weiterbildung zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird. Dies gilt auch für das Studium angehender Berufsschullehrkräfte, das häufig einseitig auf schulisches Handeln ausgerichtet ist und den Lernort Betrieb vernachlässigt. Hier setzt das besprochene Lehrbuch an und setzt sich zum Ziel, betriebliche Weiterbildung und dessen Management Studierenden näher zu bringen. Es richtet sich in erster Linie an angehende WirtschaftspädagogInnen, ist jedoch für alle Studierenden berufspädagogischer Fächer geeignet.
Das einleitende 1. Kapitel widmet sich einer Problemeinführung und verdeutlicht insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die Bedeutung langfristig ausgerichteter Strategien betrieblicher Weiterbildung. Dieses „Plädoyer für ein professionelles Weiterbildungsmanagement“ (15ff) bezieht sich auf Eckdaten der Weiterbildungsteilnahme. Allerdings muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass leider kein Bezug zu Daten der europäischen Weiterbildungserhebung in Unternehmen (CVTS) hergestellt wird, die eine wichtige Quelle hinsichtlich der Entwicklungen betrieblicher Weiterbildung darstellen.
Das 2. Kapitel erschlieĂźt die verschiedenen Handlungsfelder des betrieblichen Weiterbildungsmanagements. Hier werden u.a. begriffliche Grundlagen eingefĂĽhrt und ein Rahmenmodell zum betrieblichen Weiterbildungsmanagement vorgestellt. Dieses Rahmenmodell ist zugleich strukturgebend fĂĽr die folgenden Kapitel des Buches.
Das 3. Kapitel beschäftigt sich entsprechend mit der Aufbauorganisation betrieblichen Weiterbildungsmanagements. Damit öffnet sich der Blick für die Aufgaben von Weiterbildung und die unterschiedlichen betrieblichen Organisationsmöglichkeiten, bei denen betriebswirtschaftliche Überlegungen zentral sind. Insbesondere die Frage einer potenziellen Externalisierung von Weiterbildungs- und Personalentwicklungsaufgaben wird dabei mehrfach thematisiert – ein Thema, das aktuell bereits wieder einen geringeren Stellenwert besitzt als noch vor einigen Jahren.
An die Aufbau- schließt sich im 4. Kapitel die Behandlung der Ablauforganisation an. Dabei werden unterschiedliche Formen von Bildungsbedarfsanalysen sowie individuellen Potenzialanalysen und entsprechende Instrumente vorgestellt. Hier werden auch Fragen des Kompetenzmanagements und der Förderung des Transfers betrieblicher Weiterbildung thematisiert. Zudem werden die Programmplanung, die Durchführung und das Qualitätsmanagement betrieblicher Weiterbildung vorgestellt.
Das 5. Kapitel behandelt schlieĂźlich den gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmen sowohl der betrieblichen als auch der beruflichen Weiterbildung. In diesem Kapitel werden der Unternehmensrahmen und der gesellschaftlich-rechtliche Rahmen sinnvollerweise getrennt voneinander behandelt. Mit Letzterem werden die betriebliche Weiterbildung und das Weiterbildungsmanagement zugleich in gesellschaftliche BezĂĽge eingebettet, womit das Buch einen wichtigen Schritt ĂĽber eine verkĂĽrzte betriebswirtschaftliche Betrachtung von Weiterbildung hinausgeht.
Es ist das Verdienst des Lehrbuchs, eine sehr klare und für Studierende gut lesbare Einführung in das Themenfeld zu leisten. Mehrere Gestaltungsmerkmale des Bandes erleichtern den Zugang für LeserInnen. So werden zu Beginn jedes Abschnitts ein Problembezug hergestellt und Lernziele ausgewiesen. Grafische Übersichten verdeutlichen die Argumentationslinien und den Aufbau der einzelnen Kapitel. Zudem ermöglichen Übungen und Zusammenfassungen die schnelle Orientierung und den Umgang mit dem Lehrbuch.
Insgesamt ist die Gesamtstruktur des Bandes sehr gut nachvollziehbar. Bei der detaillierteren Betrachtung werden allerdings einige Unstimmigkeiten deutlich und es bleiben einige Monita zu nennen. Die größte Schwäche ist darin zu sehen, dass einige der verwendeten Statistiken und Literaturangaben mittlerweile durch aktuellere Angaben ersetzt werden sollten – dies gilt insbesondere für die Daten zur Weiterbildungsteilnahme, die neben einer Aktualisierung auch einer Erweiterung bedürften. Einige neuere berufspädagogische Diskussionen rund um das Thema betriebliches Bildungsmanagement sind ebenfalls noch nicht enthalten, was stärker als die inaktuelle Datenauswahl auf das Erscheinungsjahr des Buches zurückzuführen ist. Manche Abschnitte – etwa zum „Performance Improvement Management“ (231ff) – wirken zudem zu stark aus der Perspektive betriebswirtschaftlicher Berater formuliert und wenig angebunden an berufs- und wirtschaftspädagogische Theorieperspektiven.
Insofern wäre dem Lehrbuch in naher Zukunft eine aktualisierte Neuauflage zu wünschen. Gleichwohl bleibt ein sehr positiver Gesamteindruck des Bandes. Das Buch ist daher insgesamt für Studierende (nicht nur der Wirtschaftspädagogik) sehr zu empfehlen und bietet auch für wissenschaftlich Interessierte und Lehrende eine wertvolle thematische Einführung.
EWR 11 (2012), Nr. 5 (September/Oktober)
Betriebliches Weiterbildungsmanagement
Ein Lehrbuch
Stuttgart: Hirzel 2009
(568 S.; ISBN 978-3-7776-1664-3; 39,80 EUR)
Uwe Elsholz (Hamburg)
Zur Zitierweise der Rezension:
Uwe Elsholz: Rezension von: Stender, Jörg: Betriebliches Weiterbildungsmanagement, Ein Lehrbuch. Stuttgart: Hirzel 2009. In: EWR 11 (2012), Nr. 5 (Veröffentlicht am 12.10.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978377761664.html
Uwe Elsholz: Rezension von: Stender, Jörg: Betriebliches Weiterbildungsmanagement, Ein Lehrbuch. Stuttgart: Hirzel 2009. In: EWR 11 (2012), Nr. 5 (Veröffentlicht am 12.10.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978377761664.html