EWR 5 (2006), Nr. 3 (Mai/Juni 2006)

Henrik Westermann
Prinzip und Skepsis als Grundbegriffe der Pädagogik
Frankfurt: Peter Lang 2005
(250 S.; ISBN 3-631-54592-4; 45,50 EUR)
Prinzip und Skepsis als Grundbegriffe der Pädagogik Mit Blick auf die derzeitig vorherrschenden Themen und maßgeblichen Debatten der Erziehungswissenschaft dürfte es zutreffend sein, wenn man feststellt, dass Fragen zur Grundlegungsproblematik von Pädagogik momentan keine sonderlich große Rolle spielen. Und gleichwohl sind solche Fragen trotz ihrer gegenwärtigen Geringschätzung nicht als erledigt zu betrachten, sondern verlangen unter neuen Perspektiven und anders akzentuierten oder präziser formulierten Fragestellungen erneut in den Blick genommen zu werden – nicht um sie unbedingt zu lösen, sondern um ihre Konturen zu schärfen und sich der Bedingungen zu vergewissern, die diese Fragen überhaupt erst entstehen lassen. Zu solchen, derzeit eher selten diskutierten Fragen gehört auch das Problem der Rechtmäßigkeit pädagogischen Handelns, das sich bei näherer Betrachtung allerdings nicht bloß für die pädagogische Theorie als bedeutsam erweist, sondern ebenso die pädagogische Praxis angeht – etwa dann, wenn man als praktischer Pädagoge wissen möchte, was das pädagogische Handeln orientieren kann bzw. darüber nachdenkt, was pädagogisch legitim, sinnvoll, vernünftig geschehen sollte.
In diesen thematischen Zusammenhang stellt Henrik Westermann seine in Karlsruhe entstandene Dissertation „Prinzip und Skepsis als Grundbegriffe der Pädagogik“ und geht dabei, wie er im ersten Kapitel „Anlass – Problem – Verfahren“ (9-15) ausführt, von der These aus, „dass die Fixierung von Prinzipien und Postulaten für die Entfaltung einer pädagogischen Konzeption und Praxis unverzichtbar ist“ (11). Die Heteronomie pädagogischer Theoriekonzeptionen und praktischer Modelle stelle daher ein zentrales Problem des heutigen Lehrens und Lernens in der Schule dar, wobei der Autor vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung als Lehrer und Konrektor an Grund- und Hauptschulen argumentiert. Er verdeutlicht das Problem, dass heute offensichtlich nicht mehr von einem alle Beteiligten – Schüler, Lehrer, Eltern, Gesellschaft, Staat – verbindenden pädagogischen Aufgabenbewusstsein ausgegangen werden kann, mit dem exemplarischen Hinweis auf die Vereinbarung von gemeinsamen Leitvorstellungen und die Einführung von Bildungsstandards bei Schulentwicklungen. Diese zumeist konsensuell hergestellten Regeln ermöglichen zwar Umgangsweisen und steuernde begrifflich-kategoriale Leitvorstellungen, die wenigstens halbwegs Rechtschaffenheit im pädagogischen Geschäft versprechen, letzte Grundsätze für gültiges pädagogisches Tun können allerdings auch sie nicht herbeiführen. So bleibt das Problem, dass jeder pädagogische Vollzug, will er Anerkennung finden, sich um eine gute Begründung zu bemühen hat und dabei nolens volens auf bestimmte Prinzipien zurückgreift, gleichzeitig aber auch Skepsis gegenüber seinen eignen Wissensannahmen und -behauptungen walten lassen muss, um diese nicht zu einem sich selbst und andere täuschenden Zwang werden zu lassen.

Ab dem Jahr 1964, in dem der Autor die Pädagogische Hochschule Wuppertal verließ, traten neben die prinzipienwissenschaftliche Pädagogik Alfred Petzelts (1886-1967), die zu Studienzeiten als leitende pädagogische Theorie für die eigene Lehrertätigkeit auserkoren wurde, zunehmend auch die Pädagogik Theodor Ballauffs (1911-1995) und die skeptisch-transzendentalkritische Pädagogik Wolfgang Fischers (1928-1998). Diese drei mit der Berufsbiographie Westermanns in engem Zusammenhang stehenden pädagogischen Konzeptionen bilden den Rahmen für die in der Arbeit erörterte pädagogische Legitimationsproblematik.

Die prinzipienwissenschaftliche Pädagogik Petzelts und das antithetische Bildungskonzept Ballauffs erheben jeweils auf ihre Weise den Anspruch, Voraussetzungen und Prinzipien von Erziehung und Bildung in einen begründeten pädagogisch-systematischen Zusammenhang zu bringen. Mit der skeptisch-transzendentalkritischen Pädagogik Fischers wird den beiden pädagogischen Ansätzen eine Theorieform gegenübergestellt, der es um den Auf- und Nachweis von unreflektierten Geltungsmustern, scheinbaren Selbstverständlichkeiten und dogmatisch-metaphysischen Prämissen geht. Die Fragen, die Westermann im Rahmen der Untersuchung im Einzelnen verfolgt, lauten: Wie gelangen die beiden pädagogischen Entwürfe zu ihren Prinzipien, die bei Petzelt als Forderungen und bei Ballauff als Maßgaben an die pädagogische Praxis gerichtet werden, wie werden die Prinzipien in den Systematiken jeweils verankert, und welchen Raum nimmt Skepsis innerhalb der beiden Ansätze ein?

Zugrunde gelegt wird dabei die von Wolfgang Fischer in dem Aufsatz „Über den Mangel an Skepsis in der Pädagogik“ [1] getroffene, dreigeteilte Unterscheidung von Skepsis in alltägliche, positionelle und radikale Skepsis. Für den Problemzusammenhang der Arbeit weitgehend vernachlässigt wird die Variante der alltäglichen Skepsis, die dort vorliegt, wo auf einen konkreten Fall bezogen statt Leichtgläubigkeit eine gewisse Vorsicht bis hin zu Misstrauen festgestellt werden kann. Die wichtigere Variante positioneller Skepsis ist dort festzustellen, wo Ansprüchen auf Vollkommenheit oder Wahrheit die Zustimmung verweigert wird, weil andere Denk- oder Erfahrungsformen diesen entgegenstehen. Allerdings bleibt die eigene Überzeugungsbasis dabei unangetastet und wird keiner illusionsfreien Betrachtung ausgesetzt. Radikale Skepsis nimmt schließlich darüber hinaus alles das unter die Lupe, was bei den ersten beiden Skepsisvarianten unbeachtet bleibt. Sie prüft insbesondere die Beweis-, Wissens- und Forschungsunterlagen, die als Grundlage bestimmter Sätze oder Satzsysteme fungieren. Radikale Skepsis operiert nicht weisend, als ob sie definitiv wüsste, was richtig und was falsch ist, sie vermag aber Täuschungen zu enttäuschen und den absoluten Geltungsanspruch von Theorien durch den Hinweis auf gewisse Beschränkungen in der begrifflich-kategorialen, methodischen oder die Grundeinstellung betreffenden Geltung zu relativieren.

Mit der Erörterung des leitenden Problemzusammenhangs sowie der Herleitung und Explikation des theoretischen Rüstzeuges wird der Einstieg in die Analyse der drei pädagogischen Konzeptionen ermöglicht. Das zweite Kapitel „Der prinzipienwissenschaftliche Ansatz (Alfred Petzelt)“ (17-108) skizziert zuerst den Begriff, den logischen Ort, die Aufgabe sowie das Verfahren der prinzipienwissenschaftlichen Pädagogik (17-34), um zu klären, wie Prinzipien pädagogisches Handeln orientieren sollen und wie sie als gedankenlogisch notwendige Bestimmungsmomente Handeln begründen können. Mit der intensiven Darstellung und Diskussion der Struktur prinzipienwissenschaftlicher Pädagogik (35-103) wird hieran anschließend zum einen aufgezeigt, wie die Prinzipien innerhalb der pädagogischen Systematik Alfred Petzelts in einen logisch-gedanklichen Zusammenhang gebracht werden, zum anderen wird anhand der diskutierten Prinzipien geprüft, „ob prinzipienwissenschaftliche Pädagogik […] einen Ansatz für Skepsis immanent enthält“ (35).

Akribisch an den Originaltexten Petzelts orientiert arbeitet Westermann heraus, wie die prinzipienwissenschaftliche Pädagogik über transzendentalphilosophische Analysen zu zeitlos-allgemeingültigen Bestimmungen des Pädagogischen hervorzudringen versucht und die hierbei gewonnenen pädagogischen Prinzipien als handlungsleitende pädagogische Gesichtspunkte begründet. Dazu werden etwa das Prinzip der Aufgabe, das Prinzip der Frage oder auch das Prinzip des Fürwahrhaltens mit Blick auf die Logik des Prinzipiengefüges diskutiert. Gerade das Prinzip des Fürwahrhaltens (92-99) nimmt innerhalb der prinzipienwissenschaftlichen Pädagogik einen besonderen Stellenwert ein und ist zur Beantwortung der drei, die Untersuchung leitenden Fragen von Bedeutung, weil es Implikationen enthält, die den Rang des prinzipienwissenschaftlichen Ansatzes als Prinzipienpädagogik verdeutlichen und zugleich die Abgrenzung zur radikalen Skepsis innerhalb des Ansatzes deutlich machen.

Die im Lauf der Untersuchung zur prinzipienwissenschaftlichen Pädagogik durchaus in skeptischer Intention angeführten Rückfragen Westermanns beziehen sich zum einen auf die unausgesprochene Geltungsunterlage einer – von Petzelt so deklarierten – unerreichbaren, aber die pädagogische Praxis dennoch leitenden Wahrheit, nehmen zum anderen aber auch eine von Petzelt vorgenommene „religiöse Wende“ (99) in den Blick, bei der der Glaube zur conditio per quam für Erkenntnis erhoben wird. So wird in der Kritik Westermanns herausgearbeitet, dass die von der prinzipienwissenschaftlichen Pädagogik zugrunde gelegten Prinzipien für sie außerhalb jeder Diskussion stehen, und es wird auch „das [so genannte; T.F.] Prinzipienwissenschaftliche dieser systematischen Pädagogik deutlich. Ihr Prinzip ist Gott und diesem einen Prinzip stehen alle anderen pädagogischen Prinzipien gegenüber“ (89; Hervorhebung im Original). Damit besitzt die prinzipienwissenschaftliche Pädagogik zwar eine für pädagogisches Handeln orientierende Funktion im Sinne eines regulativen Prinzips, Skepsis kann in ihr allerdings nur als positionelle Skepsis stattfinden.

Im dritten Kapitel „Der antithetisch-skeptische Ansatz (Theodor Ballauff)“ (109-151) wird die Untersuchung des Zusammenhangs von Prinzip und Skepsis in den ausgewählten pädagogischen Konzeptionen weitergeführt. Prinzipien stellen bei Ballauff erste Bestimmungsmomente für eine Pädagogik dar. Diese liegen – anders als bei Petzelt – nie abgeschlossen vor, sondern sind als Ideen geschichtlich aufgekommen und unterliegen einem historischen Wandel. Skepsis stellt in Ballauffs Systematik ein durchgängiges Grundmoment dar und ist auch dort latent spürbar, wo nicht ausdrücklich von ihr die Rede ist [2]. Wenn Aussagen, Normen, Regeln und Ansprüche pädagogischer Theorie und Praxis von Ballauff analysiert und in Frage gestellt werden, so geht es dabei häufig um die Formulierung einer Antithese, die das Behauptete als auch anders denkbar ausweist und somit den reklamierten Wahrheitsanspruch relativiert. So etwa, wenn Ballauff das im pädagogischen Humanismus verankerte Bildungsverständnis einer Selbstverwirklichung des Menschen als primäre anthropozentrische Fundamentalideologie kritisiert und im Erinnern an andere, gleichsam „un-humanistische“ Denkweisen demonstriert, dass „Bildung als Ermöglichung der Menschlichkeit“ sich auch und vor allem dadurch auszeichnet, menschliche Selbstbezüge aufzuheben, um sich von diesen Bezügen losgelöst den Sachen, Wesen, Mitmenschen und ihren Verhältnissen zuzuwenden.

Im Vergleich zur vorangehenden Analyse des prinzipienwissenschaftlichen Ansatzes diskutiert Westermann die in der dritten Auflage von Ballauffs Systematischer Pädagogik (1970) vorgelegte Ordnung von 15 pädagogischen Maßgaben deutlich weniger kritisch. Diese werden zumeist mit einem Originalzitat Ballauffs eingeleitet, das zuerst von Westermann erläutert und anschließend in einen Zusammenhang mit anderen Maßgaben und ihren Beschreibungen gebracht wird. Hier richtet sich der Blick etwa auf Bildsamkeit, Sachlichkeit und Mitmenschlichkeit, wobei die letzten beiden Maßgaben in gewisser Weise die Grundstruktur von Ballauffs Bildungslehre ausmachen. Diese besteht in der Freigabe jedes einzelnen Menschen zur „Selbständigkeit im Denken“. Weder das Denken noch das Ansprechen eines Menschen auf Menschlichkeit hin können aber im geläufigen Sinne gelehrt werden bzw. stehen in der Verfügung von Eltern und Lehrern. Auf Menschlichkeit ansprechen und ins Denken einbeziehen kann man nur mittelbar.

Daher sind mit Ballauffs Pädagogik auch konzeptionelle Änderungen im Unterrichtsgeschehen verbunden, die in der „Skeptischen Didaktik“ (1970) als Kathegetik zum Thema gemacht werden. Das Erlernen von Skepsis wird darin zur Grundaufgabe des Unterrichts erhoben und mündet in das Ergebnis, dass es heute an der Zeit sei, das Lernen zu verlernen, um „Selbständigkeit im Denken“ zu ermöglichen. Die „Skeptische Didaktik“ im Rahmen des antithetischen Bildungskonzepts Theodor Ballauffs „stellt den Versuch dar, die Bildungsaufgabe ohne ein letztes transzendentales Ziel zu entwerfen“ (151). Prinzipielle Maßgaben und positionelle – tendenziell aber bereits radikale – Skepsis stehen bei Ballauff so in Beziehung zu der „Idee der Menschlichkeit“.

Im vierten Kapitel „Der skeptisch-transzendentalkritische Einsatz (Wolfgang Fischer)“ (153-202) wird nach den beiden vorangehenden pädagogischen Ansätzen der dezidiert skeptische Einsatz in der Pädagogik diskutiert, der von dem Petzelt-Schüler Wolfgang Fischer nach dessen Abwendung vom prinzipienwissenschaftlichen Ansatz seines akademischen Lehrers, etwa ab der Mitte der 1960er Jahre, entwickelt wurde. Insbesondere der Abschnitt „Skepsis als Kritik“ (177-188) beschäftigt sich mit den Gründen, die zur Abwendung und Abgrenzung sowie zur Neubestim-mung einer skeptisch-transzendentalkritischen Pädagogik durch Fischer geführt haben. Deutlich am Aufbau und Wortlaut einschlägiger Publikationen zur skeptisch-transzendentalkritischen Pädagogik orientiert skizziert Westermann Herkunft und Wege, das zentrale Anliegen sowie die besondere Methode der pädagogischen Skepsis. Fischer knüpft darin insofern an die Tradition des pädagogischen Neukantianismus an, als er die Frage nach der Bedingung der Möglichkeit von Erziehung, Bildung und Unterricht beibehält; die Erwartung an die Qualität der möglichen Antworten ändert sich jedoch. Nicht ein apriorisches Grundgerüst von pädagogischen Kategorien, also zeitlos-letztinstanzlich Begründetes, Ordnung stiftende und unbedingt für Erziehung, Bildung und Unterricht notwendige Prinzipien sollen entstehen, sondern die transzendentalkritische Methode wird von Fischer als ein Instrument der Analyse und Kritik verwendet, um immer wieder von Neuem bei vorfindbaren pädagogischen Theorien und Handlungsmaximen die Fundamente offen zu legen und ihre Brüchigkeit durch den Nachweis ihrer nur vermeintlichen Selbstverständlichkeit aufzuzeigen. Nach der Darstellung der Leistungen, aber auch der Grenzen radikaler Skepsis leitet die Untersuchung über zu einer Synthese der drei ausgewählten pädagogischen Konzeptionen und zum Entwurf einer Theorie pädagogischen Handelns, „die dem Gedanken der Skepsis und dem der Prinzipien zu entsprechen sucht“ (187).

Im fünften Kapitel „Pädagogische Prinzipien, positionelle Skepsis einerseits und radikale Skepsis andererseits“ (203-233) unternimmt Westermann nach einer kurzen Rekapitulation zentraler Überlegungen in fünf Schritten eine abschließende Beurteilung der Untersuchung. Den Kern seines Theorieentwurfes entwickelt er dabei in dem vierten der fünf Schritte unter der Überschrift „Prinzipien und positionelle Skepsis pädagogischer Lehren einerseits und radikale Skepsis andererseits können/sollen als Konstanten in pädagogischen Theoriebemühungen und (eingeschränkt) in pädagogischer Praxis zum Zuge kommen“ (228; Hervorhebung im Original). Darin wechselt der Autor von einem vormals rein deskriptiv-analytischen auf ein tendenziell normatives Niveau, indem er mit der Sollensforderung Erwartungen und Vorgaben an die pädagogische Theorie und Praxis formuliert. Eine Prinzip und Skepsis als Grundbegriffe der Pädagogik berücksichtigende pädagogische Praxis ermöglicht für Westermann so ein produktives pädagogisches Handeln, in dem derzeit für gültig befundene Prinzipien zur Anwendung kommen, die aber immer wieder „hinsichtlich des Grades ihrer Bedingtheit zu analysieren sind“ (232) und somit verhindern, dass Grundlegungsfragen sich dogmatisch verfestigen. Wie der im pädagogischen Bereich Handelnde allerdings zuvor im Einzelnen zu seinen prinzipiellen Handlungsausrichtungen kommt, wird nicht weiter konkretisiert.

Der Autor präsentiert von der Legitimationsproblematik pädagogischen Handelns ausgehend eine Untersuchung, die die Konzeptionen Petzelts, Ballauffs und Fischers zuerst einzeln in ihren jeweiligen systematischen Besonderheiten und Eigenlogiken diskutiert, um sie daran anschließend im Rückbezug auf das Ausgangsproblem zu einem Theorievorschlag zu synthetisieren. Hierbei wird die Eigenart der einzelnen Konzeptionen nicht getilgt, sondern für eine produktive pädagogische Praxis fruchtbar zu machen versucht. Die Darstellung und Diskussion der prinzipienwissenschaftlichen Pädagogik, des antithetischen Bildungskonzepts sowie der skeptisch-transzendentalkritischen Pädagogik ist dabei angesichts der hierauf bezogenen und nicht wenigen Primär- und Sekundärliteratur als durchaus gelungen anzusehen, weil sie eingängig den systematischen Kern der drei pädagogischen An- und Einsätze freilegt, ohne sich in Detailfragen zu verstricken und den Blick auf die Probleme der Begründung und Rechtfertigung pädagogischen Handelns zu verlieren. Bemerkenswert ist der gedankliche Reichtum der vielen Fußnoten, die oftmals die systematische Intention des Haupttextes erst deutlich werden lassen bzw. weiterführen. Die insgesamt starke Anlehnung an den Aufbau und den Wortlaut der von Petzelt, Ballauff und Fischer veröffentlichten Originaltexte gibt einen Eindruck davon, auf welche Weise und mit welchem Duktus die drei Protagonisten die Legitimationsprobleme pädagogischen Handelns thematisiert haben, verstellt zuweilen aber auch den Blick auf Möglichkeiten einer eigenständigen und weiterführenden Problematisierung des Themas.

Der im letzten Kapitel aufgeworfene Theorievorschlag macht dann in Ansätzen deutlich, wie pädagogische Theorie und Praxis von den leitenden Begriffen Prinzip und Skepsis profitieren können; oder anders formuliert, wie die quaestio facti und die quaestio iuris gerade im Bereich pädagogischer Praxis in ein wechselseitiges Verhältnis gebracht werden können. So demonstriert die Arbeit von Henrik Westermann, dass eine Auseinandersetzung mit der Grundlegungsproblematik pädagogischen Denkens und Handelns nach wie vor von zentraler Bedeutung ist, auch wenn sie unmittelbare Antworten oder Lösungen nicht oder noch nicht bereitstellt. Dieses Fazit mag als unbefriedigend oder auch inakzeptabel aufgefasst werden, ändert aber nichts am Resultat dieser lesenswerten Untersuchung.



[1] Fischer, Wolfgang (1993): Über den Mangel an Skepsis in der Pädagogik. In: Ders./Ruhloff, Jörg: Skepsis und Widerstreit. Neue Beiträge zur skeptisch-transzendentalkritischen Pädagogik. Sankt Augustin: Academia-Verlag Richarz, S. 11-28.
[2] Vgl. Poenitsch, Andreas (2003): Versionen von Skepsis bei Theodor Ballauff und Wolfgang Fischer. In: Meder, Norbert (Hrsg.): Zwischen Gleichgültigkeit und Gewissheit. Herkunft und Wege pädagogischer Skepsis. Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 81-93.
Thorsten Fuchs (GieĂźen)
Zur Zitierweise der Rezension:
Thorsten Fuchs: Rezension von: Westermann, Henrik: Prinzip und Skepsis als Grundbegriffe der Pädagogik. Frankfurt: Peter Lang 2005. In: EWR 5 (2006), Nr. 3 (Veröffentlicht am 30.05.2006), URL: http://klinkhardt.de/ewr/63154592.html