Die Verfasserin behandelt im ersten Kapitel die professionstheoretischen, berufspolitischen und gesamtgesellschaftlichen Bezüge der Studie. Im zweiten Kapitel werden die zentralen Untersuchungskategorien bestimmt und das methodische Vorgehen erläutert. Kapitel 3 fasst die Ergebnisse früherer Studien zusammen. Die deskriptive Auswertung der Daten bildet den Hauptteil (Kap. 4). Kapitel 5 fasst die Ergebnisse zusammen. Die Gliederung ist etwas verwirrend, weil das als „Einleitung“ bezeichnete erste Kapitel und das dritte Kapitel eng aneinander anschließen. Kapitel 2 wäre besser nach Kapitel 3 gestanden.
Obwohl es sich um eine knappe Arbeit handelt, werden umfangreiche theoretische Bezüge hergestellt; detailliert ausgeführt werden sie allerdings nicht. Der Fragebogen wird nicht im Detail begründet. Die forschungsleitenden Begriffe werden präzise definiert. Dabei wird unter anderem deutlich, dass die Kategorie der Freiberuflichen nur eine Untergruppe der selbständigen freien Mitarbeiter ist. Da arbeits-, sozial- und steuerrechtliche Bestimmungen einschlägig sind, ist die genaue Definition von Freiberuflichkeit problematisch. Die Verfasserin zählt zu den Freiberuflern Honorarkräfte und freie Mitarbeiter, die vom Finanzamt eine Steuernummer als Freiberufler zugeteilt bekommen haben. Personen mit einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis in der Weiterbildung oder solche, die ein Gewerbe angemeldet haben, bleiben unberücksichtigt.
Die Autorin hat explizite Bildungseinrichtungen und implizit erwachsenenbildnerische Einrichtungen in Hessen mit der Bitte angeschrieben, die Fragebögen an freiberufliche Mitarbeiter weiter zu leiten. Implizite Bildungseinrichtungen haben ihren vorrangigen Organisationszweck nicht in der Weiterbildung. Bei 2.238 Anfragen konnten die Fragebögen von 307 Frauen und 189 Männer ausgewertet werden.
Die Grundgesamtheit ist nicht ausreichend bekannt. Insofern sind repräsentative Aussagen nicht möglich. Die Studie bleibt auf Institutionen im Bundesland Hessen beschränkt. Die Industrie- und Handelskammern dürften sich überdurchschnittlich beteiligt haben, die kirchliche Erwachsenenbildung dagegen unterdurchschnittlich. Dennoch können wir davon ausgehen, dass die Ergebnisse durchaus für die Landschaft der Weiterbildung in Hessen und vergleichbaren Bundesländern typisch sind. Die Übertragung der Ergebnisse auf die vermutete Grundgesamtheit wird dadurch erleichtert, dass die Verfasserin ihre Ergebnisse in wichtigen Punkten immer wieder mit den Ergebnissen anderer Studien vergleicht.
Es werden umfangreiche Daten analysiert, wobei u.a. bivariate Analysen zu interessanten Erkenntnissen fĂĽhren. Es wurden erfasst:
- personenbezogene Daten: Geschlecht, Lebensalter, Familienstand, Haushaltsgröße, Kinder, wirtschaftliche Lage;
- berufliche Hintergründe und Umfang der Tätigkeit: Ausbildungs- und Qualifikationsniveau, Erwerbsstatus beim Aufbau der Freiberuflichkeit, Gründe für die Aufnahme der Freiberuflichkeit, Form des Arbeitsverhältnisses, Monatseinkommen, soziale Unterstützung, Formen der Kundengewinnung;
- berufliche Kernaktivitäten und Inhalte der Tätigkeit;
- berufliches Selbstverständnis: Zufriedenheit mit der Freiberuflichkeit, Erwerb und Aktualisierung des Fachwissens, erforderliche Kenntnisse, erforderliche Persönlichkeitsmerkmale, beruflicher Erfolg, Ansehen in der Öffentlichkeit, öffentlicher Nutzen der Tätigkeit.
Es zeigen sich höchst signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede. Vor allem für Frauen unterstützt die freiberufliche Tätigkeit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Insgesamt kommen gut ein Viertel der Befragten aus erziehungswissenschaftlichen Studiengängen, knapp ein Viertel aus wirtschaftswissenschaftlichen. Die anderen Disziplinen sind nur schwach vertreten. Was die Tätigkeiten betrifft, so überwiegt die Lehr- und Trainingstätigkeit. Von Coaching und Supervision kann kaum jemand leben, von Organisationsberatung, Projektmanagement und Personalwesen schon. Das Einkommen ist im Durchschnitt weder besonders hoch noch erschreckend niedrig, wobei der Einkommensaspekt von den Befragten für nicht so wichtig erachtet wird.
Eine teilweise Entwarnung gibt die Verfasserin nicht nur hinsichtlich der Frage nach dem vermuteten prekären Erwerbsstatus der Befragten, sondern auch in Bezug auf professions- und gesellschaftstheoretische Aspekte. Die heterogenen Herkünfte verhindern ein „klar abgrenzbares Berufsbild“ (127), doch ob das als Nachteil oder als Vorteil zu werten ist, kann offen bleiben. Die Verfasserin neigt zum Ersteren, zeigt insgesamt jedoch vor allem positive Aspekte der Freiberuflichkeit auf. Sie arbeitet etwa heraus, dass es für die Befragten unerlässlich ist, ihr Wissen und ihre Kompetenzen stetig zu aktualisieren und weiter zu entwickeln, um im Wettbewerb bestehen zu können. Sie vermarkten sich vor allem über Empfehlungen. Ich frage mich jedoch, ob Erfolg auf dem Markt mit pädagogischer Qualität gleichgesetzt werden kann.
In gesellschaftstheoretischer Hinsicht schreibt die Verfasserin der Freiberuflichkeit in der Weiterbildung geradezu eine „Vorreiterposition für moderne Arbeitsbedingungen“ (125) zu; das ist nicht kritisch gemeint, sondern bejahend. Freiberuflichkeit ermöglicht die Korrektur von Berufsentscheidungen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf insbesondere für Frauen. Die Form Freiarbeit ist für vielfältige berufsbiographische Entwürfe anschlussfähig. Sie ermöglicht sowohl den Weiterbildnerinnen und Weiterbildnern als auch ihren Klienten die permanente Aktualisierung und Erweiterung von Wissen sowie einen flexiblen Umgang mit Arbeitsformen, Wissen und Methoden. Insofern scheint die Verfasserin sie für eine Erwerbsform zu halten, die den Anforderungen der Wissensgesellschaften und des Lebenslangen Lernens besonders gut entgegen kommt. Das kann man auch kritischer sehen, zumal prekäre Beschäftigungen in den Daten dieser Studie durchaus zu finden sind. Der Verfasserin kommt es jedoch darauf an, die Leistungen herauszuarbeiten, die die Freiberufler erbringen. Gegen „oftmals latent mitschwingende Defizitzuschreibungen im professionstheoretischen Diskurs“ (128) plädiert sie dafür anzuerkennen, dass Akteure sich hier „mit Risiken arrangieren“ und „mit Unsicherheiten umgehen“ (ebd.) und der Markt durchaus Fähigkeiten zur Selbstregulation zeigt.