Familie und Schule sind für Kinder und Jugendliche Hauptsozialisationsinstanzen, die an unterschiedlichen Orten angesiedelt sind. Mit dem Prinzip der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft sollen beide Instanzen zusammengebracht werden. Das Ziel dabei ist, Kindern und Jugendlichen die bestmögliche schulische Entwicklung zu gewährleisten. In mehreren Forschungsbefunden zeigt sich jedoch, dass eine solche Partnerschaft Herausforderungen mit sich bringt, über die erstens informiert werden und zweitens, über die diskutiert werden muss mit der Prämisse des Funktionierens dieser relevanten Partnerschaft. Denn wir wissen [vgl. 1, 2, 3, 5], dass ein Funktionieren, ein gutes und effektives Zusammenarbeiten von Schule und Elternhaus tatsächlich positive Auswirkungen auf die schulische Entwicklung von Schülerinnen und Schülern hat.
Daher kommt dem Band „Schule und Eltern – eine schwierige Partnerschaft“ von Sacher, Berger und Guerrini eine große Bedeutung zu. Sacher, Berger und Guerrini machen sich zur Aufgabe, über die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft von Eltern und Lehrkräften zu informieren, Herausforderungen und schwierige Situationen zu beschreiben und präventive und intervenierende Lösungsvorschläge für eben solche anzubieten.
Der Band ist in drei inhaltliche Abschnitte unterteilt, welche aus mehreren kurzen Teilkapiteln bestehen und sehr übersichtlich strukturiert sind. Dabei wird der Spagat zwischen umfangreicher Information und der Berücksichtigung von Ressourcen der Leserschaft (zeitlicher Verfügbarkeiten von Schulleitung und Lehrkräften) optimal bedient.
Der erste Abschnitt „Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Schule und Elternhaus“ bildet eine Einführung in die theoretische Arbeit zur Erziehungs- und Bildungspartnerschaft. Dabei wird mit dem traditionellen Bild der Elternarbeit aufgeräumt und deutlich aufgezeigt, was es bedeutet, eine Partnerschaft zwischen Schule und Eltern zu etablieren/gestalten, nämlich die aktive Teilnahme beider Instanzen mit gleicher Verantwortung und gegenseitiger Ergänzung. Folgend wird ein von Sacher (2014) weiterentwickeltes Modell zur Erziehungs- und Bildungspartnerschaft verständlich aufbereitet beschrieben. Dabei gelingt es, den komplexen Prozess von der Partnerschaft bis hin zur Wirkung für Lernende für die Leserschaft verständlich darzulegen. Hervorzuheben ist, dass Aufgabenbereich für das Gelingen einer Partnerschaft benannt und beschrieben werden, die der Praxis konkrete Orientierungshilfe darin bietet, wie die Partnerschaft aufgebaut und weiterentwickelt werden kann. Die Beschreibung wird zwar mit nicht ganz immer aktuellen und neusten Forschungsbefunden untermauert, trotz dessen sind diese nicht weniger relevant.
Strategien zum Umgang mit schwierigen Situationen werden im zweiten Abschnitt „Prävention und Intervention bei Schwierigkeiten“ aufgezeigt. Dabei werden mehrere Themenfelder wie die Vertrauensbildung, Beratungsarbeiten, Gesprächsführung oder der Einbezug der Lernenden in die Partnerschaft besprochen. Mit Bedacht wird erklärt, warum Themenfelder in der Praxis der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft bedient werden sollten und was der Unterschied zwischen Optimum und Realität ist. Beispielsweise wird verständlich gemacht, dass die Stärkung der Eltern, genauer deren Fähigkeiten zur Förderung des einigen Kindes im häuslichen Umfeld, bedeutsam ist, und Eltern gleichzeitig Schwierigkeiten in der Umsetzung haben. Sacher, Berger und Guerrini zeigen auf, welche Faktoren bei der Aufklärung und Beratung von Eltern zu bedenken sind und in welchen Situationen Schwierigkeiten entstehen könnten. Hilfreich für die Leserschaft ist der Hinweis auf verschiedene Präventionsprogramme zum Elterntraining.
Bedeutsam ist zudem, dass verschiedene Gesprächsformen, Abläufe und Zielsetzung verschiedener Gespräche abgehandelt werden. Das ist ein hochrelevantes Thema für die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft und zeigt, wie stark das Buch an die Praxis gerichtet ist. An dieser Stelle wären Fallbeispiele und Hinweise auf weitere wichtige Informationsquellen jedoch hilfreich gewesen. Im weiteren Verlauf benennen Sacher, Berger und Guerrini, dass Lernende selbst als Teil in die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Eltern und Schule einbezogen werden können (sollten), um Gleichheit und Offenheit zwischen den Akteuren zu schaffen und Lernende nicht im Gefühl zu bestärken, dass über sie geredet wird, sondern, so lautet die Prämisse, mit ihnen gemeinsam am Bildungserfolg zu arbeiten.
Der Abschnitt „Zeiten und Schwierigkeiten potenziell schwieriger Zusammenarbeit“ ist aufschlussreich für jede Lehrkraft, da hier umfangreich über schwierige Situationen informiert wird. Dabei werden für Schulleitung und Lehrkräfte klare Hinweise zur Minderung beziehungsweise Vermeidung schwieriger Situationen benannt. Insbesondere wird der Informationsaustausch als präventives Mittel hervorgehoben. Auch der Gesprächsführung wird ein hoher Stellenwert zugesprochen, denn wie Sacher, Berger und Guerrini passend schreiben, kann ein einfühlsames, gut strukturiertes und moderiertes Gespräch eine angenehme Situation schaffen und zum Lösen von Konflikten beitragen. Im Abschnitt werden mehrere Gegebenheiten beschrieben, die zu Schwierigkeiten in der Partnerschaft führen, beispielsweise der Übergang in die Sekundarschule, der sozioökonomische Status der Familie, Familienstrukturen und Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Erziehungsstils sowie kulturelle Unterschiede zwischen Schule und Elternhaus. Lehrkräfte werden in den einzelnen Kapiteln nicht nur evidenzbasiert aufgeklärt, sondern auch ermutigt. Immer wieder wird auf die eingangs beschriebenen Qualitätsstandards zur Elternarbeit verwiesen, welche für die Leserschaft eine klare Orientierungshilfe darstellen. Deutlich wird benannt, welche Vorteile es bietet, nicht nur darauf zu achtet, welche Unterschiede zwischen Eltern und Lehrkräften besteht und was schwierig werden könnte, sondern der Blick kann auch darauf gerichtet werden, welche Vorteile eine Partnerschaft mit sich bringen kann und wie sich gegenseitig ergänzt werden kann.
Besonders gelungen sind die Abschnitte zur interkulturellen Elternarbeit und zu unterschiedlichen Rollenvorstellungen zwischen Familie und Schule. Klar hervorgehoben wird die Relevanz eines Perspektivwechsels, um sich in Eltern hineinversetzen. Lehrkräfte müssen sich klar darüber werden, dass Eltern keine einheitliche Gruppe sind – darauf weist die AutorInnengruppe gelungen und verständlich hin.
Das Fazit des Bandes scheint übereilt und fällt sehr kurz aus. Wünschenswert wäre eine abschließende Ermutigung für die Lehrkräfte und Schulleitungen sowie ein Rat, welche Prinzipien und welcher Umfang in der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft gegeben sein sollen, um schwierige Situationen bestmöglich zu vermeiden und welche Aspekte die Qualität einer Partnerschaft verbessern, aber nicht implementiert werden müssten. Durch solch einen Kommentar wäre gegeben, der Praxis aufzuzeigen, was Basis und Optimum darstellt und würde für Lehrkräfte und Schulleitung ein klares Statement darstellen. Nichtsdestotrotz besteht kein Zweifel, dass die Autoren eine hohe Expertise in dem Feld haben und durch ihr Buch hohe Informationsdichte für Ihre Leserschaft bieten. Punkte, die im Buch weniger benannt werden, sind die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft im sonderpädagogischen Förderbereich, die Gestaltung von Schulordnungen sowie Unterstützungsmaßnahmen für Lehrkräfte, beispielsweise die Zusammenarbeit im Kollegium oder mit der Gemeinde, in der die Schule angesiedelt ist.
Abschließend kann gesagt werden, dass das Buch für Schulleitungen und Lehrkräfte eine passende, sehr gut aufbereitete Lektüre ist, um (a) einen Einblick in die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Familie und Schule zu erhalten und (b) umfangreich über schwierige Situation und erste Lösungsvorschläge aufgeklärt zu werden. Das Buch bietet einen wichtigen Beitrag für den Theorie-Praxis-Transfer zum Thema der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft und zeigt schulischen Akteur/innen auf, welche Aufgaben auf beiden Seiten bestehen. Beispiele aus der Praxis fehlen, die jedoch an vielen Stellen noch einmal zur Verständlichkeit hätten beitragen können. Zusammenfassend ist die Lektüre ausdrücklich zu empfehlen.
Literaturverweise
[1] Fan, W. & Williams, C. M. (2010). The effects of parental involvement on students’ academic self‐efficacy, engagement and intrinsic motivation. Educational Psychology, 30(1), 53–74.
[2] Jeynes, W. H. (2012). A Meta-Analysis of the Efficacy of Different Types of Parental Involvement Programs for Urban Students. Urban Education, 47(4), 706–742. https://doi.org/10.1177/0042085912445643
[3] Rubach, C. (2018). Kooperationsbeziehungen zwischen Eltern und Lehrkräften am Ende der Sekundarstufe I. Doctoralthesis. Universität Potsdam.
[4] Sacher, W. (2014). Elternarbeit als Erziehungs- und Bildungspartnerschaft. Grundlagen und Gestaltungsvorschläge für alle Schularten (2., vollst. überarb. Aufl.). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
[5] Wilder, S. (2014). Effects of parental involvement on academic achievement. a meta-synthesis. Educational Review, 66(3), 377–397. https://doi.org/10.1080/00131911.2013.780009
EWR 19 (2020), Nr. 5 (November / Dezember)
Schule und Eltern – eine schwierige Partnerschaft
Wie Zusammenarbeit gelingt
Stuttgart: Kohlhammer 2019
(155 S.; ISBN 978-3-17-032707-8; 29,00 EUR)
Charlott Rubach (University of California, USA)
Zur Zitierweise der Rezension:
Charlott Rubach : Rezension von: Werner, Sacher, / Fred, Berger, / Flavia, Guerrini,: Schule und Eltern – eine schwierige Partnerschaft. Stuttgart: Kohlhammer 2019. In: EWR 19 (2020), Nr. 5 (Veröffentlicht am 22.12.2020), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978317032707.html
Charlott Rubach : Rezension von: Werner, Sacher, / Fred, Berger, / Flavia, Guerrini,: Schule und Eltern – eine schwierige Partnerschaft. Stuttgart: Kohlhammer 2019. In: EWR 19 (2020), Nr. 5 (Veröffentlicht am 22.12.2020), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978317032707.html