EWR 4 (2005), Nr. 3 (Mai/Juni 2005)

Geschichte und Gegenwart gymnasialer Bildungsgänge - Eine Sammelbesprechung:

Ping-Huang Chang
Transformation of Vocational Secondary Schools.
A Study of the Vocational Gymnasium in Germany.
Opladen: Barbara Budrich 2005
(215 S.; ISBN 3-938094-98-2; 39,90 )
Dieter Lang
Gymnasiale Bildungspolitik in Baden-Württenberg.
Theorie und Wirklichkeit (1963-2003)
Frankfurt a.M.: Peter Lang 2004
(291 S.; ISBN 3-631-52771-3; 51,50 )
Lucas Lohbeck
Das höhere Schulwesen in Nordrhein-Westfalen - 1945/46 bis 1958
Frankfurt a.M.: Peter Lang 2004
(344 S.; ISBN 3-631-53249-0; 56,50 )
Transformation of Vocational Secondary Schools. In der Forschung zur Entwicklung des (west-)deutschen Schulwesens nach 1945 lassen sich gewisse zeit- und themenbezogene Konjunkturen erkennen. So gab es in den 1970er Jahren eine erste Welle von Untersuchungen, in denen die zwischen deutschen und alliierten Akteuren in den Besatzungszonen um die – je nach interpretatorischem Zugriff – Rekonstruktion oder Restauration der Schule geführten Auseinandersetzungen im Mittelpunkt standen. In den 1980er und frühen 1990er Jahren lag der Fokus vieler Studien auf der bundesländerspezifischen Entwicklung von Schulpolitik und Schulsystem. Seit einigen Jahren werden vermehrt Arbeiten vorgelegt, die thematisch noch enger gefasst sind; in ihnen wird eine Schulart bzw. ein Bildungsgang – dies z.T. ebenfalls bezogen auf ein Bundesland – der Analyse unterzogen. Letzteres gilt auch für die drei hier vorzustellenden Werke. Bei allen handelt es sich um Dissertationsschriften, deren Verfasser sich mit gymnasialer Bildung bzw. der auf das Gymnasium gerichteten Bildungspolitik auf Länderebene befassen. Damit allerdings sind deren wesentliche Gemeinsamkeiten auch schon benannt. Beachtenswert sind hingegen vielmehr die Unterschiede in der Herangehensweise an das Thema und die jeweils gewählten inhaltlichen und methodischen Schwerpunktsetzungen.

Die von Ping-Huang Chang vorgelegte Untersuchung entstand im Umfeld der »TOSCA-Studie«, im Rahmen derer die beruflichen Gymnasien in Baden-Württemberg im Vergleich zu den allgemein bildenden Gymnasien empirisch untersucht wurden. In Baden-Württemberg ist das berufliche Gymnasium von quantitativ herausragender Bedeutung; mit gegenwärtig knapp 30% aller Abiturientinnen und Abiturienten erhält dort ein deutlich höherer Schüleranteil eine Hochschulzugangsberechtigung als in vergleichbaren Schulen aller anderen Bundesländer. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass an beruflichen Gymnasien eine allgemeine, unbeschränkte Hochschulzugangsberechtigung erworben werden kann. Das Interesse des Verfassers am beruflichen Gymnasium begründet sich in dem Vorbildcharakter, den er dieser Schulart im Hinblick auf Reformen in Taiwan, seinem Heimatland, beimisst. Dort seien die höhere berufsbezogene und die auf eine Hochschulzugangsberechtigung zielende Bildung vergleichsweise streng getrennt, und im Konzept beruflicher Gymnasien sieht er eine mögliche Variante für die Zusammenführung dieser beiden Bildungsbereiche und damit für eine Transformation von Schule und Unterricht in der oberen Sekundarstufe des taiwanesischen Bildungssystems.

Der Aufbau der Studie ist durch zwei methodisch differierende Zugänge gekennzeichnet – einen historisch-deskriptiven und einen empirisch-analytischen Themenschwerpunkt. An eine knappe Darstellung des taiwanesischen Bildungssystems und des für dieses konstatierten Reformbedarfs schließt sich ein rund fünfzig Textseiten umfassender Abschnitt an, in dem sich der Verfasser in einer Mischung aus aktueller Sachstandsbeschreibung und historischem Abriss mit dem deutschen Sekundarschulwesen im Allgemeinen, mit der Entwicklung des Gymnasialschulwesens im Besonderen und schließlich mit der quantitativen Expansion der zur Hochschulreife führenden Bildungsgänge befasst. Sie wird ergänzt um eine ebenfalls knapp fünfzigseitige, gründlich recherchierte und detailreiche Skizze zur Entwicklung und zur aktuellen Situation des beruflichen Gymnasiums in Baden-Württemberg.

Der zweite Teil der Arbeit ist dem Referat und der Auswertung von TOSCA-Daten gewidmet, die Chang unter zwei Fragestellungen vornimmt: 1. Inwieweit differiert die Schülerschaft beruflicher Gymnasien von der allgemein bildender Gymnasien hinsichtlich des sozialschichtspezifischen Hintergrundes der Schülereltern?; 2. Welche Erkenntnisse lassen sich aus einem Vergleich der in den beiden Gymnasialtypen gemessenen Schülerleistungen gewinnen?

Bei dem Vergleich beider Gymnasialtypen und ihrer Schülerschaft ist zu beachten, dass die beruflichen Gymnasien lediglich aus der dreijährigen gymnasialen Oberstufe bestehen und insofern der Zugang zu diesen anderen Bedingungen unterliegt, als dies bei den allgemein bildenden Gymnasien der Fall ist. Dies wirkt sich auf die Zusammensetzung der Schülerschaft in der Oberstufe aus. Befragt nach der bis zur Klassenstufe 10 besuchten Schule zeigt sich, dass mehr als zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler an beruflichen Gymnasien vor ihrem Eintritt in diese Schule einen Realschulbildungsgang absolvierten. In der Oberstufe allgemein bildender Gymnasien in Baden-Württemberg finden sich hingegen lediglich 2,5% Schülerinnen und Schüler, die nicht bereits in Klasse 10 und davor das Gymnasium besuchten. Angesichts des Umstandes, dass sich nur wenige Realschulabsolventen und so gut wie gar keine Hauptschulabsolventen an den Gymnasien der »Normalform« finden, lassen sich implizite oder explizite Formen einer Lenkung der Schülerströme vermuten – eine Hypothese, der Chang bedauerlicher Weise nicht nachgeht. Angesichts der bekannten Zusammenhänge zwischen der besuchten Schulart und dem sozioökonomischen Status der Eltern überrascht des weiteren kaum, dass eben jener sozioökonomische Status der Schülereltern zwischen den beiden Gymnasialtypen nicht unerheblich differiert. An allgemein bildenden Gymnasien liegt er, so Chang, signifikant über dem der beruflichen Gymnasien. Vergleichbares gilt für Unterschiede im Bildungsniveau der Schülereltern.

Die zweite Forschungsfrage im empirischen Teil galt dem Vergleich der Schülerleistungen. Hier wurden über das bereits bei TIMSS/III eingesetzte Instrumentarium Mathematikleistungen erhoben, deren leitfragenspezifische Auswertung u.a. zeigte, dass die an beruflichen Gymnasien gemessenen Durchschnittsleistungen unter denen der allgemein bildenden Gymnasien lagen. Bei einer Einzelauswertung nach Typen beruflicher Gymnasien ergibt sich aber ein differenzierteres Bild: Während die an technischen Gymnasien gemessenen Mathematikleistungen sogar noch leicht über den der allgemein bildenden Gymnasien lagen, fielen die an ernährungswissenschaftlichen und sozialpädagogischen Gymnasien gemessenen Leistungen dagegen signifikant ab.

Insgesamt vermag Chang dem deutschen Leser – sieht man einmal von dem umfassenden Einblick in die Entwicklung des beruflichen Gymnasiums in Baden-Württemberg ab – im historischen Teil seiner Arbeit nur begrenzt Neues zu bieten. Gleichwohl lohnt ein Blick in die Studie, denn sie enthält einen konzisen Überblick sowohl über die historische Genese als auch über die aktuelle Situation eines Gymnasialtyps, den viele als geeignet ansehen, noch zu einem späten Zeitpunkt der Schullaufbahn die Korrektur von Schulwahlentscheidungen zu ermöglichen und damit einen Beitrag zur Erhöhung der Durchlässigkeit des Schulwesens, letztlich zur Bildungschancengleichheit zu leisten. Auch die Auswertung der empirischen Daten ist beachtenswert. Hier bestätigt sich nochmals, was bereits die Ergebnisse anderer Schülerleistungsstudien nahe legen: den engen Zusammenhang von Lernleistung und sozioökonomischem Status, der offensichtlich bis heute von der Schule kaum aufgebrochen zu werden vermag.

Der von Dieter Lang vorgelegte Band, eine im Jahr 2004 an der Universität Tübingen angenommene Dissertationsschrift, hat ausweislich seines Titels ebenfalls die Gymnasien in Baden-Württemberg zum Gegenstand; er unterscheidet sich in seinem inhaltlichen und methodischen Zuschnitt jedoch deutlich von der Studie Changs. Lang hat sich vorgenommen, die auf das Gymnasium bezogene Schulpolitik in Baden-Württemberg im Zeitraum von 1963 bis 2003 zu analysieren und die bildungspolitischen Ziele, Intentionen und Postulate, die er terminologisch unscharf als »Theorie« bezeichnet, den faktischen schulpolitischen Entscheidungen und Maßnahmen und ihren Konsequenzen gegenüber zu stellen. Hierzu formuliert er acht Thesen, u.a. dass sich das gegliederte Schulsystem bewährt habe – dies allerdings mit Einschränkung, dass der Übergang von der Grundschule in das Gymnasium zunehmend Schwächen aufweise, dass die Orientierungsstufe sich nicht bewährt habe, dass die Probleme der [gymnasialen H.-W.F.] Mittelstufe nicht gelöst worden seien oder dass die Reform der gymnasialen Oberstufe zum Teil auf falschen Voraussetzungen und Annahmen basierte (19). Darüber hinaus formuliert er eine Vielzahl von Fragen, auf die er im Rahmen der Untersuchung Antworten geben will. Der Gang seiner Argumentation und der Aufbau der Textes sind aber wesentlich an den Thesen orientiert, die er Kapitel für Kapitel abarbeitet.

Nach Lektüre der Arbeit bleibt eine gewisse Ratlosigkeit. Wo die Operationalisierung von Begriffen und – angesichts der plakativ und zugespitzt formulierten Thesen – eine stringente, quellengesättigte Argumentation notwendig gewesen wäre, die schließlich in eine differenzierte Beantwortung der aufgeworfenen Fragen mündet, finden sich zunächst zwar durchaus sachlich vorgetragene Hinweise und Daten zur Entwicklung des Gymnasialschulwesens, aber auch anderer Schularten wie der Hauptschule, die nicht Gegenstand des Themas sind. Solchen Aussagen stehen dann aber an vielen Stellen unbelegte und häufig auch kaum zu belegende Wertungen, Spekulationen und Meinungen gegenüber – ein Beispiel: Im Kapitel I »Bildung in neuer Sicht« (23-50) geht es dem Verfasser um den Beleg seiner These, dass sich das dreigliedrige Schulsystem »mit Einschränkung« bewährt habe. Hierzu erläutert er den Aufbau des Sekundarschulwesens, stellt Planungen und Reformkonzepte vor und beschreibt die Umsetzung dieser Konzepte. Daraufhin bestätigt oder verwirft er dann aber nicht seine Leitthese auf der Basis des Dargestellten, sondern nimmt eine individuelle Bewertung vor: "Um die Fragen nach den Stärken und Schwächen des gegliederten Schulsystems zu beantworten, ist eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig, die deshalb kaum eine Chance auf Akzeptanz hat, weil Gegner und Befürworter (...) sich unbeeindruckt von den Argumenten und Erfahrungen der Gegenseite gegenüberstehen und sich in ihren Ansichten nicht bewegen. Deshalb sei hier meine persönliche Einschätzung und Bewertung aufgrund von jahrzehntelanger Begleitung der Entwicklung an den Gymnasien wiedergegeben" (48). Dieses Vorgehen ist bedauerlicher Weise kennzeichnend für den Text als Ganzen. Unübersehbar ist zudem, dass der Band durchgängig arbeitsmethodische, »handwerkliche« Unzulänglichkeiten aufweist. Diese beginnen bereits bei der mehr als acht Seiten umfassenden Gliederung, die eine Parzellierung des Textes in unzählige kleine und kleinste, z.T. nur wenige Zeilen oder einzelne Sätze umfassende Teilkapitel anzeigt – ein Vorgehen, das den Aussagewert der Abschnitte und die flüssige Lesbarkeit insgesamt beeinträchtigt. Die verwendete Sekundärliteratur lässt sich auf einer knappen Seite nachweisen; daneben sind es einige Dokumente der KMK und der baden-württembergischen Schuladministration sowie Artikel vor allem aus der Tages- und Wochenpresse, auf die sich die zum Teil weit reichenden Schlussfolgerungen und Wertungen stützen. Es bleibt der Eindruck, dass das Ziel des Verfassers weniger die kritisch-analytische Aufarbeitung von vierzig Jahren baden-württembergischer Schulpolitik und ihrer praktischen Konsequenzen »sine ira et studio« war, sondern vielmehr eine »Abrechnung« mit einer aus seiner Sicht weitgehend verfehlten Gestaltung vor allem des Gymnasiums aus der Sicht "der Lehrkräfte, Schüler und Eltern, die das schulische Leben gestaltet und erlitten haben" (21). Insoweit hat der Verfasser weniger eine sachlich-kühl argumentierende Analyse, sondern vielmehr einen Essay über Anspruch und Wirklichkeit von vierzig Jahren baden-württembergischer Gymnasialpolitik aus der subjektiven, nur wenig distanzierten Sicht eines Betroffenen vorgelegt. Stellt man dies in Rechnung, kann man den Band durchaus mit Gewinn lesen.

Lucas Lohbeck widmet sich dem höheren Schulwesen des Landes Nordrhein-Westfalen in den Jahren 1945/46 bis 1958. Er sieht seine Arbeit als Beitrag zur Schließung einer Forschungslücke, was insoweit zutrifft, als mittlerweile zwar eine Vielzahl von Arbeiten vorliegt, in denen das höhere Schulwesen im Nordrhein-Westfalen der Nachkriegszeit betrachtet wird, es bislang aber noch niemand unternommen hat, die Entwicklung ausschließlich der gymnasialen Bildungseinrichtungen in einem Zeitraum von lediglich knapp eineinhalb Jahrzehnten vergleichbar detailreich und unter umfassender Nutzung von Archivalien zu untersuchen und in einer zusammenhängenden Darstellung zu präsentieren. Nicht vollends überzeugend erscheint allerdings die Begründung, warum das Jahr 1958 als Ende des Untersuchungszeitraumes gewählt wurde. Mit dem Hinweis z.B. auf die in diesem Jahr verabschiedete Gesetzesvorhaben – hier des Schulfinanzierungs- und des Schulverwaltungsgesetzes – oder des Ausscheidens wichtiger Mitarbeiter aus der Kultusverwaltung – genannt wird Bernhard Bergmann – ließe sich auch das Jahr 1952 begründen, in dem mit dem Schulordnungsgesetz das erste größere auf die Gestaltung des Schulwesens bezogene Gesetzesvorhaben den nordrhein-westfälischen Landtag passierte. Zudem trat 1952 mit Josef Schnippenkötter eine Person in den Ruhestand, deren Einfluss auf die Gestaltung gerade der höheren Schule in der Nachkriegszeit kaum überschätzt werden kann.

Was bietet die Untersuchung inhaltlich? Der Verfasser teilt den Untersuchungszeitraum in vier Phasen auf, denen er sich unterschiedlich umfassend zuwendet. In der ersten Phase, die mit dem Kriegsende 1945 einsetzt und die Lohbeck bereits 1947 als im wesentlichen abgeschlossen ansieht, stand die »Reorganisation des höheren Schulwesens« im Vordergrund (19-82). Hier geht er u.a. auf die britische Re-Education-Konzeption, den Wiederaufbau der Schuladministration, die Pläne zur inhaltlichen Gestaltung des Unterrichts, insbesondere der Sprachenfolge, die Auslese der Schüler für die höheren Schulen, die Reifeprüfungen und die Gymnasiallehrerausbildung ein. Im zweiten Abschnitt, »Das höhere Schulwesen in der Reformdiskussion und Reformplanung (1947-1949)« überschrieben (83-124), werden Gegenstände wie die schulpolitischen Positionen des Philologenverbandes, die zu dieser Zeit im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines Schulgesetzes bedeutsame »Denkschrift des Kultusministeriums zur Reform der Schulorganisation«, die Frauenoberschule und die Diskussion um die Schulgeld- und Lernmittelfreiheit behandelt. Die Jahre 1950-1953 bezeichnet der Verfasser als Phase der »Reform des höheren Schulwesens« (125-232), in der neben Länder übergreifenden Initiativen, wie sie z.B. in die »Tübinger Beschlüsse« des Jahres 1950 mündeten, in Nordrhein-Westfalen selbst einige Änderungen im höheren Schulwesen von Bedeutung waren. Zu diesen Veränderungen zählten u.a. inhaltliche Reformen in der gymnasialen Oberstufe und der Reifeprüfung, eine Neuordnung der Schülerauswahl beim Übergang von der Grundschule an höhere Schulen und Anpassungen in der Gymnasiallehrerausbildung. Im vierten Abschnitt, der die Jahre 1954 bis 1958 umfasst, stellt Lobeck schließlich »Die Vereinheitlichung des höheren Schulwesens in der Bundesrepublik" (233-318) als zentrales Thema heraus. Im Gegensatz zu den davor liegenden vorwiegend internen, auf Nordrhein-Westfalen konzentrierten Diskussionen und Entscheidungen zeigt sich hier, dass die weitere Entwicklung des höheren Schulwesens durch Länder übergreifende Debatten und Beschlüsse vor allem der Kultusministerkonferenz, aber auch des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen geprägt wird.

Lohbeck versteht es, über die verfügbare Sekundärliteratur und die darüber hinaus ausgewerteten Archivalien, insbesondere verwaltungsinterne Dokumente (Richtlinien, Anordnungen, Erlasse etc.) und Korrespondenzen der im betrachteten Zeitraum maßgeblichen Akteure ein dichtes und mit vielen Details versehenes Bild seines Untersuchungsgegenstandes zu zeichnen. Wenngleich er nicht zu grundlegend neuen, die bisherigen Interpretationen der Nachkriegsschulgeschichte in Nordrhein-Westfalen wesentlich korrigierenden Einschätzungen gelangt, so wird das Wissen um die Konflikte und Debatten, die den Entscheidungen zur Gestaltung der höheren Schule zugrunde lagen, durch die vorgelegte Studie doch umfassender und facettenreicher.

Mit Blick auf die Präsentation der bearbeiteten Teilthemen zeigt sich allerdings, dass das vorrangige Bemühen, bei der Nachzeichnung der Ereignisse die chronologische Reihenfolge einzuhalten, an einigen Stellen seinen darstellerischen Tribut fordert. Dies gilt im Hinblick auf die systematische Bearbeitung von Untersuchungsgegenständen ebenso wie für die Lesbarkeit der Arbeit insgesamt. So finden sich z.B. zur Frauenoberschule, zur Auslese der Schüler für die höheren Schulen, zur Reifeprüfung und zur Ausbildung der Gymnasiallehrkräfte an verschiedenen Stellen Unterkapitel, die eigentlich inhaltlich zusammengehörten. Hier hätte ein stärkeres Bemühen um eine Integration von chronologischer und systematischer Darstellung ertragreich sein können. Überdies stellt er seiner Untersuchung bedauerlicher Weise keine Thesen oder leitenden Fragestellungen voran, an die abschließend noch einmal hätte angeknüpft werden können, um der Untersuchung etwas mehr analytische Tiefenschärfe zu verleihen. Als Fazit lässt sich sagen, dass es dem Verfasser gelungen ist, den Kenntnisstand um die Entwicklung des höheren Schulwesens in Nordrhein-Westfalen zu erweitern und damit in der Tat einige Lücken der Forschung zu schließen. Gleichwohl dürfte und sollte die Arbeit nicht die letzte zu diesem Thema gewesen sein.





Hans-Werner Fuchs (Hamburg)
Zur Zitierweise der Rezension:
Hans-Werner Fuchs: Rezension von: Chang, Ping-Huang (Hg.): Transformation of Vocational Secondary Schools., A Study of the Vocational Gymnasium in Germany., Opladen: Barbara Budrich 2005. Lang, Dieter: Gymnasiale Bildungspolitik in Baden-Württenberg., Theorie und Wirklichkeit (1963-2003), Frankfurt a.M.: Peter Lang 2004. Lohbeck, Lucas: Das höhere Schulwesen in Nordrhein-Westfalen - 1945/46 bis 1958, Frankfurt a.M.: Peter Lang 2004. In: EWR 4 (2005), Nr. 3 (Veröffentlicht am 20.05.2005), URL: http://klinkhardt.de/ewr/930804982.html