Angesichts des im Anschluss entfalteten Forschungsgegenstands „Teams kooperativer schulinterner Evaluation“, die sich aus Mitgliedern des Oberstufen-Kollegs und Mitgliedern der Universität Bielefeld zusammensetzen, wäre eine alternative theoretische Einbettung denkbar gewesen und auch der Forschungsstand hätte sich wohl anders dargestellt, da es insbesondere im angloamerikanischen Raum eine lange Tradition der Kooperation zwischen Schulen und Universitäten gibt.
Diese Lücken sind aber durchaus zu verschmerzen, da die eigentliche Leistung der Arbeit auf der Darstellung und der Analyse eines Sonderfalls schulinterner Kooperation, nämlich der „kooperativen schulinternen Evaluation“, basiert. Der Gegenstand der Untersuchung ist das Resultat einer Entwicklung am Oberstufen-Kolleg, der von Hartmut von Hentig begründeten Versuchsschule des Landes Nordrhein-Westfalen in Bielefeld. Aus dem dort lang erprobten Lehrerforschermodell wurde in einem seit 2002 fortwährenden Erneuerungsprozess das Konzept der „kooperativen schulinternen Evaluation“, das die Kooperation von Fachlehrkräften mit wissenschaftlichen Mitarbeitern der Universität Bielefeld, den so genannten Evaluatoren, vorsieht. Kapitel fünf widmet sich den historischen Entwicklungen am Oberstufen-Kolleg sowie den konkreten Beschreibungen der Aufgaben der Evaluationsteams (139-184).
Grundlage seiner Untersuchung sind insgesamt 11 Interviews mit Personen aus zwei Evaluationsteams, die als Fall 1 und 2 ausgewertet werden, wobei vier Fragestellungen leitend sind:
- Welche ĂĽbergeordneten Strukturmerkmale weist kooperative schulinterne Evaluation als Sonderform schulinterner Evaluation auf?
- Wie gestaltet sich die Umsetzung kooperativer schulinterner Evaluation unter jeweils gegebenen Bedingungen und wie verhalten sich die beteiligten Akteure?
- Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit sich kooperative schulinterne Evaluation realisieren lässt?
- Welchen Einfluss üben ‚schulfremde’ Akteure auf evaluationsbezogene Kooperationsprozesse aus? (312).
Auf fast 90 Seiten bearbeitet Boller die zwei von ihm ausgewählten Fälle. Die Fallpräsentation erfolgt entlang der gleichen thematischen Auswertungsaspekte, wobei die Auswahl dieser Aspekte unklar bleibt. Das Kapitel wird mit einem Fallvergleich beschlossen. Der Autor präsentiert in diesem Abschnitt interessantes mitunter gar spannendes Interviewmaterial. Die anschließenden vom Autor vorgestellten Interpretationen sind dann zwar nachvollziehbar, keinesfalls aber immer zwingend. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass bestimmte Antworten auf Fragen, die für die Interpretation der Interviews wichtig sind, nicht gegeben werden. Das betrifft beispielsweise die folgenden Fragen:
- Wie kam es zur Fallauswahl?
- Wie kam es zur Auswahl der Textpassagen?
- Welche Rolle hatte der Autor (Mitarbeiter an der Uni Bielfeld) in der Gesamtkonstellation?
- Wer sind die Evaluatoren und wie wurden diese auf ihre Aufgabe vorbereitet (Berufsanfänger, Mitarbeiter mit langjähriger Berufserfahrung)?
- Wie sahen die, auch formalen, Rahmenbedingungen der Kooperation aus (wie oft getroffen, welcher formale Auftrag, etc.)?
Insgesamt gesehen hat das Buch vor allem in den Auswertungen der Interviews seine Stärken und dies gilt trotz einiger kleiner Schwächen in der Kohärenz des methodischen Vorgehens. Entgegen der Ankündigung des Klappentextes muss jedoch gesagt werden, dass Potenziale dieser spezifischen Form der internen Evaluation nicht deutlich werden (können), da das Forschungsdesign zur Beantwortung dieser Frage – wie Boller zu Recht selbst einräumt – gar nicht geeignet ist. Vielmehr handelt es sich um einen Mikroeinblick in eine spezifische Kooperationsform zwischen Universität und Schule.
[1] Terhart, E./Klieme, E.: Kooperation im Lehrerberuf – Forschungsproblem und Gestaltungsaufgabe. Zur Einführung in den Thementeil. In: Zeitschrift für Pädagogik, 52, 2, 2006, S. 163-166.
[2] Holtappels, H.G. (Hrsg.): Schulprogramme - Instrumente der Schulentwicklung. Weinheim und MĂĽnchen: Juventa 2004.