EWR 12 (2013), Nr. 3 (Mai/Juni)

Adele E. Clarke
Situationsanalyse
Grounded Theory nach dem Postmodern Turn.
Herausgegeben und mit einem Vorwort von Reiner Keller.
Reihe Interdisziplinäre Diskursforschung
Wiesbaden: Springer VS 2012
(304 S.; ISBN 978-3-531-17184-5; 34,95 EUR)
Situationsanalyse Die Methodologie der Grounded Theory, zu den etablierten Forschungsverfahren qualitativer Empirie in der Erziehungswissenschaft zählend, hat sich in den letzten Jahren in verschiedene Richtungen differenziert. Hierzu ist von mir in der EWR eine Sammelrezension erschienen [1], die auch eine Besprechung des theoretisch am weitesten entwickelten und begründeten Ansatzes von Adele Clarke im englischen Original enthält. Nun liegt die deutsche Übersetzung vor, nachdem das Original erstmals 2005 veröffentlicht und 2008 nachgedruckt wurde. In Ergänzung der Besprechung von 2011 soll an dieser Stelle kurz die Übersetzung im Lichte der Erfordernisse gehaltvollen empirischen Arbeitens in den Blick genommen werden.

Das Erscheinen einer deutschen Ausgabe ist begrüßenswert; dennoch hat die Übertragung gewisse Mängel. Die auffälligste Abweichung der vorliegenden Übersetzung gegenüber dem Original ist das Fehlen eines Kapitels, „aus Gründen eingeschränkter Ressourcen“ (13), wie der Herausgeber angibt. Es handelt sich dabei um das Mapping visueller Diskurse – im Original enthält das Kapitel 56 Seiten. Gerade angesichts des Interesses, das beispielsweise die Fotoanalyse in der Erziehungswissenschaft findet, ist der Wegfall dieses Kapitels zu bedauern. Es soll, wie hier angekündigt, in einer späteren Publikation des Herausgebers erscheinen.

Des Weiteren fehlt ein Namens- und Schlagwortverzeichnis, das im Original immerhin 20 doppelspaltige Seiten umfasst. Ein solches Register würde nachhaltig die Arbeit mit dem facettenreichen, theoretisch und methodologisch anspruchsvollen Werk unterstützen. Ein wesentlicher Bestandteil des Buches sind überdies seine zahlreichen grafischen Darstellungen, besonders die Maps. Diesbezüglich finden sich viele Ungenauigkeiten gegenüber dem Original, wie schon ein stichprobenartiger Blick offenbart, z.B. anhand des wichtigen Kapitels 3 „Wie man Situationsmaps erstellt und Situationsanalysen durchführt“ (121-182). Das grundsätzliche Verständnis wird dadurch glücklicherweise in der Regel nicht infrage gestellt. Inakzeptabel bleiben solche Abweichungen aber allemal. Angesichts dieser Mängel kann die Übersetzung insgesamt nicht als gelungenen bezeichnet werden. Wer es gewohnt ist, mit englischsprachigen Texten zu arbeiten, sollte auf jeden Fall zum Original greifen.

[1] Vgl. die Sammelrezension zu Grounded Theory: EWR 10 (2011), Nr. 1 (Veröffentlicht am 16.02.2011), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978159874193.html, an die die vorliegende Kurzbesprechung anschließt.
Christian Beck (Wörrstadt)
Zur Zitierweise der Rezension:
Christian Beck: Rezension von: Clarke, Adele E.: Situationsanalyse, Grounded Theory nach dem Postmodern Turn Herausgegeben und mit einem Vorwort von Reiner Keller Reihe Interdisziplinäre Diskursforschung. Wiesbaden: Springer VS 2012. In: EWR 12 (2013), Nr. 3 (Veröffentlicht am 28.05.2013), URL: http://klinkhardt.de/ewr/978353117184.html