Torsten Gass-Bolm verfolgt mit seiner Studie zwei Ziele. Zum einen will er eine Institutionengeschichte des westdeutschen Gymnasiums von 1945 bis 1980 schreiben. Neben der Darstellung etwa bildungstheoretischer Grundlagen oder struktureller Veränderungen geht es ihm hierbei „insbesondere auch um den inneren Wandel sozialer und kultureller Normen am Gymnasium“ (20). Diese Institutionengeschichte soll zum anderen in Beziehung gesetzt werden zum weiteren Kontext der westdeutschen Gesellschaftsgeschichte, das heißt, es „werden Entwicklungen im Gymnasium nicht nur für sich genommen, sondern als Indikatoren für den gesellschaftlichen Wandlungsprozess in der Bundesrepublik verstanden“ (ebd.). Damit ist konkret auch ein Beitrag verbunden zur Diskussion um die Periodisierung der Geschichte der alten Bundesrepublik [1].
Die Darstellung ist chronologisch in der Form einer Geschichtserzählung aufgebaut. Sie beginnt mit einer gut 60 Seiten langen und entsprechend gerafften Darstellung der Entwicklung des Gymnasiums Humboldtscher Prägung bis ins Jahr 1945, ohne die „die bundesrepublikanische Schulgeschichte in ihrer Genese und Besonderheit nicht zu verstehen ist“ (12). In den nachfolgenden drei Kapiteln (1945-1959, 1959-1967, 1967-1973) nebst einem Ausblick (1973-1980) wird dann die eigentliche Studie entwickelt, der ein zusammenfassender wie deutender Überblick zum „Gymnasium im 20. Jahrhundert“ folgt.
Die zentralen Kapitel sind wiederum stringent untergliedert. Nach einer kurzen Einführung wird zunächst die Entwicklung des Bildungsbegriffs in der jeweiligen Periode untersucht. Neben den Strukturplanungen wird hier u.a. der Stand der bildungstheoretischen bzw. erziehungswissenschaftlichen Diskussion vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Problemlagen eingeholt, zudem werden Lehrpläne, der Literaturkanon, Schüleraufsätze, Jahresschriften und Lehrerbemerkungen insbesondere eines exemplarisch ausgewählten Freiburger Gymnasiums auf ihren zeittypischen Gehalt hin untersucht. Dem folgt der Blick auf Erziehungskonzepte und -praxis des Gymnasiums am Beispiel des Lehrer-Schülerverhältnisses. Über pädagogische Konferenzen zu disziplinarischen Vorfällen wie auch über Ministerialerlasse bzw. Verwaltungsrechtssprechung zur Frage der „Schulzucht“ wird die Lebenswelt des Gymnasiums in den Blick genommen. Beobachtet wird weiter die Entwicklung der Schülermitverwaltung (SMV). Das daran sich anschließende Unterkapitel zur Elitenbildungsfunktion präsentiert statistisches Material, holt aber vor allem die Diskussion ein um die Öffnung der Institution für breitere Gesellschaftsschichten sowie deren Folgen. Erschlossen ist z.B. über Schülerzeitungsartikel auch die Selbstwahrnehmung der Gymnasiasten. Abschließend wird dann die Entwicklung des Geschlechterverhältnisses unter Schülern wie Lehrern in der jeweiligen Periode untersucht, wozu der Autor vor allem zeittypisches Schrifttum ausgewertet hat. In der Geschichtserzählung gelingt es Gass-Bolm auf diese Weise die Gesamtentwicklung des Gymnasiums zu verfolgen und dabei für die einzelnen Teilfelder das jeweils Epochentypische herauszustellen und als gesellschaftlich bedingt zu verorten.
Das erste der drei zentralen Kapitel trägt den Titel „Das Gymnasium in Zeiten konservativer Kulturkritik 1945 bis 1959“. Hinsichtlich der Diskussion um den Bildungsbegriff, die Leitziele und Inhalte gymnasialer Bildung in Theorie, Programmatik und schulischer Praxis betont der Autor in Darstellung und Ergebnis das restaurative als das beherrschende Moment neben den auch vorhandenen, aber noch nicht maßgeblichen Neuansätzen. Dies galt in der Auseinandersetzung um die geistige Tradition des Abendlandes sowie bei der Gegenüberstellung von universalistischer Bildung gegen „Spezialistentum“ bzw. „Utilitarismus“ (87-90) und zeigte sich u.a. im Lektürekanon (101). Hier schließt Gass-Bolm: „Die Betonung des humanistischen Bildungskonzepts war defensiv ausgerichtet gegen den langfristigen Trend hin zu realistischer Bildung. Dadurch konnte dieser Trend in den fünfziger Jahren aufgehalten werden – umgedreht wurde die Entwicklung aber nicht“ (108).
Zu einem parallel gelagerten Urteil kommt der Autor auch im Unterkapitel „Auslese und Elite“ (127 ff.): Der langsam ansteigende Druck auf die Öffnung des Gymnasiums führte in einen Kampf gegen die „Nivellierung“, der zumal von Philologenverband und örtlicher Lehrerschaft geführt wurde, aber auch auf Unterstützung bei den elitär gesonnenen Gymnasiasten rechnen konnte. Dass die hier aufgezeigten bestimmenden restaurativen Momente in dieser Periode der Gymnasialgeschichte ein Widerschein gesellschaftlicher Verhältnisse waren, zeigt vielleicht am deutlichsten das mit Freiburger Schulquellen anschaulich gestaltete Unterkapitel über „Partnerschaft und Zucht“. Das Verhältnis zwischen Lehrer- und Schülerschaft gestaltete sich autoritär, „der ideale Lehrer der fünfziger Jahre war die charismatische Führungsfigur“ (124), „demokratische Schulführung“ war, so zitiert der Autor den Pädagogen Heinrich Dietz, „ein ständiges Werben um freiwillige Anerkennung der Autorität“ (125). Brutale Züchtigungen wurden von allen abgelehnt – „außer von den Schülern, die die Ohrfeigen zumeist als ‚verdient’ bezeichneten, was zeigt, wie vertraut ihnen diese Strafe aus Familie und (Volks-)Schule war“ (115).
Das anschließende Kapitel trägt den Titel „Der Aufbruch des Gymnasiums und die Akzeptanz der Moderne 1959 bis 1967“. Hier bringt Gass-Bolm Zentrales für seine Fragestellung nach der Periodisierung der westdeutschen Geschichte zur Sprache, denn bislang vertrat z.B. die Bildungshistorie unter Hinweis auf Picht und Dahrendorf das Symboljahr 1964 als Beginn der Reformperiode [3]. Der Autor hingegen führt Belege an für die von Ulrich Herbert vertretene Kennzeichnung der Jahre von 1959 an bis 1973/74 als „Kernphase der Liberalisierung“ [4]. Hauptargument für den Periodenschnitt ist der in diesem Jahr aufgelegte Rahmenplan des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen [5]. Er stand „am Anfang einer etwa zwanzig Jahre währenden, unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit geführten Auseinandersetzung um das Schulwesen, in der gerade das Gymnasium wesentlich verändert wurde“ (175). Der im Rahmenplan vertretene Hauptvorwurf lautete, „dass das deutsche Schulwesen den politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen der letzten fünfzig Jahre nicht nachgekommen sei“ (ebd.). Ebenso werden die Tutzinger Gespräche ab 1958, die gymnasialen Konzepte Wilhelm Flitners (1959/61) zur „Maturität“ sowie die von Fritz Blättner (1960) zur Wiedergewinnung der Einheit gymnasialer Bildung als Beleg für den Aufbruch in die Moderne erläutert.
Dieser Aufbruch klingt aber auch im zeitgenössischen Diskurs um den Lektürekanon an. Die Kritik zusammenfassend warf der Germanist Walther Killy 1961 in einem ZEIT-Artikel der Schuldidaktik vor, „sie ziele auf ‚gefühlvolle Werte’ statt auf Kenntnisse“ (206). Aber diese Kritik war bereits in der Schule angekommen. Goethe blieb zwar nach einer 1962 durchgeführten Umfrage an hessischen Gymnasien mit weitem Abstand der meistgelesene Autor, Thomas Mann, Brecht, Kafka und Borchert hatten Bergengruen, Le Fort und Wiechert als zeitgenössische Schullektüre jedoch abgelöst (ebd.). Auch das Lehrer-Schülerverhältnis war mit dem Ende der Schulzucht durch eine „stille Liberalisierung“ gekennzeichnet, die Gass-Bolm etwa am Absinken der Disziplinarmaßnahmen festmacht wie an einem aktiven Bemühen um die SMV. Diese wurde, so zeigte es eine hessische Umfrage von 1958/59, mittlerweile von vielen Schülern mit einer „gewissen Verachtung“ betrachtet. „Aber immerhin 46 Prozent waren der Meinung, dass die SMV besser funktionieren würde, wenn sie selbständiger wäre und die starke Beeinflussung durch Direktoren und Lehrerkollegium nachließe“ (219). Parallel hierzu führt der Autor auch den Wandel der Jugendkultur an, deren Musik, der Beat, nach dem proletarischen Rock’n’Roll der fünfziger Jahre jetzt auch die Bürgerkinder am Gymnasium erreichte, die sich nun weniger elitär über das Milieu als vielmehr internationalisiert über die Zugehörigkeit zur Jugend definierten (248).
Der über die Begriffe Aufbruch und Akzeptanz gedeuteten Vorphase der Reform folgt das Kapitel zur „Demokratisierung der Schule – das Ende des Gymnasiums? Das Gymnasium zwischen Veränderungseuphorie und Reformmüdigkeit 1967 bis 1973“. Im Folgenden ist somit auch für die Schulgeschichte die kulturelle Wende um 1968 als markanter Bruch ausgewiesen. Dies wird schon in der Gliederung deutlich, denn erst auf die vorweg gestellte Analyse der Schülerbewegung folgt die Erläuterung des Strukturplans des Deutschen Bildungsrats von 1970. Damit erfasst die Studie wiederum die gesellschaftlichen und politischen Einwirkungen auf das Gymnasium. Weiter werden unter der Überschrift „Relativierung der Bildung und emanzipatorische Erziehung“ der Durchbruch der Verwissenschaftlichung des Unterrichts und die Oberstufenreform von 1972 dargelegt und am Beispiel des Deutschunterrichts veranschaulicht. Die folgenden Unterkapitel behandeln den Wandel des Schüler-Lehrerverhältnisses von der Unterordnung zur Beteiligung, die Demokratisierung der „verwalteten Schule“, die Diskussion um das Schulsystem und die „Geschlechterpolarität als Ausdruck vormodernen Denkens“. Die in dieser Zeit ablaufenden Diskurse – etwa von der Infragestellung des Gymnasiums durch Gesamtschule und Orientierungsstufe über die Krise des Abiturs, die rasante Bildungsexpansion bis hin zum Bildungsboom der Mädchen – bezeichnen „geplante oder realisierte Veränderungen, die jeweils den tiefsten Einschnitt in die Gestalt des Gymnasiums seit der Jahrhundertwende, ja zum Teil seit der Gründung des Gymnasiums im frühen 19. Jahrhundert darstellten und die sich gleichwohl in der kurzen Zeitspanne zwischen 1967 und 1973 drängten“ (374).
In dem sich anschließenden kurzen „Ausblick: Stabilisierung des Wandels und konservative Tendenzwende. Das Gymnasium 1973 bis 1980“ betont Gass-Bolm einerseits die erkennbar eintretende Stagnation der Reform bei Sicherung der wesentlichen erreichten Neuerungen. Andererseits werden etwa über die Rückkehr des Humanismus und die Darstellung der Ziele des Forums „Mut zur Erziehung“ (1978) auch Beispiele für Ansätze konservativen Wandels aufgezeigt. Hier weist der Autor z.B. Parallelen aus zwischen der Forderung nach der humanen Schule ohne Leistungsdruck und Schulstress in den 1980er Jahren und reformpädagogischen Überlegungen der 1950er Jahre.
In der Zusammenfassung setzt Gass-Bolm zwei Argumentationslinien gegeneinander. Einerseits beschreibt er den Verfall der real existierenden humanistischen Bildung, als deren entscheidender Faktor die Auflösung des Bürgertums als soziale Formation angeführt wird (413f.). Erkennbar sei dies in der Geschichte des Gymnasiums etwa an der Relativierung des Bildungsbegriffs, an der Zurückdrängung konservativer Deutungsmuster, am Wandel des Gymnasiums von einer „Stätte der Elitenbildung zum Ort der Qualifizierung großer Schülerzahlen“ (412). Andererseits verweist dann die zweite, aufsteigende Linie auf die Entwicklung einer demokratischen Schule, erkennbar etwa an der Entwicklung des Geschlechterverhältnisses, am „Bedeutungsgewinn der Schülerperspektive gegenüber der Tradierung von Kulturwissen“ (405) oder an der Öffnung des Gymnasiums für breite Bevölkerungsschichten.
Gass-Bolm legt mit seiner Studie eine fundiert ausgeführte und zudem gut lesbare Geschichte des westdeutschen Gymnasiums vor. Dabei liegt ein besonderes Verdienst darin, die Geschichte der Institution in einem steten Dialog mit der bundesdeutschen Gesellschaftsgeschichte zu zeigen und diese somit nicht nur in eine historische Struktur einzubetten, sondern sie in jedem der ausgewiesenen Teilfelder auch als Spiegel gesellschaftlicher Wandlungsprozesse anschaulich zu machen. In Bezug auf das zweite Ziel der Untersuchung ist es ihm gelungen, insbesondere gute Argumente dafür anzuführen, zukünftig auch in der Bildungsgeschichte das Jahr 1959 als Beginn der Reformphase gegenüber dem Symboljahr 1964 stärker in den Blickpunkt zu nehmen.
Von Interesse für die weitere Forschung dürfte darüber hinaus die Analyse der schulischen Verhältnisse gerade der 1950-er und frühen 1960-er Jahre sein, die gegenüber der Nachkriegszeit 1945-1949 bisher noch stiefmütterlich behandelt sind und Ergänzungen zum Standardwerk Krauls bieten [6]. Hier und insbesondere in der über anschauliche Beispiele verdeutlichten Entwicklung des Lehrer-Schülerverhältnisses liegen auch die Höhepunkte des Buches. In Bezug auf die Reformphase der späten 1960-er und frühen 1970-er Jahre unternimmt der Autor erste Versuche zu einer Historisierung dieser Prozesse.
Selbstverständlich lassen sich in einem derartig weit gespannten historischen Verlauf auch einzelne Kritikpunkte aufführen bzw. solche, die Anlass zur Diskussion bieten. So ist nicht unbedingt einzusehen, warum dem intensiven Hauptteil noch ein Parforceritt durch 150 Jahre Gymnasialgeschichte vorangestellt werden muss, der dann schnell als lückenhaft kritisiert werden kann, auch wenn dem bisher in der Materie Unkundigen diese Hinführung über Schlaglichter ein Gewinn sein mag. Weiter ließe sich bezüglich der Zusammenfassung gegen die Position einer Verfallsgeschichte humanistischer Bildung und ihrer Institution [7], vom Autor mit dem Zerfall des Bürgertums erklärt, auch eine Verbürgerlichung der Gesellschaft bzw. ein Formwandel des Bürgertums anführen [8] mit den entsprechenden Folgen für Bildungsbegriff und Gymnasium.
Grundsätzlich gilt, wie Gass-Bolm selbst anmerkt: „Jede Periodisierung ist natürlich eine Verkürzung der komplexen Realität. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Prägungen sind in Wirklichkeit fließend“ (12). So lässt sich z.B. der Prozess der Öffnung des Gymnasiums mit seinen seit 1945 stetig absolut und relativ wachsenden Schülerzahlen epochen- bzw. periodenübergreifend besser abhandeln. Mit dieser für die Geschichte des Gymnasiums durchaus zentralen Kurve ließe sich sowohl eine weitere Rückdatierung der ersten Periodenwende als auch die Beibehaltung des Jahres 1964 legitimieren. So macht der Autor etwa das Epochenjahr 1959 stark unter Hinweis auf den Rahmenplan des Deutschen Ausschusses, der selbst schon Konsequenz des „immer stärker werdende[n] Andrang[s] zu den weiterführenden Schulen’“ war (176, ein Zitat des Rahmenplans wiedergebend). Umgekehrt weist er aber gerade in diesem zentralen Unterkapitel einen eigentlichen Durchbruch in der Öffnungsdiskussion mit Picht und Dahrendorf erst für 1964 auf (225 ff.). Auch lässt sich zuweilen streiten, wann denn nun hinsichtlich einzelner Teilfragestellungen der Wendepunkt erreicht ist. Wenn man etwa hinsichtlich des Wandels sozialer Normen danach fragt, wann denn nun auch die Gymnasien vor Ort bzw. deren Lehrer in ihrer Mehrheit die Notwendigkeit gekommen sahen, sich den gesellschaftlichen Forderungen an das Gymnasium zu öffnen, so wäre m.E. auch hier den Brandartikeln Pichts und also dem Jahr 1964 größere Bedeutung beizumessen als den programmatischen Überlegungen des Rahmenplans oder den theoretischen Konzepten Flitners bzw. Blättners. Hieran schließt sich wiederum die Diskussion an, ob die gymnasialen nur Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse waren oder ob die mit Beharrungskräften ausgestattete Institution Prozesse der Veränderung zumindest verzögert aufnahm.
Grundsätzlich neigt die Chronologie als klassische Form der Geschichtsschreibung der „normativen Kraft des Faktischen“ [9] zu, d.h. in der Darstellung werden die programmatisch weit reichenden, aber nur rudimentär umgesetzten Programme etwa der Bildungsreformer der Nachkriegszeit zwar von Gass-Bolm behandelt, stehen aber randständig gegenüber den dann in Kraft gesetzten restaurativen Maßnahmen. Auch das ursprüngliche Konzept der Gesamtschule, die ja stark den Interessen der Wirtschaft nach einer berufsorientierten Bildung entgegen kam – die erste Gesamtschule Niedersachsens in Hildesheim wurde mit einer Millionenstiftung von Bosch-Blaupunkt und der entscheidenden Stimme des FDP-Ratsherrn durchgesetzt – bleibt unterbelichtet. Entsprechend kann mit der Studie die nach der mit PISA losgetretenen Reform ja interessante Frage nach einer Geschichte der Parallelen gescheiterter Reformansätze nicht angegangen werden.
Aber es gilt abschließend noch einmal zu betonen, dass die Forschungsfragen des Autors anders definiert waren. Und gerade die Rücknahme des leitenden Erkenntnisinteresses auf eine Periodisierung und eine Verdeutlichung gesamtgesellschaftlicher Wandlungsprozesse hat den Vorteil, dass derart unterschiedliche Bewegungen und auch gegenläufige Bewertungen wie Verfall und Aufstieg nebeneinander stehen können. Gass-Bolms Studie empfiehlt sich so nicht nur als Impuls für die historische (Bildungs-)Forschung, sondern auch als gut lesbares Handbuch zur Einführung in die Geschichte des westdeutschen Gymnasiums. Als solches soll es auch der universitären Lehre und den Studienseminaren zur Anschaffung empfohlen sein.
[1] Gass-Bolm, Torsten (2003): Das Ende der Schulzucht. In: Herbert, Ulrich (Hg.): Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980, 2. Aufl., Göttingen, S. 436-466.
[2] Vgl. Daniel, Ute (2004): Kompendium Kulturgeschichte. (4. Aufl.). Frankfurt a.M., S. 12.
[3] So etwa Furck, Carl-Ludwig (1998): Schulen und Hochschulen,. In: Ders./FĂĽhr, Christoph (Hg.): Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. VI,I. MĂĽnchen, . S. 245-264.
[4] Herbert, Ulrich (2003) (s. FN 1), Einleitung, S. 14.
[5] Fuchs, Hans-Werner (2004): Gymnasialbildung im Widerstreit. Die Entwicklung des Gymnasiums seit 1945 und die Rolle der Kultusministerkonferenz. Frankfurt a.M. u.a.
[6] Kraul, Margret (1984): Das deutsche Gymnasium 1780-1980. Frankfurt a.M.
[7] Fuhrmann, Manfred (2002): Bildung. Europas kulturelle Identität. Stuttgart; Bollenbeck, Georg (1994): Bildung und Kultur. Glanz und Elend eines deutschen Deutungsmusters. Frankfurt a.M./Leipzig.
[8] Vgl. zu diesem Ansatz Tenfelde, Klaus (1994): Stadt und Bürgertum im 20. Jahrhundert. In: Ders./Wehler, Hans-Ulrich (Hg.): Wege zur Geschichte des Bürgertums. Göttingen, S. 317-353.
[9] Wehler, Hans-Ulrich (1973): Geschichte als Historische Sozialwissenschaft. Frankfurt a. M., S. 27.
EWR 5 (2006), Nr. 1 (Januar/Februar 2006)
Das Gymnasium 1945-1980
Bildungsreform und gesellschaftlicher Wandel in Westdeutschland (Moderne Zeit 7)
Göttingen: Wallstein Verlag 2005
(490 S.; ISBN 3-89244-869-8; 40,00 EUR)
Stefan A. Oyen (Hildesheim)
Zur Zitierweise der Rezension:
Stefan A. Oyen: Rezension von: Gass-Bolm, Torsten: Das Gymnasium 1945-1980, Bildungsreform und gesellschaftlicher Wandel in Westdeutschland (Moderne Zeit 7). Göttingen: Wallstein Verlag 2005. In: EWR 5 (2006), Nr. 1 (Veröffentlicht am 13.02.2006), URL: http://klinkhardt.de/ewr/89244869.html
Stefan A. Oyen: Rezension von: Gass-Bolm, Torsten: Das Gymnasium 1945-1980, Bildungsreform und gesellschaftlicher Wandel in Westdeutschland (Moderne Zeit 7). Göttingen: Wallstein Verlag 2005. In: EWR 5 (2006), Nr. 1 (Veröffentlicht am 13.02.2006), URL: http://klinkhardt.de/ewr/89244869.html