EWR 6 (2007), Nr. 3 (Mai/Juni 2007)

Bernd Feige
Der Sachunterricht und seine Konzeptionen
Historische, aktuelle und internationale Entwicklungen
(2. ĂĽberarbeitete Auflage)
Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2007
(192 S.; ISBN 978-3-7815-1527-7; 17,00 EUR)
Der Sachunterricht und seine Konzeptionen Sachunterricht ist ein junges Schulfach, das erst seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts auf den Stundenplänen der Grundschulen steht. Auf Empfehlung der Kultusministerkonferenz im Jahr 1970 sollte der gesamtunterrichtliche Heimatkundeunterricht durch einen wissenschaftsorientierten Sachunterricht abgelöst werden. Als Gründe hierfür wurden sowohl die umfassenden gesellschaftlichen Veränderungen als auch neue psychologische Sichtweisen benannt (z.B. Abkehr von der Reifetheorie). Eine der damaligen bildungspolitischen Maßgaben war entwicklungsweisend für das Fach Sachunterricht: Nach dem so genannten Sputnik-Schock, der durch eine sowjetische Weltraumsonde, die im Jahr 1957 erfolgreich ins All gesendet wurde, ausgelöst wurde, sollten bereits Kinder im Grundschulalter verstärkt wissenschaftlich-technische Bildung vermittelt bekommen. Umfangreiche Förderprogramme wurden in dieser Zeit entwickelt und in Folge kam es auch zu unterschiedlichen Konzeptionen für die neue Fachdidaktik Sachunterricht.

An dieser gedanklichen Schnittstelle setzt Bernd Feige mit seiner Publikation an. Zentrale Konzeptionen, die seit der Etablierung des Faches, in einem Zeitraum von mittlerweile knapp vier Jahrzehnten, entstanden sind, stellt er nachvollziehbar vor. Dabei knüpft er im zweiten Kapitel seiner Schrift, die er im Rahmen seines Habilitationsverfahrens verfasste, zunächst knapp und übersichtlich an die Geschichte des Faches an („Geschichte des Sachunterrichts – Klärung der historischen Voraussetzungen“). Während die konzeptionelle Entwicklung bislang nur vereinzelt dargestellt wurde, findet sich der historische Abriss über die Entstehung des Faches häufiger. Daher ist es folgerichtig, dass Feige in seiner historischen Übersicht nur die wichtigsten Stellen noch einmal markiert.

Im Hauptteil des Buches skizziert der Autor verschiedene Konzeptionen, die seit Begründung des Faches Sachunterricht entstanden sind. Für die vorliegende 2. Auflage seiner Schrift wurde die Auswahl von zuvor neun Konzeptionen um eine weitere („Science 5/13“) ergänzt. Die Auswahl der Konzeptionen begründet er mit ihrer heutigen Bedeutsamkeit, d.h. ob sie „auch im heutigen Diskurs (noch) eine bedeutete Rolle“ spielen. Weiter belegt wird dies jedoch nicht. Bei seiner vergleichenden Ausführung verwendet Feige ein Schema, das auf vier Grundkategorien fußt: 1. Wissenschaftsverständnis, 2. anthropologisch-entwicklungspsychologische Voraussetzungen, 3. gesellschaftlicher Kontext und pädagogisch-curriculare Aspekte und 4. grundlegende Bildung. Die vier Kategorien werden für jede Konzeption ausgeführt. Diese Darstellung systematisiert einerseits die unterschiedlichen fachdidaktischen Zugänge und erleichtert es andererseits aber auch den Lesenden, eigene Vergleiche der Konzeptionen vorzunehmen.

In seiner präzise formulierten Darstellung verbleibt Bernd Feige nicht auf einer rein additiven Ebene, vielmehr verbindet er die unterschiedlichen Konzeptionen in einem weiteren Schritt, indem er im nachfolgenden Kapitel, dem vierten, eine „vergleichende Zusammenfassung“ präsentiert. Leserfreundlich leitet der Autor auch dieses Kapitel mit einem synoptischen Überblick ein, in dem noch einmal die jeweiligen Hauptvertreter, der Entstehungszusammenhang, die Ziele und Prinzipien, die Inhalte, Verfahren und Methoden zusammengefasst werden.

Das fünfte Kapitel weist gedanklich einen Schritt nach vorn, denn es beleuchtet das Fach Sachunterricht im „internationalen Vergleich“, d.h. mit Lernbereichen, die im Ausland dem Fach Sachunterricht entsprechen. Der Blick über die Landesgrenzen wurde bislang nur vereinzelt in wenigen Aufsätzen aufgezeigt. Exemplarisch an sieben Ländern erläutert Bernd Feige, dass es grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze gibt: Er unterscheidet zwischen Ländern „mit einem naturwissenschaftlichen Sachunterricht“ (Dänemark, USA, Indonesien) und Länder mit einem „integrativen Sachunterricht“ (Norwegen, Schweiz, Niederlande, Japan). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in keinem Land außer in Deutschland die didaktische Kategorie „Heimat“ bedeutsam ist. In manchen Bundesländern wird Heimat noch als eigener Bildungswert definiert, beispielsweise in Bayern: Hier soll „eine Liebe“ zur „bayerischen Heimat“ allen Kindern im Unterricht vermittelt werden. „Ökologische und ethische Grundzüge“ sind dagegen in allen vorgestellten internationalen Konzeptionen vorzufinden. Den Abschluss des Kapitels bildet wiederum eine vergleichende Zusammenfassung in Form einer Synopse, hier über die Ansätze zum Sachunterricht auf internationaler Ebene.

Eine systematische analysierende Darstellung der konzeptionellen Entwicklung des Sachunterrichts war längst überfällig. Vor allem, da zurzeit vermehrt Diskussionen über die Weiterentwicklung des Faches geführt werden. Bezeichnenderweise sind diese ebenfalls durch veränderte Sichtweisen geprägt, beispielsweise durch veränderte kognitionstheoretische Annahmen wie den Bezug auf das bereichsspezifische Wissen. Der nachvollziehbare analysierende Überblick über die Konzeptionen der letzten vierzig Jahre ist daher vor allem auch für Studierende empfehlenswert, da durch diesen konzeptionellen Blick eine fundierte Einführung in die Fachdidaktik erzielt werden kann.
Eva Gläser (Braunschweig/Heidelberg)
Zur Zitierweise der Rezension:
Eva Gläser: Rezension von: Feige, Bernd: Der Sachunterricht und seine Konzeptionen, Historische, aktuelle und internationale Entwicklungen (2. ĂĽberarbeitete Auflage). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt 2007. In: EWR 6 (2007), Nr. 3 (Veröffentlicht am 12.06.2007), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978378151527.html