EWR 11 (2012), Nr. 2 (MĂ€rz/April)

Bernhard Bonz
Methoden der Berufsbildung
Ein Lehrbuch
Stuttgart: Hirzel 2009
(280 S.; ISBN 978-3-7776-1528-8; 34,00 EUR)
Methoden der Berufsbildung Bernhard Bonz wendet sich in der zweiten Auflage seines Buches „Methoden der Berufsbildung“ „an alle, die in der beruflichen Bildungspraxis methodische Entscheidungen zu treffen haben“ (Klappentext), und möchte diese durch eine systematische Darstellung der Methoden der Berufsbildung unterstĂŒtzen. Ein solches Anliegen ist darauf angewiesen, die Inhalte und Verfahrensweisen der Methodik anschaulich und nachvollziehbar so darzustellen, dass Praktiker nicht lediglich einen Überblick ĂŒber die Thematik bekommen, sondern zudem in die Lage versetzt werden, begrĂŒndet methodische Entscheidungen zu treffen und diese auch zu operationalisieren.
Methodische Entscheidungen können nur dann sinnvoll getroffen werden, wenn den Entscheidern deutlich ist, wie Lernen ablĂ€uft. Folgerichtig geht Bonz daher zunĂ€chst nach einer HinfĂŒhrung in das Thema auf Lerntheorien ein, in denen die Methoden zu verorten sind. Daran schließt sich die klassische Systematisierung der Methodik nach Sozialform und Artikulationsform an. Dieser ordnet er „Gesamtkonzeptionen“ unter, die prinzipielle Lehrentscheidungen darstellen. Dieser Teil liest sich, als mĂŒssten fĂŒr grĂ¶ĂŸere ZusammenhĂ€nge prinzipielle Vorentscheidungen in der Art „linear-zielgerichteter Unterricht“ vs. „offener Unterricht“ getroffen werden, was zu verneinen wĂ€re, da die Varianz innerhalb grĂ¶ĂŸerer Einheiten auch Wechsel nicht nur zulĂ€sst, sondern wĂŒnschenswert und Methodenmonismus eher abzulehnen ist. Bezogen auf einzelne Lehr-Lerneinheiten stellt eine Gesamtkonzeption dagegen eine sinnvolle Orientierung des eigenen Handelns dar, und so lĂ€sst sich diese Passage ebenfalls verstehen (auch wenn das deutlicher herausgearbeitet werden könnte). Unter der Überschrift „Lehrgriffe“ werden dann einzelne Lehrtechniken nĂ€her beschrieben, die mit den Klassifizierungen korrespondieren. Bevor es im Folgenden an die Methoden selbst geht, wĂ€re fĂŒr eine fundierte Entscheidung der Praktiker ein Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Lernzielen bzw. Lernfeldern und der Methodenwahl angebracht.
Unter der Überschrift „Lehren – Lehrmethoden“ fasst der Autor direktive Methoden zusammen. Detailliert geht er insbesondere auf die verschiedenen Aspekte des Frontalunterrichts ein, bespricht jedoch auch Alleinarbeit und einzelne Unterweisungsmethoden wie bspw. die Vier-Stufen-Methode. Hervorzuheben ist insbesondere, dass Bonz bei seinen ErlĂ€uterungen die schulische und auch die betriebliche RealitĂ€t nicht aus den Augen verliert, in der direktive Methoden nach wie vor verbreitet und in vielen FĂ€llen (aus den unterschiedlichsten, auch pragmatischen GrĂŒnden) auch angebracht sind. WĂŒnschenswert wĂ€re in diesem Kapitel eine ausfĂŒhrlichere Darstellung der Vorgehensweisen, bspw. bei VortrĂ€gen. Zwar wurden einzelne Aspekte im vorhergehenden Kapitel angesprochen, dort gehen sie jedoch im BemĂŒhen um eine systemische Darstellung etwas unter und bieten nur eingeschrĂ€nkt dem Praktiker die Möglichkeit, sein konkretes Handeln daran zu orientieren. Eine Übersicht darĂŒber, wie VortrĂ€ge vorbereitet und gehalten werden können, wĂ€re dienlicher.

AusfĂŒhrlicher geht Bonz auf „Methoden, die selbstgesteuertes Lernen anregen“ (81ff) ein. Recht weit gefasst beginnt er mit traditionellen Methoden wie Alleinarbeit, um dann zu handlungsorientierten Methoden ĂŒber zu gehen. Mit Bezug auf ganzheitliche Berufsbildung und auf Handlungskompetenz werden diese Methoden eingeleitet und im Weiteren recht detailliert beschrieben. Zur besseren Orientierung wĂ€re noch ein Vorspann ĂŒber das zu Grunde liegende VerstĂ€ndnis von Lernen, bspw. im Konstruktivismus, wĂŒnschenswert. Der Detaillierungsgrad der Methoden selbst ist im Unterschied zum vorherigen Kapitel dagegen angenehm hoch, so dass Praktiker in die Lage versetzt werden, nicht nur eine methodische Entscheidung zu treffen, sondern auch einen etwas tieferen Einblick in den Vorbereitungs- und DurchfĂŒhrungsaufwand der Methoden selbst bekommen. Allerdings wĂ€re zu diskutieren, ob die hier anzunehmende SynonymitĂ€t von „selbstgesteuert“ und „handlungsorientiert“ zutreffend ist. Wie sich im letzten Kapitel zeigt, fĂŒhrt das zu Unklarheiten.

Das anschließende Kapitel behandelt den Medieneinsatz. BegrĂŒĂŸenswert ist hier die Verdeutlichung, dass „Medien“ auch heute nicht lediglich ĂŒber Computer etc., sondern deutlich weiter zu definieren sind und keine von der Methode unabhĂ€ngige Behandlung erlauben: „Medien dienen der Ausgestaltung und Optimierung von Lern-Arrangements. Ihre Einplanung in Unterricht und Unterweisung muss didaktisch begrĂŒndet oder gerechtfertigt sein“ (174). Damit wird das deutliche Signal an den Praktiker gesetzt, sich erst anhand der Inhalte und Lernziele um methodische Entscheidungen zu bemĂŒhen, und erst danach die dafĂŒr geeigneten Medien auszuwĂ€hlen; ein Vorgehen, dass in der Praxis der beruflichen Bildung so nicht immer anzutreffen ist.

Ein weiterer, eigener Abschnitt widmet sich den Methoden in der betrieblichen Berufsbildung. Obschon eine Klarstellung der Unterschiede in den Möglichkeiten des Lehrens und Lernens im Betrieb im Gegensatz zur Berufsschule sinnvoll ist, ist eine Verschiebung der Methoden in ein eigenes Kapitel meines Erachtens unnötig, da viele Methoden an beiden Lernorten eingesetzt werden können. Das zeigen auch die Doppelungen der Methoden in diesem Kapitel.

Das vorletzte Kapitel behandelt Themen, die so nicht in die stringent gehaltene Entscheidungslogik passen und daher ausgelagert wurden. Dazu gehören spezielle Arrangements wie „Produktionsschulen“, aber auch GrundsĂ€tze fĂŒr Unterricht und Unterweisung.

Der letzte Teil schließlich gibt Hilfestellungen zum Zusammenhang zwischen den Methoden selbst und ihrer Auswahl. In ĂŒbersichtlicher Weise werden Gegebenheiten, Anforderungen und mögliche Methodenwahl gegenĂŒber gestellt. Allerdings kommt es hier auch zu den oben beschriebenen Unklarheiten. Die Einordnung handlungsorientierter Methoden in den Bereich der Methoden, die selbstgesteuertes Lernen befördern sollen, hat zur Folge, dass bspw. das UnterrichtsgesprĂ€ch als fĂŒr „selbstgesteuert handlungsorientiert“ bedeutsam klassifiziert wird, die 4-Stufen-Methode jedoch nicht (252). Es ließe sich trefflich darĂŒber streiten, ob die 4-Stufen-Methode tatsĂ€chlich gĂ€nzlich aus dem Bereich der Handlungsorientierung verbannt werden kann, auch wenn sie natĂŒrlich nicht allzu viel zur Selbststeuerung beitrĂ€gt. Davon abgesehen ermöglichen die Übersichten jedoch eine gute Orientierung.

Diese gute Orientierung wird auch durch den Aufbau des Buches selbst unterstĂŒtzt. Kurze, zusammengehörende Abschnitte sind durchnummeriert, so dass bei Verweisen im Buch eine schon fast hyperlinkartige Struktur entsteht. Zahlreiche zusammenfassende KĂ€stchen ermöglichen einen Überblick. Allerdings ist ihre Zahl gelegentlich zu groß und unterbindet dann einen Lesefluss. Alles in allem ist jedoch auch die zweite Auflage von Bernhard Bonz Methoden Buch insbesondere fĂŒr Praktiker eine Bereicherung des Markts.
Matthias Vonken (Erfurt)
Zur Zitierweise der Rezension:
Matthias Vonken: Rezension von: Bonz, Bernhard: Methoden der Berufsbildung, Ein Lehrbuch. Stuttgart: Hirzel 2009. In: EWR 11 (2012), Nr. 2 (Veröffentlicht am 10.04.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978377761528.html