EWR 11 (2012), Nr. 6 (November/Dezember)

Peter Dehnbostel
Betriebliche Bildungsarbeit
Kompetenzbasierte Aus- und Weiterbildung im Betrieb
Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2010
(146 S.; ISBN 978-3-8340-0699-8; 13,00 EUR)
Betriebliche Bildungsarbeit In den letzten Jahrzehnten ist es in der betrieblichen Bildungsarbeit zu einem mehrfachen Wandel der favorisierten Lernorte und Lernformen gekommen; einführende Schriften zu dieser Thematik, die diese Entwicklungslinien nachzeichnen und kritisch-diskursiv erörtern und begründen, sind überraschenderweise allerdings selten. Das von Peter Dehnbostel vorgelegte Buch bildet hier eine löbliche Ausnahme. Es ist im Rahmen der Studientextreihe „Basiscurriculum Berufs- und Wirtschaftspädagogik“ erschienen und wendet sich daher „in erster Linie an Studierende und Referendare des Lehramts für berufliche Schulen, aber auch an Lehrerinnen und Lehrer in beruflichen Schulen oder mit berufsbezogenen Lehrinhalten, an das Bildungspersonal in Betrieben und in anderen Institutionen der Berufsbildung einschließlich der beruflichen Fort- und Weiterbildung“ (V). Ziel der Ausführungen ist, „in den [...] Themenbereich einzuführen, d.h. die grundlegenden Fragestellungen aufzuzeigen, den Erkenntnisstand im Überblick zugänglich zu machen und zu eigenständiger Auseinandersetzung mit der Thematik anzuregen“ (ebd). Dabei soll ein wissenschaftlicher Zugang ermöglicht, aber auch Orientierungswissen für die Praxis gegeben werden.

Band 9 der angesprochenen Reihe ist in sechs Kapitel gegliedert. Hinterlegt ist jeweils eine Art „Metastruktur“, die eine einführende Orientierung, intendierte Lernergebnisse, historische Hintergründe, präzise Begriffsbestimmungen und Übungsaufgaben vorsieht. Neben dieser Metastruktur machen eine anschauliche Visualisierung, systematisierende Gegenüberstellungen (etwa von Begriffen) und ein gutes Stichwortverzeichnis es leicht, sich in die Thematik einzuarbeiten. Wünschenswert wäre es allerdings gewesen, zumindest stichwortartig Musterlösungen zu den Aufgaben vorzusehen, da nur so Selbstüberprüfungen möglich werden.

In Kapitel 1 geht es im Rahmen einer Einführung zunächst um eine begriffliche Annäherung an die betriebliche Bildungsarbeit. Dabei wird mit wenigen Sätzen auf die Diskussionen um das Berufskonzept eingegangen. Die Ausführungen hier sind kurz und prägnant, setzen damit allerdings auch einige Vorkenntnisse (beispielsweise im Hinblick auf die Strukturmodelle der Berufe) voraus.

In Kapitel 2 steht der Wandel der Arbeit und der betrieblichen Bildungsarbeit im Mittelpunkt der Erörterungen. Schön herausgearbeitet werden Entwicklungslinien der betrieblichen Bildungsarbeit (Zentralisierung der Aus- und Weiterbildung; Renaissance des Lernens in der Arbeit) und ihre Ursachen sowie die zentralen Begrifflichkeiten in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (Kompetenz, berufliche Kompetenz, Kompetenzentwicklung, berufliche Handlungskompetenz und reflexive Handlungsfähigkeit). Abgerundet wird dieses Kapitel durch ein Framing der Thematik. Peter Dehnbostel betrachtet die betriebliche Bildungsarbeit als ein Handlungsfeld des breiter aufgestellten betrieblichen Bildungsmanagements, das nicht vertiefend erörtert wird. Darin kann eine Stärke, aber auch eine Schwäche der vorgelegten Schrift gesehen werden. Einerseits fokussieren sich die Ausführungen auf die Gestaltungsaspekte betrieblicher Bildungsarbeit und liefern diesbezüglich umfassendes und differenziertes Handlungswissen, andererseits blenden sie Planungs-, Steuerungs-und Bewertungsaspekte als zentrale Handlungsfelder der betrieblichen Praxis in der Aus- und Weiterbildung aus. Zumindest für die Zielgruppe des Bildungspersonals in Betrieben kann diese Fokussierung, die sicher der Zielsetzung einer knappen Einführung ebenso wie den Vorgaben des Basiscurriculums geschuldet ist, den Wert der Schrift etwas schmälern. Wenn man falsche Erwartungen vermeiden will, sollte auf diese Beschränkung der Schrift deutlich hingewiesen werden.

Kapitel 3 erörtert Theorien und Konzepte zum Lernen in Unternehmen. Dabei werden fünf Modelle arbeitsbezogenen Lernens herausgearbeitet und unterschieden; zugeordnet werden verschiedene typische Lernformen und -konzepte, jeweils mit knappen Erläuterungen, die teilweise Vorwissen voraussetzen oder weitere Literaturstudien erforderlich machen. Auch hier zeigt sich, dass sich die Schrift vor allem an Studierende richtet, die bereits über ein gewisses Basiswissen in der Didaktik verfügen. Der Schwerpunkt der Ausführungen in Kapitel 3 betrifft die Unterscheidung von Lernarten (formelles vs. informelles Lernen) sowie von zentralen Konzepten beruflich-betrieblichen Lernens (situiertes, reflexives, selbstgesteuertes, arbeitsprozessorientiertes Lernen). Die Erörterungen werden jeweils durch eingängige Praxisbeispiele auch für Studierende sehr gut verständlich und nachvollziehbar gemacht.

Das 4. Kapitel befasst sich zunächst mit den betrieblichen Lernorten. Der Autor thematisiert dabei anfangs die Pluralisierung von Lernorten im Betrieb, geht dann jedoch – etwas verkürzt – im Wesentlichen lediglich auf den Lernort Arbeitsplatz vertiefend ein und erörtert hier Vor- und Nachteile des Lernens. an diesem Lernort. Verbunden werden diese Erörterungen mit Ausführungen zur Lernorttheorie und -kooperation in Aus- und Weiterbildungsverbünden bzw. -netzwerken. In einem zweiten Schritt erörtert Dehnbostel betriebliche Lernformen und -situationen (insbes. Lerninseln, Lernaufgaben sowie informelles Lernen). Auch hier gelingt es ihm, dem Leser klare begriffliche Orientierungen zu geben.

In Kapitel 5 geht es um die Frage, wie man Arbeit lern- und kompetenzförderlich gestalten kann. Dabei werden entsprechende Gestaltungskriterien sowie der Stellenwert von Begleitung und Beratung herausgearbeitet. Abgerundet werden die Ausführungen mit Verfahren zur Analyse und Bewertung arbeitsbezogener Kompetenzen. Die Ausführungen können angesichts des intendierten Umfangs des Werkes die Probleme von Kompetenzanalysen zwar nur anreißen, allerdings wird dem Leser mit dem Praxisansatz des „Kompetenzreflektors“ ein instruktiver praxisnaher Einstieg ermöglicht, der auch für die Zielgruppe der Bildungspraktiker von Interesse sein dürfte.

Das letzte Kapitel 6 weitet den analytischen Blick auf die aktuellen Diskussionslinien im Kontext von EQR, DQR, (D)ECVET usw. aus. Erörtert wird hierbei, welche Konsequenzen davon für die betriebliche Bildungsarbeit zu erwarten sind.

Beurteilt man die von Peter Dehnbostel vorgelegte Schrift auf der Folie der in der Einleitung formulierten selbst gesetzten Ziele, so lässt sich festhalten, dass es sich hierbei um eine vorzügliche Einführung in Theorien und Begriffe zu den Themengebieten Lernen, Lernorte und Lernformen in Unternehmen handelt. Dabei gelingt es dem Autor zugleich, den aktuellen Erkenntnisstand zugänglich zu machen. Dazu trägt vor allem sein Geschick bei, empirische Befunde aus der Bildungsforschung in seine Erörterungen zu integrieren, womit er einen wesentlichen Beitrag für eine theoriegeleitete Praxis leistet. Die Schrift sei insbesondere Studierenden mit einigen didaktisch-methodischen Vorkenntnissen, die an der einen oder anderen Stelle des Werkes (notwendigerweise) vorausgesetzt werden, empfohlen. Ob mit dieser Schrift allerdings zugleich auch die im Vorwort angesprochene Zielgruppe der Praktiker erreicht werden kann, bleibt abzuwarten. Der primäre Fokus ist – wie in der Einleitung auch formuliert – eher auf die Wissensdimension bei der Didaktik betrieblichen Lernens gerichtet. Prozedurale Aspekte, insbesondere Planungs-, Steuerungs- und Bewertungsaspekte eines breiter aufgestellten Bildungsmanagements, werden dagegen nur angerissen. Diese thematische Beschränkung ist allerdings – wenn überhaupt – weniger der Schrift als vielmehr dem Basiscurriculum anzulasten, das – leider – eine breitere Einführung in das betriebliche Bildungsmanagement zumindest nicht explizit anspricht, obwohl dieser Bereich – zumindest für viele Absolventen der Wirtschaftspädagogik – ein wichtiges Handlungsfeld in der Praxis darstellt.
Jörg Stender (Nürnberg)
Zur Zitierweise der Rezension:
Jörg Stender: Rezension von: Dehnbostel, Peter: Betriebliche Bildungsarbeit, Kompetenzbasierte Aus- und Weiterbildung im Betrieb. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2010. In: EWR 11 (2012), Nr. 6 (Veröffentlicht am 28.11.2012), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978383400699.html