EWR 5 (2006), Nr. 6 (November/Dezember)

Ulrike Karg
Betriebliche Weiterbildung und Lerntransfer
Einflussfaktoren auf den Lerntransfer im organisationalen Kontext
Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2006
(224 S.; ISBN 3-7639-3446-4; 19,90 EUR)
Betriebliche Weiterbildung und Lerntransfer Die vorliegende Publikation stellt die Dissertation von Ulrike Karg dar. Thematisch ist sie dem Bereich der Berufs- und Wirtschaftspädagogik zuzuordnen. Sie widmet sich dem Thema Lerntransfer in Weiterbildungsveranstaltungen im betrieblichen Kontext und geht der Frage nach, welche Kontextbedingungen in organisationaler Hinsicht in Betrieben Lerntransfer fördern und verhindern. Dieses Thema ist aktuell sowohl aufgrund von Evaluationsanforderungen und -bedürfnissen in der Weiterbildung als auch von steigendem Kostendruck in der Weiterbildungsszene. Die Herangehensweise der Autorin ist auch deshalb interessant, da an mehreren Stellen durchscheint, dass es aus der Perspektive einer ‚Praktikerin’ bearbeitet wird – auch wenn dies explizit in der Publikation nicht erwähnt wird. Somit wird eine Frage aus der Weiterbildungspraxis anhand von wissenschaftlichen Methoden bearbeitet. Insofern kann die Dissertation auch als ein Beitrag zum Brückenbau zwischen Wissenschaft und Praxis in der Weiterbildung verstanden werden.

Als Ziel der Arbeit setzt sich Ulrike Karg einerseits die Analyse von „Maßnahmen und Konzepten zur Unternehmensentwicklung (…), die als Reaktion auf sich ändernde Umfeldbedingungen entwickelt wurde“ sowie andererseits „die Identifikation von Einflussfaktoren (unabhängige Variable) auf den Lerntransfer (abhängige Variable) in einem organisationalen Kontext und der Ermittlung des Einflusses dieser Faktoren“ (12).

Die Bearbeitung des ersten Ziels erfolgt durch eine Literaturanalyse im zweiten Kapitel der Publikation. Als Maßnahmen und Konzepte zur Unternehmensentwicklung analysiert die Autorin „Veränderte Anforderungen an Führungskräfte“, „neue Formen der Arbeitsorganisation“, „Wissensmanagement“, „Erfahrungslernen“ und Rahmenbedingungen dieser, „Investitionen in betriebliche Weiterbildung“ sowie „Neue Konzepte der Unternehmensführung“. Diese Aspekte werden von Karg aus einer interdisziplinären Perspektive kurz dargestellt. Anschließend erfolgt jeweils eine Analyse inwieweit diese Aspekte die Entwicklung von Kompetenzen fördern. Wie auch die Überschriften zeigen, liegt die Stärke in diesem Kapitel in der umfangreichen Darstellung der Veränderungen. Hilfreich wäre an vielen Stellen eine präzisiere Begriffsverwendung. So wird bereits in den Kapitelüberschriften deutlich, dass hier an einigen Stellen vielmehr Konsequenzen oder Folgen aus wirtschaftlichen und technischen Veränderungen betrachtet werden als Maßnahmen oder Konzepte. Das Verständnis der Analyseabschnitte erschwert die Verwendung des Begriffs Kompetenz, der von der Autorin in definitorischer Hinsicht erst im folgenden Kapitel bearbeitet wird.

Die darauf folgenden Kapitel widmen sich dem Kompetenzbegriff sowie dem Thema „Kompetenzentwicklung im organisatorischen Kontext“. Als Bezugspunkt für den Kompetenzbegriff wird die Definition von Kompetenzfeldern gewählt. Dabei konzentriert sie sich auf die Auslegung und weitere Darstellung von Kommunikation als wesentliches Element von Sozialkompetenz und Selbstkompetenz. Die Autorin umgeht damit einer Darlegung ihres Kompetenzverständnisses und fokussiert sogleich auf die Einbindung, der Untersuchungsobjekte der darauf folgenden empirischen Untersuchung, in den wissenschaftlichen Diskurs.

Der Gehalt der vorliegenden Arbeit liegt in der empirischen Untersuchung. Hier erforscht die Autorin in einer quantitativen Erhebung den Einfluss von organisationalen Faktoren auf den Lerntransfer von Inhalten, die durch Weiterbildungsveranstaltungen vermittelt werden sollen. Grundlage der Untersuchung bildet das Transfermodell von Baldwin/Ford, die als Hauptfaktoren von Lerntransfer die Charakteristika der Lernenden, das Trainingsdesign sowie das Arbeitsumfeld nennen. Die Autorin modifiziert dieses Modell und erweitert die Subfaktoren der drei Hauptfaktoren weitgehend auf der Grundlage von zahlreichen empirischen Studien. Diese Subfaktoren werden in der empirischen Untersuchung konsequent abgefragt und ausgewertet.

Die Stichprobe bilden 14 Seminare, die auf der Basis von firmeninternen Trainingskonzepten von externen Trainern durchgeführt wurden. Alle Teilnehmenden der Seminare wurden direkt sowie 4-6 Wochen nach dem Seminar um das Ausfüllen eines Fragebogens gebeten. Der erzielte Lerntransfer dieser Untersuchung basiert auf der Selbsteinschätzung der Lernenden.

Die Ergebnisse der Untersuchung werden differenziert dargestellt nach dem Einfluss der Lernenden, des Trainingsdesigns sowie der Arbeitsumgebung. In Bezug auf die Lernenden konnte in der Untersuchung herausgestellt werden, dass Eigeninitiative in Bezug auf die Teilnahme den Lerntransfer in den Arbeitsalltag deutlich erhöht. Bei der Einflussgröße Trainingsdesign korrelieren die Involvierung der Teilnehmenden im Seminar sowie der Einsatz eines Transfermoduls positiv mit dem Lerntransfer. Auch Feedback über den Lernerfolg während der Weiterbildung sowie die Akzeptanz des Trainers korrelieren positiv mit dem Lerntransfer. Eine Follow-up-Maßnahme beeinflusst die Einschätzung auf die Transferierbarkeit nicht. In Bezug auf den Faktor Arbeitsumgebung konnte ein positiver Zusammenhang zwischen Lerntransfer und förderlichem Klima in der Arbeitsumgebung festgestellt werden.

Nun scheinen diese Ergebnisse für die Weiterbildung weitgehend bekannt. So findet sich die Notwendigkeit dieser Faktoren in Seminamen auch in vielen didaktischen Überlegungen. Jedoch beziehen sich diese zumeinst das Ziel des Erwerbs von bestimmten Inhalten. Die Fragestellung der vorliegenden Arbeit zielt jedoch auf den Lerntransfer. Sie zeigt somit, dass diese Faktoren auch die Einschätzung der Teilnehmenden in Bezug den Lerntransfer positiv begünstigen.
Regina Egetenmeyer (Duisburg/Essen)
Zur Zitierweise der Rezension:
Regina Egetenmeyer: Rezension von: Karg, Ulrike: Betriebliche Weiterbildung und Lerntransfer, Einflussfaktoren auf den Lerntransfer im organisationalen Kontext. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2006. In: EWR 5 (2006), Nr. 6 (Veröffentlicht am 28.11.2006), URL: http://klinkhardt.de/ewr/76393446.html