In modernen Gesellschaften scheint durch Prävention das hochgeschätzte Kollektivgut Sicherheit am besten gewährleistet zu sein. Prävention hat als Metakategorie, wenn nicht gar Leitprinzip auch in allen Feldern der Jugendhilfe Einzug gehalten. Dies zeigen die im Sammelband von Freund und Lindner zusammengeführten Beiträge unterschiedlich kritisch in bezug auf Jugendarbeit.
So erörtert Hornstein Jugendarbeit im Spannungsfeld gesellschaftlicher Kontroll- und Integrationsanforderungen (= Prävention) und Eigenansprüchen (= Emanzipation) und stellt die Schwierigkeit dar, eine angemessene Theorie von Gesellschaft als Voraussetzung für die Einordnung von Prävention zu formulieren. Er formuliert Funktionen und Aufgaben von Jugendarbeit und Prävention auf der Basis einer "radikalisierten Moderne" (A. Giddens).
In den nachfolgenden Beiträgen von D. Frehsee sowie Lindner/Freund wurden kritische, wenn nicht gar polemische Töne gegenüber der Strukturmaxime Prävention angeschlagen. So zeigt Frehsee, daß Jugendarbeit einem starken Sog ausgesetzt ist, sich dem Störungsparadigma zu unterwerfen, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. Für Jugendarbeit als Präventionsarbeit öffne sich noch am ehesten der Geldhahn, sie sitze damit aber auch in der Falle einer nicht greifbaren Ausrichtung gegen etwas.
Sich von einer solchen Präventionslogik zu verabschieden, dafür plädieren Freund/Lindner und auch N. Herriger, indem er dem Präventionskonzept das von Empowerment entgegenstellt.
Weniger fundamental fällt die Kritik der nachfolgenden Beiträge von D. Baum, B.W. Nikles, A. Reese/R.K. Silbereisen und S. Karstedt aus. Sie formulieren Rahmenaspekte für Prävention in unterschiedlichen Segmenten: D. Baum für den Sozialraum (z.B. für das städtische Wohnquartier); B.W. Nikles für die Jugendhilfeplanung; A. Reese/R. K. Silbereisen für die Enwicklungspsychologie in der Lebensphase Jugend und schließlich S. Karstedt für Evaluation von Präventionsmaßnahmen.
Seinem eigenen Anspruch, Praxis und Konzepte der Prävention aus unterschiedlichen Perspektiven zu analysieren, wird das Buch voll gerecht. Besonders hervorzuheben ist das Bemühen von Hornstein, Freund/Lindner, Frehsee und Herriger um eine fundamental-kritische Auseinandersetzung mit Präventionskonzepten der Jugendarbeit.
EWR 1 (2002), Nr. 1 (Januar bis März 2002)
Prävention
Zur kritischen Bewertung von Präventionsansätzen in der Jugendarbeit
Opladen: Leske und Budrich 2001
(188 Seiten; ISBN 3-8100-2847-9; 15,50 EUR)
Hans Günther Homfeldt (Trier)
Zur Zitierweise der Rezension:
Hans Günther Homfeldt: Rezension von: Freund, Thomas / Lindner, Werner (Hg.): Prävention, Zur kritischen Bewertung von Präventionsansätzen in der Jugendarbeit, Opladen: Leske und Budrich 2001. In: EWR 1 (2002), Nr. 1 (Veröffentlicht am 01.01.2002), URL: http://klinkhardt.de/ewr/81002847.html
Hans Günther Homfeldt: Rezension von: Freund, Thomas / Lindner, Werner (Hg.): Prävention, Zur kritischen Bewertung von Präventionsansätzen in der Jugendarbeit, Opladen: Leske und Budrich 2001. In: EWR 1 (2002), Nr. 1 (Veröffentlicht am 01.01.2002), URL: http://klinkhardt.de/ewr/81002847.html