Das Taschenwörterbuch der Sozialen Arbeit möchte seinem eigenem Anspruch nach schnell, präzise und knapp informieren und dabei „ein Wegbegleiter des sozialpädagogischen Alltags, ein Nachschlagewerk, das mitgenommen werden kann“ (7) sein. Die Autoren richten sich dabei an Studierende, ehrenamtlich und hauptamtlich Tätige der Sozialen Arbeit, aber auch an LehrerInnen sowie Berufsgruppen, die im weiteren Sinne mit der Sozialen Arbeit in Kontakt stehen, wie etwa PsychologInnen und JuristInnen. Vom Aufbau her orientiert sich das Buch an einer klassischen alphabetischen Schlagwortsortierung. Die Beiträge sind zumeist nicht länger als eine halbe Seite und nur in wenigen Ausnahmen mehr als zwei.
Tatsächlich sind die HerausgeberInnen bei der Auswahl und Sortierung der Beiträge mit großer Sorgfalt vorgegangen. Die 330 Beiträge – rund 150 weniger als im Taschenlexikon der Sozialarbeit und Sozialpädagogik von Feuerhelm [1] – umfassen einen weiträumigen Bereich der Sozialen Arbeit. Dabei werden rechtliche, gesellschaftliche, ideologische, politische, theoretische und methodische sowie vor allem pädagogische Facetten der Sozialen Arbeit dargestellt, teilweise mit einem historischen Bezug. Durch dieses breite Spektrum an Beiträgen ergeben sich zwangsläufig immer wieder Überschneidungen mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen, wie der Psychologie, Philosophie, Soziologie oder Rechtswissenschaft. Wer besonders an letzterem interessiert ist wird im o.g. Taschenlexikon der Sozialarbeit fündiger.
In den Artikeln, die nicht genuin, quasi vom Wort her den sozialpädagogischen Bezug erkennen lassen, sondern aus eben einer dieser anderen Wissenschaftsbereiche stammen, wie beispielsweise beim Lemma Globalisierung, wird zunächst allgemein beschrieben, was unter gesuchtem Schlagwort zu verstehen ist, bevor ein klarer Bezug zur Sozialen Arbeit hergestellt wird. Dieser grundsätzliche Aufbau lässt sich bei nahezu allen Beiträgen wiederfinden und macht die eigentliche Qualität des Taschenwörterbuchs aus. Die aufgeführten Begriffe bleiben also nicht leere Hülsen, bei denen es den Lesern überlassen wird, die Inhalte mit der Sozialen Arbeit zu kontextualisieren, sondern die Beitragsschreibenden schälen den sozialarbeiterischen Kern heraus. Zusätzlich gelingt es einigen AutorInnen noch, eine Brücke zu aktuellen Problemstellungen zu schlagen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die überwiegende Mehrheit der Lemmata stimmig ausgewählt ist. Sie sind sprachlich nicht allzu anspruchsvoll und deshalb auch für Studienanfänger, engagierte Laien oder Interessierte anderer Professionen geeignet. Auch der zeitlich zu betreibende Aufwand für die Lektüre eines Beitrags hält sich in Grenzen, jedoch ohne dabei Relevantes unerwähnt zu lassen. Sicherlich, tiefer gehende Einblicke in den aktuellen Forschungsstand und die wissenschaftlichen Diskussionen liefert das Taschenwörterbuch nicht. LeserInnen, die dies wünschen, sollten lieber auf den Grundriss der Sozialen Arbeit [2] oder das Handbuch Soziale Arbeit [3] zurückgreifen.
Aus einer kritischen Perspektive fällt auf, dass keine Referenzen zu anderen Beiträgen im Taschenwörterbuch gemacht werden. Wenn beispielsweise unter der Rubrik Besondere Soziale Dienste (BSD) vom Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) gesprochen wird, sollte kenntlich gemacht werden, dass sich auch ein Beitrag zum ASD im Band befindet. Beim ASD mag der Leser oder die Leserin vielleicht noch intuitiv davon ausgehen, dass dieser auch im vorliegenden Buch aufgegriffen wird. Wird aber, wie beim Eintrag Gewalt, auf Begriffe wie Desintegration, (Re-)Sozialisierung, Jugendarbeit und Gewalt gegen Kinder im Sinne von Kindeswohlgefährdung hingewiesen, wären Verweise auf entsprechende Lemmata wünschenswert. Auch mag es sich nicht intuitiv erschließen, welcher Begriff ebenfalls berücksichtigt wurde und welcher nicht. So wird unter der Rubrik Gewalt in Familien auf sexuelle und ökonomische Gewalt verwiesen, im vorliegenden Buch findet sich jedoch nur der Eintrag sexuelle Gewalt wieder. Dieses bloße Nebeneinanderstehen von Beiträgen schmälert die Qualität des vorliegenden Taschenwörterbuchs an einigen Stellen unnötigerweise. Zudem führt dies dazu, dass die Begriffe beziehungslos nebeneinander stehen. Beispielhaft kann dies beim Begriff Hilfe zur Selbsthilfe aufgezeigt werden. Der Text ist einer der längeren, umfasst ca. zwei Seiten und nimmt damit auch einige Lesezeit in Anspruch. Für sich genommen ist dies ein sehr guter, informativer Beitrag, im Kontext des Taschenwörterbuches in seiner Länge aber unbegründet, denn die Autoren nehmen auf das Subsidiaritätsprinzip Bezug und beschreiben dies auf über einer halben Seite. Einige Seiten später wird Selbiges jedoch nochmals unter einem eigenen Lemma beschrieben. Hier für eine bessere Feinabstimmung zu sorgen, wäre Aufgabe der HerausgeberInnen gewesen.
Als ein weiterer neuralgischer Aspekt müssen die zahlreichen Lemmata zu Persönlichkeiten der Sozialen Arbeit angesehen werden. Im Vorwort der HerausgeberInnen heißt es hierzu: „Da die Soziale Arbeit immer auch durch Personen geprägt und weiterentwickelt worden ist, werden neben sachbezogenen Artikeln auch Artikel zu Personen aufgenommen“ (8). Was sich zunächst nach einer guten Idee anhört, zumal die Beiträge meist nur eine geringe Länge aufweisen und zügig gelesen werden können, entpuppt sich als die große Enttäuschung des vorliegenden Buches. Während bei den nicht personenbezogenen Beiträgen die Bezüge zur Sozialen Arbeit klar dargestellt werden und auch die Aktualität betont wird, gelingt dies in den personenbezogenen Beiträgen kaum. Sicherlich, das Leben, die Ausbildung, das Engagement sowie die Gründung (sozialer) Einrichtungen mag ein interessanter Aspekt sein. Was jedoch im Rahmen eines schnellen Nachschlagewerkes interessieren würde, wäre die Bedeutung der Arbeit der entsprechenden Person für die gegenwärtige Soziale Arbeit. Überhaupt fehlt in den meisten Artikeln zu Personen eine pointierte Zusammenfassung deren (wissenschaftlicher) Werke.
Fazit: Dem Taschenwörterbuch der Sozialen Arbeit ist es insgesamt gelungen, die komplexe Thematik der Sozialen Arbeit in einem handlichen Buch für unterwegs zu komprimieren. Die Auswahl der Lemmata ist gut und die meisten Beiträge sind verständlich geschrieben. Die Intention der Personendarstellungen, ihre praktische Aufbereitung und ihre Rolle im Gesamtzusammenhang des vorliegenden Taschenwörterbuch muss indessen kritisch hinterfragt werden. Trotz dieser Kritiken gibt es auf dem bundesdeutschen Büchermarkt in dieser Rubrik kein qualitativ gleichwertiges Produkt. Das Taschenwörterbuch der Sozialen Arbeit ist deshalb etwaigen Konkurrenten vorzuziehen – auch wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Eine Kaufempfehlung kann insbesondere für Studierende der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik ausgesprochen werden. Wer in der Vorlesung oder im Seminar sitzt und gerade nichts mit dem Begriff der offenen Ganztagsschule anfangen kann, zückt sein Taschenwörterbuch und schlägt schnell nach. Auch Praktiker, ehrenamtlich Engagierte oder LehrerInnen können mit einem kurzen Blick ins Taschenwörterbuch eine Wissenslücke kompensieren.
[1] Feuerhelm, W. (2007): Taschenlexikon der Sozialarbeit und Sozialpädagogik. 5.Aufl. Weibelsheim: Quelle & Meyer.
[2] Thole, W. (2010): Grundriss Soziale Arbeit. Ein EinfĂĽhrendes Handbuch. 3.Aufl. Wiesbaden: VS Verlag fĂĽr Sozialwissenschaften.
[3] Otto, H.-U./Thiersch, H. (2011): Handbuch Soziale Arbeit. 4. Aufl. MĂĽnchen: Ernst Reinhardt Verlag.
EWR 11 (2012), Nr. 5 (September/Oktober)
Taschenwörterbuch Soziale Arbeit
Bad Heilbrunn / Stuttgart: Klinkhardt UTB 2012
(320 S.; ISBN 978-3-8525-3655-7; 17,99 EUR)
Markus Sauerwein (Frankfurt)
Zur Zitierweise der Rezension:
Markus Sauerwein: Rezension von: Thole, Werner / Höblich, Davina / Ahmed, Sarina (Hg.): Taschenwörterbuch Soziale Arbeit. Bad Heilbrunn / Stuttgart: Klinkhardt UTB 2012. In: EWR 11 (2012), Nr. 5 (Veröffentlicht am 12.10.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978385253655.html
Markus Sauerwein: Rezension von: Thole, Werner / Höblich, Davina / Ahmed, Sarina (Hg.): Taschenwörterbuch Soziale Arbeit. Bad Heilbrunn / Stuttgart: Klinkhardt UTB 2012. In: EWR 11 (2012), Nr. 5 (Veröffentlicht am 12.10.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978385253655.html