Friedrich Rosts „Lern- und Arbeitstechniken für das Studium“ erscheint seit 2004 nun in 4., durchgesehenen Auflage [1]. Der anhaltende Erfolg des Buches wird von Rost im Vorwort zur Neuauflage damit begründet, dass die Vorgängerversionen zum einen zahlreiche positive Rezensionen erlebten, zum anderen wie ihm durch Zuschriften mitgeteilt wurde, sich Studierende diese gegenseitig empfohlen hätten und letztendlich auch Dozenten/innen in ihren Einführungsveranstaltungen darauf hingewiesen haben. An ein Buch mit diesem Titel mögen verschiedene Erwartungen geknüpft sein. Wie aus Büchern mit ähnlichen Titeln gewöhnt, findet man auch hier Themen wie „Lesetechniken“, „Zitierverfahren“ oder „wissenschaftliches Arbeiten“ wieder.
All dies sieht zunächst recht unspektakulär aus und wäre es auch, wenn es Rost nicht gelungen wäre, immer wieder gezielt auf Fragen zu antworten, die sich wohl jeder Studierende im Laufe seines Studiums stellt, die aber nicht primär mit den Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens zusammenhängen. Hierbei berücksichtigt Rost den gesamten Studienverlauf, von Fragen zur Stundenplanerstellung bis hin zur Funktion und zum Ablauf von mündlichen Prüfungen. Neben den handwerklichen Fragen zum wissenschaftlichen Arbeiten, die in diesem Buch selbstverständlich recht ausführlich besprochen werden, führt Rost die Leser/innen in die informellen Spielregeln des Universitätsalltags ein und wirkt – wenn man davon ausgeht, das Probleme wie Prüfungsängsten, Lernblockaden oder sogar eine generellen Unlust am Studieren mit Unsicherheiten und Unwissen verbunden sind – diesen entgegen.
Beispielsweise wird auf das Problem eingegangen, dass Studienordnung und Realität nicht zwingend übereinstimmen müssen. Im Zusammenhang mit der Zeitplanung, die eine wichtige Rolle spiele und deshalb sorgfältig betrieben werden müsse, verweist Rost auf die offiziell geforderten Semesterwochenstunden, die in der Praxis von Studierenden, die neben dem Studium arbeiten müssen, kaum zu erbringen sind. Um das Problem zu lösen, empfiehlt er, sich auf wichtige Veranstaltungen umso intensiver vorzubereiten und legt nahe, wie man diese aktiv mitgestalten könne. Auch mag es für den einen oder anderen beruhigend klingen, dass selbst Wissenschaftler/innen ihre Texte nicht „spielend herunterschreiben“ (215) oder dass nicht nur etliche Prüfungskandidaten/innen Angst haben, sondern auch viele Prüfer/innen, da sich hier u.a. ihre Fähigkeit der Stoffvermittlung zeigt (vgl. 300). Und für jene schließlich, die im Laufe ihres Studiums selbst schon gerade zu diesen Einsichten gelangt sind, stellt sich beim Lesen eine gewisse Sicherheit ein, in diesen bestätigt zu werden.
Das Buch enthält zahlreiche Checklisten, die je nach Studienstand mal mehr oder weniger sinnvoll erscheinen. Auf einige (wie z. B. jene zur Vorbereitung von Recherchen) kann im Laufe des Studiums sicherlich öfter wieder zurückgegriffen werden, während vor allem jene im fünften Kapitel, die der Überprüfung wichtiger Arbeitsutensilien (wie bspw. Papier (vgl. 86) dienen soll, doch eher überflüssig anmuten. Eben dieses Kapitel „Der häusliche Arbeitsplatz und die Arbeitsmittel“, in dem Rost u.a. erläutert, wie groß ein guter Schreibtisch sein sollte und welche Vor- bzw. Nachteile das Lernen zu Hause gegenüber dem Lernen in der Bibliothek mit sich bringt, wirkt in Anbetracht der anderen Themen durch seine doch etwas banalen Informationen fehl am Platz, besonders wenn man Rosts vorherige Anmerkung, dass jeder unterschiedlich lernt, noch im Gedächtnis hat (vgl. 47-50).
Wirklich hervorragend hingegen sind (im Schwerpunkt auf die Bedürfnisse von Studenten/innen der Erziehungswissenschaft zugeschnitten, aber im Kern auch für andere Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen sehr gut nutzbar) die Tipps im Kapitel über die Literatur- und Informationsbeschaffung (welches im Vergleich mit den – noch unter dem Titel „Lern- und Arbeitstechniken für pädagogische Studiengänge“ erschienenen – Vorgängern, gemäß den technischen Neuerungen im Bereich der Informationsbeschaffung über das Internet wesentlich verändert und erweitert wurde), da sie nicht bei der Beschreibung von Bibliothekskatalogen aufhören, sondern auch den Umgang mit einschlägigen Datenbanken einbeziehen. Das Arbeiten mit Datenbanken wird derzeit erfahrungsgemäß während des Studiums noch wenig geübt und ist daher vielen Studierenden bei der Recherche wenig präsent. Die zahlreichen Abbildungen zu den Suchmasken der Datenbanken veranschaulichen den Umgang auch für jene, die in diesem Bereich erst wenig oder keine Erfahrung sammeln konnten. Etwas zu gut, meint es Rost mit uns, wenn er erklärt, was ein „Provider“ oder ein „Browser“ sei. Zum Glück hält er sich nicht lange mit Erklärungen wie: „Dort fallen Ihnen andersfarbige und unterstrichene Wörter auf. Wenn Sie eines dieser Wörter mit der Pfeilspitze der ‚Maus’ ansteuern, verwandelt sich der Pfeil in eine kleine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger. Solche unterstrichenen Wörter nennt man einen ‚Link’, eine Verbindungsstelle“ (136). Zum einen muss diese Information nicht richtig sein, Maussymbole können schließlich in der Systemsteuerung auch geändert werden (ebenso irrt Rost, wenn er meint, dass der Browser automatisch ein E-Mail-Programm öffnen sobald man eine gelinkte E-Mailadresse anklickt (vgl. 138) – dies ist ebenso eine Frage von Einstellungen), zum anderen werden Studierende, die diese Onlinerezension lesen, hoffentlich ohne Bedienungsanleitung hierher gelangt sein!
Nach diesen Worten zum Inhalt soll noch kurz auf die Form eingegangen werden. Das Einfinden in die jeweilige Thematik wird dadurch erleichtert, dass jedes Kapitel mit einer kurzen Beschreibung zum Lernziel eingeleitet wird und am Ende wichtige Erkenntnisse zusammenfasst. Dank dieser klaren Gliederung wird auch das nochmalige Nachschlagen wesentlich vereinfacht. Der zeitweise gewitzte Ton und die schlagfertigen Beispiele machen das Buch zu einer kurzweiligen Lektüre. Bspw. rät Rost in dem Kapitel „Wissenschaftliche Texte lesen, verstehen und verarbeiten“, man solle jedes nicht hundertprozentig verstandene Wort nachschlagen und eine Definitionsdatei anlegen, da semantische Prozesse des Textverstehens besser gelängen, je mehr man mit den Fachwörtern vertraut sei. Dann fragt er: „Kennen Sie die genaue Bedeutung von ‚semantisch’? – Sonst schlagen Sie bitte nach!“ (191) An anderer Stelle bittet er: „Verkaufen Sie jedoch bitte keine faktischen Trivialitäten als Thesen: Die Tatsache, dass alle Menschen sterblich sind, kann nicht diskutiert werden“ (228).
Zusammenfassend: Studieren erfordert nach Rost die Bereitschaft zum selbständigen Arbeiten, eine gute Arbeitsplanung sowie die Erkenntnis, dass Planungen nicht dogmatisch befolgt, sondern auf ihre Machbarkeit überprüft werden müssen. Somit sollte man in diesem Buch keine allgemeingültigen Rezepte für ein erfolgreiches Studium erwarten, sondern es als einen Ratgeber zur Bewältigung der eben genannten Punkte nutzen.
[1] Während der Erstellung dieser Rezension ist die 4. Auflage bereits in den Nachdruck gegangen: Friedrich Rost: Lern- und Arbeitstechniken für das Studium. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften 2005 (4. Auflage). (333 S.; ISBN 3-531-14454-5; 19,90 EUR).
EWR 5 (2006), Nr. 2 (März/April 2006)
Lern- und Arbeitstechniken für das Studium
(4. Auflage)
Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften (UTB) 2004
(333 S.; ISBN 3-8252-1994-1; 19,90 EUR)
Anna van der Meulen (Bad Tölz)
Zur Zitierweise der Rezension:
Anna van der Meulen: Rezension von: Rost, Friedrich: Lern- und Arbeitstechniken für das Studium, (4. Auflage). Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften (UTB) 2004. In: EWR 5 (2006), Nr. 2 (Veröffentlicht am 04.04.2006), URL: http://klinkhardt.de/ewr/82521994.html
Anna van der Meulen: Rezension von: Rost, Friedrich: Lern- und Arbeitstechniken für das Studium, (4. Auflage). Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften (UTB) 2004. In: EWR 5 (2006), Nr. 2 (Veröffentlicht am 04.04.2006), URL: http://klinkhardt.de/ewr/82521994.html